Essen. . Neue Flugzeiten, andere Airports und geänderte Reisedaten gehören laut Fachleuten „gegenwärtig zur Tagesordnung“ im Pauschalreisen-Segment. Und ein Ende ist erst im Spätsommer absehbar.
Den Vogel schoss vermutlich ITS Indi ab. Sechs Tage vor der Reise eines Kunden erhielt das Reisebüro Weber ein Schreiben, dass sich der Urlaub des Kunden „aufgrund einer Änderung des Flugplans“ von 14 auf 11 Tage verkürze. Fliegen würde der Kunde nun mit Bucher Reisen. „Mit freundlichen Grüßen, V-Tours.“ Dass X-Produkte ihre Tücken haben, ist bekannt.
Aktuell mehr Änderungen als sonst in einem Halbjahr
Doch in diesen Wochen beschränkt sich der Ärger vieler Urlauber bei weitem nicht nur auf Reisen, die zu tagesaktuellen Preisen eingebucht worden sind: „Was derzeit passiert, ist einfach nicht mehr vertretbar“, schimpft auch Reisebüro-Inhaberin Tanja Beckadolf über „unzählige Änderungen im klassischen Pauschalreisesegment“. Neue Flugzeiten, andere Airports und geänderte Reisedaten gehörten „gegenwärtig zur Tagesordnung“. Und ein Ende ist erst im Spätsommer absehbar. Beckadolf trifft die Stimmung vieler Endkunden und Reiseverkäufer: „So viele Flugzeitänderungen wie im März hatte ich in der Vergangenheit nicht in einem Halbjahr“, ärgert sich Sylvia Görlich-Krien vom Syax Reisebüro über einen Berg an Mehrarbeit und unzufriedene Kunden.
Und Simone Bohn von der Flugbörse Meiningen meint: „Unsere Kunden machen Urlaub und wollen nicht nach dem Heimflug wieder urlaubsreif sein, weil die Rückreise die gesamte Nacht dauert.“
Die Veranstalter sehen die Probleme ähnlich – hoffen allerdings auf das Verständnis von Reisenden und Vertriebspartnern. Denn für den Hauptgrund der aktuellen Situation könnten sie nichts: Tausende Flugsitze hätten schließlich nach den politischen Veränderungen in Ägypten und Tunesien in andere Ziele umgeleitet werden müssen, ganze Flugpläne mussten neu erstellt werden.
Erste Lebenszeichen gesichtet
Eine Ausnahmesituation, von der der ganze Markt betroffen ist
„Wir verstehen den Ärger aus der Sicht von Kunden und Reisebüros. Wir haben es allerdings mit einer Ausnahmesituation zu tun, die den ganzen Markt betrifft“, sagt Oliver Dörschuk, Manager beim Marktführer TUI. Auch Thomas Cook macht keinen Hehl daraus, dass die Situation schwierig ist: Aufgrund der „veränderten Nachfrageströme“ habe man zahlreiche Flugpläne anpassen müssen, betroffen seien bundesweite Abflughäfen. Man versuche jedoch alles, „um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten“, versichert Hans-Jürgen Klein, Leiter Kapazitäts- Management bei Thomas Cook.
Bei FTI gibt man offen zu, dass sich das Dilemma auch im Mai und Juni fortsetzen wird. Allerdings sieht man die Probleme vor allem bei bestehenden Buchungen in Richtung Ägypten und Tunesien, während sich die Zahl der Änderungen bei Flügen in andere Zielgebiete „nicht wesentlich von vergleichbaren Vorjahreszeiträumen“ unterscheide, so FTI.
Dem können sich Rewe Pauschal und Schauinsland-Reisen nur anschließen.
Viele Flüge nach Ägypten und Tunesien betroffen
„Kunden, die derzeit neu buchen oder andere Ziele als Ägypten oder Tunesien gebucht haben, könnten sogar von sehr stabilen Flugplänen ausgehen“, versichert René Herzog, bei ITS und Jahn Reisen für das Kapazitäts- Management verantwortlich. Grund für den Optimismus ist die allgemein gute Buchungslage, die Änderungen der Routen gar nicht nötig mache.
Ein Argument, das auch Markus Förster, oberster Flugeinkäufer bei Schauinsland-Reisen, anführt: „Durch die fehlenden Gäste in Ägypten sind unter anderem die Flüge in die Türkei und auf die griechischen Inseln deutlich besser gebucht.“ Das Flugprogramm sei dadurch sogar „deutlich stabiler als in den Vorjahren“. Wie alle anderen Veranstalter versichert in Bezug auf Ägypten und Tunesien auch Förster, alles zu tun, damit die Zahl der Änderungen „im Rahmen bleibt“. Zudem gehe man im Fall der Fälle „sehr kulant“ mit den Kunden um – ein Versprechen, dass ETI-Chef Nils Jensen auch für sein Unternehmen geltend macht.
Trotz des Reisebüro-Feedbacks bezüglich der Flugsituation bei ETI weiß auch Jensen, dass es ohne Änderungen bei den Flügen derzeit nicht geht. Vor allem in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten sei Ägypten von einer stabilen Buchungslage „weit entfernt“. Denn mit halbleeren Maschinen zu fliegen, könne sich kein Veranstalter leisten.
Matthias Gürtler ist Chefredakteur der Fachzeitschrift "touristik aktuell".