Rövershagen. 14 Eiskünstler wollen in diesem Jahr die Besucher der “Eiszeit“ im Erbeerhof in Rövershagen wieder mit ihren Skulpturen verzaubern. Mit insgesamt 1500 Eisblöcken hat sich die internationale Künstlergruppe diesmal dem Thema “Alice im Wunderland“ gewidmet.
Mit weit aufgerissenem Maul blickt der Drache aus glutroten Augen in die Halle hinab. Die Zunge schlängelt sich zwischen spitzen, strahlend weißen Reißzähnen hindurch, der lange Schwanz ist bedrohlich in die Höhe gerichtet. Unerschrocken tritt Sergey Tselebrovskiy dem vier Meter großen Ungetüm entgegen. Seine "Ritterrüstung" besteht aus Wollmütze, gefütterter Jacke und dicken Handschuhen. "Bewaffnet" ist er nur mit einem kleinen Eisschaber.
Mit dem rückt er den Zähnen des Drachens zu Leibe und lässt vorsichtig Schicht für Schicht in weißen Flocken auf den Boden rieseln. Solange bis alles perfekt ist und sein aus Eis geformtes Ungeheuer bereit ist, die Besucher der zehnten "Eiszeit" im Erdbeerhof Rövershagen zu empfangen.
Seit Ende November arbeiten 14 Eiskünstler aus zehn Ländern täglich bis zu neun Stunden in der zum Erdbeerhof gehörenden Kühlhalle, um ein Wunderland aus glitzerndem Eis zu schaffen. Aus mehr als 1.500 Blöcken gefrorenen Wassers schnitzen, sägen und schaben sie eine Welt, die seit mehr als 60 Jahren Kinder und Erwachsene in ihren Bann zieht.
Die Geschichte von Alice im Wunderland
"Die Geschichte der Alice im Wunderland kennt wirklich jeder und ihre surrealen und manchmal etwas überzogenen Charaktere bieten den Künstlern alle Möglichkeiten, ihre Kreativität voll auszuleben", sagt die Projektleiterin der Eiszeit, Jana Fuhrmann. Sergey Tselebrovskiy kreiert zusammen mit seinem Namensvetter Sergey Zaplatin das Motiv des Schachbrettes, welches Lewis Carroll, der Autor von "Alice im Wunderland", für den Folgeroman "Alice hinter den Spiegeln" entwarf.
"Es ist toll, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen", sagt Sergey Tselebrovskiy. Der gelernte Bildhauer konnte vor sechs Jahren in Alaska sogar den Weltmeistertitel im "Ice carfing", im Formen von Eisskulpturen, ergattern.
Schillernde Vergänglichkeit
Begonnen hat der 52-Jährige mit dieser Kunst 1994. "Damals wurde in meiner Heimatstadt in Sibirien jedes Jahr ein Winterdorf aus Eis und Schnee errichtet", erinnert sich Sergey. Seitdem habe ihn die Leidenschaft nicht mehr losgelassen. Und die Kälte, meint er, die spüre man irgendwann gar nicht mehr. "Fühlt sich fast an wie zu Hause", meint der Russe lachend.
Gleich neben dem Schachbrett entsteht unter den Händen des Künstlerteams aus Malaysia und Litauen die Teeparty des verrückten Hutmachers. Aber auch Alice im Tränensee oder im Spiegellabyrinth werden die Besucher in schillernder Vergänglichkeit erleben können.
Seit sechs Jahren dabei
"Im letzten Jahr kamen etwa 120.000 Menschen in die Eiszeit, darunter wie jedes Jahr auch viele Stammgäste", sagt Jana Fuhrmann. Aber nicht nur die Besucher, auch die Künstler kommen immer wieder gerne nach Rövershagen.
Irina Tavlewskaja ist in diesem Jahr schon zum sechsten Mal dabei. Zusammen mit ihrem Ehemann verwandelt sie die rund 130 Kilogramm schweren Eisblöcke zu einer geschrumpften Alice und Absolem, die Wasserpfeife rauchende Raupe.
Irinas eigentlich weiße Arbeitsjacke ist inzwischen rot gefärbt, denn erstmals gibt es bei der Eiszeit auch farbiges Eis. Die Bulgarin hofft, mit ihren Figuren ihre Faszination für das wandelbare Eis auch auf die Gäste der Ausstellung übertragen zu können. "Eis hat etwas magisches. Es glitzert wie Diamanten und trägt eine Art Licht in sich, das von innen heraus strahlt", meint Irina.
Größte Eisskulpturen-Ausstellung Europas
Ab Freitag (21. Dezember) öffnet die Ausstellung für Besucher seine Türen. Bis zum 3. März 2013 wird man dann ins Wunderland eintauchen können. Es wird das letzte Mal sein, dass die Eiszeit in dieser Kühlhalle zu sehen sein wird. Nach Ausstellungsende wird die Halle abgerissen, wie der künstlerische Leiter der Eiszeit Othmar Schiffer-Belz ankündigt. Ab Juni soll eine neue Halle gebaut werden, mehr als doppelt so groß wie die jetzige. "Dann wird die Eiszeit nicht nur die größte Eisskulpturen-Ausstellung Deutschlands sein, sondern die größte in ganz Europa", verspricht Belz. (dapd)