Vermont. Der Lake Champlain gilt als einer der geschichtsträchtigsten Seen Amerikas: An seinen Ufern bekriegten sich Indianer, dann prallten Holländer, Franzosen und Briten aufeinander, während sich später England und die USA feindlich gegenüberstanden. Heute sind See und Umgebung beliebte Ausflugsziele.

In Anlehnung an ein Zitat des Malers Maxfield Parrish, der in New Hampshire lebte, damit er einen besseren Blick auf Vermont hatte, nehme ich mir ein Zimmer im Basin Harbor Club in Vermont und genieße den Ausblick auf New York. Nicht auf den Big Apple, sondern auf die Silhouette der Adirondack Mountains, deren Gipfel aus New York State herüber leuchten.

Ich sitze am Wasser und genieße die Farben des Indian Summer, der die Berghänge rot und gelb überzieht und sich im Lake Champlain spiegelt, der als einer der geschichtsträchtigsten Seen Amerikas gilt. An seinen Ufern bekriegten sich Indianer, dann prallten Holländer, Franzosen und Briten aufeinander, während sich später England und die USA hier feindlich gegenüber standen. Zankapfel war immer jener uralte, im 19. Jahrhundert ausgebaute Wasser- und Handelsweg, der Sankt Lorenz-Strom, der Montreal in Nord-Süd-Richtung mit New York verbindet.

Werft und als Ankerplatz für die US-Marine

Besonders nachvollziehbar ist diese für Amerika recht alte Geschichte im Hafen von Basin Harbor, dessen Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Er diente frühen Siedlern als Werft und als Ankerplatz für die US-Marine, die hier auf dem See gegründet wurde. Später entwickelte er sich aber zu einem für die Region so typischen Ferienresort, in dem reiche New Yorker im 19. Jahrhundert ihre Sommerferien verbrachten. Heute ist das Hotel ein Wassersportzentrum – und einer der schönsten Plätze am Lake Champlain.

Besonders im Herbst ist Burlington, die größte Stadt Vermonts, ein schöner Ausgangspunkt für Abstecher entlang des Sees, beispielsweise in die winzige Hauptstadt Montpelier. Aber auch in die Green Mountains, in denen sich der goldene Herbst von seiner schönsten Seite zeigt. Nördlich der Stadt locken einige der schönsten Segelreviere Neuenglands: die Inseln Grand Isle und Isle la Motte. Auch hier waren es Franzosen, die die Region als Erste erkundeten. Dem berühmten Entdecker Samuel de Champlain, der 1609 die Isle la Motte betrat, folgte 1666 die Gründung des Forts St. Anne. Wo Champlain damals landete, steht heute das Wallfahrtszentrum von St. Anne, dessen Lage sich als Ausgangspunkt für Inselerkundungen empfiehlt.

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Die historische Wasserstraße beginnt an der Grenze zu Québec, wo der Lake Champlain in den Rivière Richelieu übergeht. Er ist das nördliche Verbindungsstück dieses uralten Handelswegs, an dem die kolonialen Machtkämpfe zwischen England und Frankreich hin und her wogten. Zeichen dieser turbulenten Vergangenheit sind Fort Lennox von 1759 oder das Fort Chambly von 1709.

La Nouvelle France mitten in Amerika

Nördlich von Fort Chambly geht es dann durch eine Landschaft, die auch irgendwo in Nordfrankreich liegen könnte: kleine Bauerndörfer, Kirchturmspitzen, Kühe auf grünen Weiden. La Nouvelle France mit all den sympathischen Eigenheiten, an denen die französischsprachigen Québécois festhalten, um sich sprachlich wie kulturell gegen 300 Millionen englischsprachige Nordamerikaner zu behaupten. Dies zeigt sich an der französischen Lebensart, an Wein und Käse, an Boulangerien und Boucherien, in denen die Pasteten herrlich schmecken.

Am Endpunkt des Wasserwegs, in Sorel, wo der Richelieu in den St. Lorenz-Strom mündet, blickt man von einem Hügel aus auf den breiten Meeresarm, auf dem Ozeanriesen vorbei gleiten, aber auch hinab auf den Beginn jenes natürlichen Korridors, der für die Entstehung der USA und Kanadas von großer Bedeutung war. Im Indian Summer sieht man auf ihm viele Segelboote, die flussaufwärts zum Lake Champlain, weiter nach New York und über den Intercoastal Waterway nach Florida tuckern. Auch eine spannende Art, diesen geschichtsträchtigen Wasserweg zu nutzen.