Wiesbaden. Der Tourismus in Deutschland hofft nach zwei harten Corona-Jahren auf klare Perspektiven und die Reiselust der Menschen. Das Vorkrisenniveau scheint allerdings so schnell nicht in Sicht.
Die Folgen der Corona-Pandemie haben den Deutschland-Tourismus trotz einer leichten Erholung 2021 weiter fest im Griff. Die Zahl der Übernachtungen in Hotels, Pensionen und Co. lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 310,3 Millionen im vergangenen Jahr um 37,4 Prozent unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Gegenüber dem Corona-Krisenjahr 2020 gab es ein leichtes Plus von 2,7 Prozent. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) rechnet zwar mit steigenden Buchungszahlen in diesem Jahr, eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird aber erst 2023 erwartet.
Abwanderung von Fachkräften
„Wir rechnen damit, dass die Buchungszahlen wieder deutlich ansteigen, wenn die Regelungen gelockert werden und sich die Infektionslage bessert“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der Deutschen Presse-Agentur. Die touristische Nachfrage werde sich schnell erholen, das habe auch der vergangene Sommer gezeigt. In einzelnen Sommermonaten des laufenden Jahres werde es möglich sein, wieder an das Umsatzniveau von 2019 heranzukommen. „Ich gehe davon aus, dass 2023 die Rückkehr zur Normalität bringt und wir bei den Umsätzen wieder auf dem Niveau von 2019 liegen.“
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Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warnte allerdings vor einer weiteren Abwanderung von Fachkräften. „Wenn Hoteliers und Wirte nicht flächendeckend attraktivere Arbeitsbedingungen bieten, dürfte es vielerorts bald kein Personal mehr geben, um die Gäste zu bedienen“, sagte NGG-Vorsitzender Guido Zeitler.
Internationale Gäste fehlen
Die Branche erhofft sich von der nächsten Konferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am kommenden Mittwoch klare Perspektiven. „Ganz wichtig ist das Ostergeschäft im April“, sagte Hartges. Bundesweit sollte 2G statt 2G plus eingeführt werden. Abendliche Sperrzeiten, wie es sie in einzelnen Bundesländern gebe, sollten abgeschafft werden. „Ebenso sollte die Politik flächendeckend die Kontaktregistrierung in unseren Betrieben abschaffen, was in einigen Bundesländern längst erfolgt ist“, sagte Hartges.
Für Business-Hotels sei es zudem von größter Bedeutung, dass wieder Veranstaltungen, Kongresse und Messen stattfinden können. Vor allem internationale Gäste fehlen seit zwei Jahren, da viele Veranstaltungen gestrichen wurden. Während die Zahl der Übernachtungen von Reisenden aus dem Inland im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr stieg, gab es bei ausländischen Gästen ein Minus von 3,1 Prozent. Das trifft vor allem den Städtetourismus.
Immer mehr Betriebe in Existenznot
Besonders hart litten Hotels, Pensionen und Gasthöfe, die 45,2 Prozent weniger Übernachtungen als im Vorkrisenjahr 2019 verzeichneten. Auf Campingplätzen gab es dagegen lediglich ein Minus von 7,8 Prozent.
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Auch der als kontaktarm geltende Ferienhaustourismus kam vergleichsweise glimpflich davon und sieht Anzeichen für eine gute Saison. Die aktuellen Buchungszahlen stimmten zuversichtlich. „Die Küsten dürften auch in diesem Jahr wieder voll werden“, sagte Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbandes unlängst. Preissteigerungen seien wegen höherer Energie- und Reinigungskosten nicht auszuschließen.
Immer mehr Gastronomie-Betriebe in Deutschland geraten einer Studie zufolge allerdings in Existenznot. Die Zahl der finanzschwachen und damit insolvenzgefährdeten Gastronomie-Firmen sei von Januar 2020 bis Januar 2022 um fast ein Drittel auf 16,2 Prozent gestiegen, analysierte die Wirtschaftsauskunftei Crif. Berücksichtigt wurden dabei Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés. Im laufenden Jahr erwartet Crif bis zu 2200 Pleiten in der Gastronomie in Deutschland, das wären gut 50 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Nach Angaben des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) sorgten die Lockdown-Monate in der ersten Jahreshälfte 2021 für Milliarden-Ausfälle, die längst noch nicht kompensiert seien: „Der Tourismus braucht jetzt vor allem Planbarkeit und Perspektive für den Frühling und Ostern - und zwar mit Vorlauf.“ (dpa)