Neuharlingersiel. Während der kalten Wintermonate werden die Strandkörbe des ostfriesischen Nordseeheilbades Neuharlingersiel eingelagert. Im März beginnt die Saison an der Nordseeküste, nun ist ein Frühjahrsputz der besonderen Art angesagt.

Ein Traktor mit einem zwölf Meter langen Anhänger zieht die Blicke der wenigen Touristen im ostfriesischen Nordseeheilbad Neuharlingersiel auf sich. Mehrmals am Tag rollt das seltsame Gefährt Richtung Strand. Gegenstand des Interesses ist die Ladung: Jeder Transport besteht aus 22 Strandkörben. Die Fracht leuchtet in den Farben blau, gelb und grün. Nur rot fehlt. "Die bleichen zu schnell aus", sagt der Bauhofleiter des Kurvereins Neuharlingersiel, Enno König, am Mittwoch der Nachrichtenagentur

Die Küstenregion rüstet sich für den kommenden Besucheransturm. Mit Beginn der Osterferien in vielen Bundesländern startet Ende März auch die Tourismussaison. Allein in Neuharlingersiel sind zwölf Bauhofmitarbeiter damit beschäftigt, etwa 500 Strandkörbe an den Strand zu transportieren.

Winterschlaf für Freiluft-Möbel

"Erst müssen sie aber komplett sauber gemacht werden", sagt der 52-jährige König. Im November wurden die Freiluft-Sitzmöbel in der Scheune eines Bauernhofes am Ortsrand eingelagert. Dicht gedrängt auf zwei Etagen hielten sie Winterschlaf. Seit Mittwoch wird das Winterlager geräumt. Frühjahrsputz ist angesagt.

Die Strandkörbe werden mit Dampfstrahler und Handwaschbürste von Sand, Salzwasser und Sonnenöl befreit. Beschädigte Exemplare müssen zuvor noch in die betriebseigene Werkstatt. "Im Leben eines Strandkorbs wechseln wir im Prinzip alles einmal aus", sagt Mitarbeiter Markus Willms. Die Neuharlingersieler Exemplare bestehen aus einem massiven Holzrahmen. Geflecht, Sitzfläche und Schirm sind aus Kunststoff. "Vor allem die Holzleisten brechen oft wegen Sturm oder Witterung", fügt der 38-Jährige hinzu.

Jeder Strandkorb wiegt 250 Pfund

Wenn die Strandkörbe in neuem Glanz erstrahlen, werden sie auf den Anhänger verladen. Dann schreitet Bauhofleiter König zur Tat und fährt mit dem auffälligen Gespann wieder Richtung Strand. Seit 22 Jahren erledigt der gebürtige Neuharlingersieler diese Aufgabe, die ihm sichtlich Spaß macht. "Ich bin lieber an der frischen Luft als im Büro", gibt er zu.

Der Strand des Nordseeheilbades präsentiert sich in diesen Tagen noch fast unberührt. Auf die ebene weiße Fläche verirrt sich kaum ein Tourist. "Immerhin mussten wir keinen zusätzlichen Sand aufschütten, weil der blanke Hans im Winter nicht viel mitgenommen hat", erzählt König. Als "blanken Hans" bezeichnen Norddeutsche die Sturmflut.

XXXL-Sackkarren für die Strandkörbe

Den für den künftigen Badespaß verbliebenen Sand hat eine Planierraupe bereits glatt gestrichen. Betriebsamkeit kommt nur auf, wenn Enno König und sein Traktor anrücken. Zwei Bauhofmitarbeiter erwarten ihn schon.

Bestückt mit selbst gebauten XXXL-Sackkarren heben sie die Strandkörbe vom Anhänger und platzieren sie auf dem Sand. Tragen lassen sich die sperrigen Sitzmöbel nicht. "Jeder einzelne wiegt 250 Pfund", erläutert König und fährt wieder ab, um die nächste Fuhre zu holen. (dapd)