Yazia. Die Kanarische Insel Lanzarote hat nicht nur schöne Strände zu bieten, sondern auch faszinierende Lavalandschaften. Im Nationalpark Timanfaya kocht auch heute noch Magma unter der Erde.
Ein Angestellter des Nationalparks Timanfaya auf der Kanaren-Insel Lanzarote weiß die unter der Erdoberfläche lauernde Hitze effektvoll in Szene zu setzen. Aus einem Eimer schüttet er Wasser in eine zehn Meter tief eingelassene Röhre, schafft es gerade noch, zur Seite zu springen, und schon zischt explosionsartig eine meterhohe Dampffontäne aus dem glühend heißen Boden.
Nur wenige Schritte davon entfernt steigt zunächst Rauch und dann Feuer aus einer Erdspalte auf. Trockene, dünne Zweige vom Dornlattich gehen binnen Sekunden in Flammen auf. Und schließlich sich man den Vulkangrill in einem Rundbau aus Lavagestein. Tief wie ein Brunnen ist der Grill. Auf einem schweren Rost brutzeln Hähnchenschenkel, Fleischspieße und Fisch. Kosten für Brennmaterial wie Holzkohle fallen hier nicht an. Die Gartemperatur aus dem Erdinnern ist optimal, sagt der Wirt des Restaurants El Diablo.
Ein Meer aus gezackter, schwarzer Lava prägt die Landschaft
Das El Diablo thront auf einer Anhöhe, deren helles Braun sich abhebt von der sie umgebenden erstarrten schwarzen Lava. Einen fantastischen Ausblick auf den Nationalpark bietet das Restaurant mit seinen riesigen Panoramafenstern. Der Besucher fühlt sich in eine Art bizarre Mondlandschaft hineinversetzt. Bis zur Westküste hinunter erstrecken sich riesige Aschefelder und ein Meer aus gezackter, scharfkantiger Lava in allen möglichen Formen.
Aus dieser Umgebung erheben sich Vulkane, der höchste von ihnen mehr als 500 Meter. Ihre Farben changieren von schwarz bis rostrot. Feuerberge nennen sie die Inselbewohner. Diese unwirtliche, aber faszinierende Gegend ist weltweit einzigartig - neben schönen Stränden und Buchten die größte Attraktion Lanzarotes. Auf 167 Quadratkilometern - das ist fast ein Viertel der Inselfläche - erstreckt sich die größte Lavalandschaft der Erde.
Entstanden ist sie zwischen 1730 und 1736, als sechs Jahre dauernde Vulkanausbrüche auf Lanzarote die Menschen in Angst und Schrecken versetzten und zur Flucht nach Gran Canaria zwangen. Was damals geschah, geht aus den Aufzeichnungen des Pfarrers Don Andrés Lorenzo Curbelo aus Yaiza hervor. "Am 1. September 1730, zwischen 9 und 10 Uhr abends, öffnete sich plötzlich die Erde bei Timanfaya.
Ein gewaltiger Berg bildete sich bereits in der ersten Nacht, und Flammen schossen aus seinem Gipfel, die 19 Tage lang weiter brannten. Wenige Tage später brach ein neuer Schlund auf." Von da an erschütterten immer wieder Eruptionen die Insel, stiegen Vulkane aus der Erde auf, begrub der Lavastrom Kulturlandschaften und Ortschaften unter sich. "Die Lava bedeckte und verbrannte das Dorf Mazo und stürzte danach acht Tage lang als feuriger Katarakt unter furchtbarem Tosen ins Meer", notierte der Pfarrer in sein Tagebuch.
"Wir leben auf einem brodelnden Vulkan"
Im Timanfaya-Nationalpark kocht auch heute noch Magma unter der Erde. Im Zentrum des Parks steigen Gase durch Spalten auf. Direkt unter der Erdoberfläche ist es rund 150 Grad heiß, in sechs Metern Tiefe werden schon 400 Grad gemessen. Geologen rechneten damit, dass es in 120 bis 150 Jahren wieder zu heftigen Eruptionen kommen könnte, sagt der Wirt. "Aber wer weiß das schon. Wir sind daran gewöhnt, auf einem brodelnden Vulkan zu leben."
Eine Fahrt durch diese mystische Landschaft, in der Science-Fiction-Filme wie der "Planet der Affen" gedreht wurden, ist ein unvergleichliches Erlebnis. Die Piste führt durch Schluchten, Kraterkessel und Täler hindurch, vorbei an mit Asche und Lapilli bedeckten Vulkanhängen.
Dann geht es steil hinauf zu einem Gipfel mit Panoramablick auf die Feuerberge. Die Fahrgäste dürfen auf dieser Route nicht aussteigen. Auch nicht zum Fotografieren, wenn der Bus an markanten Stellen hält. Zu fragil ist die erst bei genauerem Hinsehen erkennbare Flora, die auf der Lava gedeiht. Und zu gefährlich sind die Spalten, Lavablasen und Tunnel. Ein Fehltritt könnte das jähe Ende der Reise bedeuten.
Kilometerweite Felder aus zerbröselten Lavabrocken
Allerdings werden an anderen Stellen geführte, sichere Touren angeboten. Das Lavameer erstreckt sich weit über den Timanfaya-Nationalpark hinaus und ist von mehreren Straßen durchzogen. Großartige Impressionen bietet die Weinstraße durch La Geria. Kilometerweit erstrecken sich Felder aus zerbröselten schwarzen Lavabrocken, die von Feuerbergen begrenzt und unterbrochen werden.
Die erstarrte Lava ist von einer hauchdünnen Schicht von Flechten überzogen, die die Landschaft graugrün schimmern lassen. Einsame Weingüter, weiß gekalkt, zeugen davon, dass Menschen auch diesem Boden Früchte abgewinnen können. Vor allem Malvasía-Reben, aber auch andere Sorten, gedeihen hier. Geerntet wird im Juli und August. Da kann das Thermometer schon mal mehr als 50 Grad Celsius anzeigen, sagt der Besitzer eines Weingutes. (dapd)