New York.. Auf dem Fahrrad durch New York erscheint vielen erstmal als absurde Idee. Doch in der Metropole hat sich viel getan: Ende Juli bekommt New York ein öffentliches Verleihsystem, von dem auch Touristen profitieren sollen. Immerhin warten schon jetzt über 600 Kilometer Fahrradwege auf die Erkundung.

Mit dem ersten Radweg in einer US-Metropole war New York schon 1894 Vorreiter - jetzt will Bürgermeister Michael Bloomberg die Stadt noch attraktiver für Radfahrer machen: Ende Juli bekommt New York ein öffentliches Verleihsystem mit 10.000 Fahrrädern - das größte der USA und eines der größten weltweit. Davon sollen auch Touristen profitieren.

Vorbei sind die Zeiten, als sich nur tollkühne Fahrradkuriere auf Broadway und Fifth Avenue wagten. Heute fahren dort auf Radwegen Banker im Anzug neben Freizeitradlern und Pizza-Lieferanten. An schönen Tagen gibt es rund um die Bürotürme Manhattans kaum ein Straßenschild, an dem kein Drahtesel angeschlossen ist.

Flexible Leih-Bedingungen

Manche Hotels bieten ihren Gästen bereits kostenlose Fahrradnutzung an. Und zu den Flugblattverteilern für Busrundfahrten haben sich dutzende Werbeschildträger gesellt: "Leihräder ab fünf Dollar". Als sein Laden im Juni 2011 aufmachte, seien zuerst fast nur Touristen gekommen, sagt Tadhg Kearney, Geschäftsführer eines privaten Fahrradverleihs in Manhattan. Doch inzwischen zählten auch viele New Yorker zu seinen Kunden. Die meisten suchten ein Transportmittel für schnelle Besorgungen, erläutert Kearney: "Da ist ein Leihfahrrad viel billiger als ein Taxi."

Dass Radfahren in New York in Mode gekommen ist, schreiben Lobbyisten maßgeblich der Stadtregierung zu. Erstmals seit den 20er Jahren habe sie den Trend gebremst, dem Autoverkehr immer mehr öffentlichen Raum zu opfern, sagt Ed Ravin, Präsident des Five Borough Bicycle Club. "Projekte wie verkehrsberuhigte Zonen am Broadway und ein neues Radwegenetz haben die Stadt wieder für Radler erschlossen." Rund 500.000 New Yorker fahren heute regelmäßig Rad - die Hälfte davon täglich, heißt es beim städtischen Verkehrsamt.

Fahrradfahren als ernsthafte Alternative zu Taxi und U-Bahn

Das neue Verleihsystem soll nun zur ernsthaften Alternative im öffentlichen Nahverkehr werden. 95 US-Dollar (rund 76 Euro), ungefähr soviel wie ein Monatsticket für die U-Bahn, kostet ein Jahresbeitrag. Dafür kann jeder New Yorker ab 16 Jahren jederzeit ein Systemfahrrad an einer von zunächst rund 420 Stationen nutzen. Bis Frühjahr 2013 sollen es 600 werden - weiterer Ausbau nicht ausgeschlossen. Für die Auswahl der Standorte hat die Stadt über 70.000 Vorschläge von Bürgern und Organisationen ausgewertet.

Europäische Großstädte als Vorbilder

Touristen und Gelegenheitsnutzer können für 9,95 Dollar ein Tages- oder für 25 Dollar ein Wochenticket kaufen. Wie bei den europäischen Vorbildern, etwa dem Vélib-System in Paris, bleibt jede Einzelfahrt eine halbe Stunde ohne weitere Gebühren. Wer länger unterwegs sein will, tauscht das Rad an der nächsten Station gegen ein neues - und fährt gebührenfrei weiter. Eine App fürs Handy gibt es gratis dazu: SpotCycle zeigt an, wo sich die nächsten Verleihstationen befinden und wie viele Räder dort stehen.

Finanziell soll sich das Projekt durch Nutzergebühren und Sponsoren selbst tragen; einen möglichen Gewinn wollen sich Stadt und Betreiber teilen. Zwei von drei New Yorkern begrüßen laut einer Umfrage das neue Verleihsystem. "Welche Familie hat hier schon Platz für drei eigene Fahrräder?", schrieb die Bloggerin Heather Chaet.

Sicherheitsfrage spaltet die New Yorker

Doch das Thema Radfahren bleibt umstritten. Ein Grund ist die Sicherheitsfrage. Zwar geht die Zahl der Toten bei Unfällen zwischen Fahrrädern und Autos seit einigen Jahren zurück, doch 2011 kamen immer noch 21 Radler in der Stadt ums Leben. Und etwa 1000 Fußgänger müssen einer Studie zufolge jedes Jahr nach Zusammenstößen mit Radfahrern ins Krankenhaus. "Wir müssen alle lernen, aufeinander acht zu geben", mahnt Bloombergs Verkehrsbeauftragte Janette Sadik-Khan: "Den Kampf zwischen Fußgängern, Radlern und Autofahrern auf unseren Straßen zu beenden, bleibt die größte Herausforderung." (AFP)