Schwangau. Das bayerische Märchenschloss Neuschwanstein wird 150 Jahre. Dabei ist die Geschichte des weltberühmten Denkmals die einer traurigen Existenz.

Auf der Bergspitze thront das weiße Schloss wie eine Majestät, die übers Land blickt: Seen, Hügel, Baumwipfel und eine tiefe Schlucht. In der Allgäuer Voralpenlandschaft wirkt das Bauwerk fast unwirklich, wie aus einem Märchen. Auch die 150-jährige Geschichte von Schloss Neuschwanstein könnte ein Märchen sein – eines von Träumen, Fantasien und vom Scheitern.

Ludwig II. - jung und unerfahren

Die Historie von Schloss Neuschwanstein ist unmittelbar verbunden mit dem Schicksal von Ludwig II., dem Bauherrn. Als sein Vater starb, wurde Ludwig II. mit 18 Jahren König von Bayern. Der junge Thronfolger war in Geschäftsdingen unerfahren – und bekam das zu spüren. Das eigene Kabinett hat ihn oft ausgebremst, sagen Historiker.

Im Jahr 1866 verlor die bayerische Armee im Bündnis mit Österreich eine Entscheidungsschlacht im Deutschen Krieg, die Schlacht bei Königgrätz gegen Bismarcks expandierendes Preußen. Ludwig II. soll die Niederlage als persönlichen Misserfolg gewertet haben.

Immer öfter sucht er Zuflucht in einer Traumwelt, denn in der Realität schien er nicht glücklich. Zeitzeugen bezeichneten ihn als „Exzentriker“, andere glaubten, er sei verrückt. Wahnsinnig klang auch seine Vision von einem prachtvollen Schloss auf einem zerklüfteten Felsen. Der Berg mit einer Ruine gegenüber von Schloss Hohenschwangau war ihm schon als Kind aufgefallen.

150 Jahre Schloss Neuschwanstein

Allein ist man im Märchenschloss Ludwig II. so gut wie nie.
Allein ist man im Märchenschloss Ludwig II. so gut wie nie. © dpa
Mitglieder der Denklinger Musikkapelle im teilweise eingerüsteten Sängersaal.
Mitglieder der Denklinger Musikkapelle im teilweise eingerüsteten Sängersaal. © dpa
Im Schlosshof.
Im Schlosshof. © dpa
Die Jahreszahl 1869 auf einem eingemauerten Ziegel.
Die Jahreszahl 1869 auf einem eingemauerten Ziegel. © dpa
Baugerüste vor dem Eingang des Schlosses Neuschwanstein.
Baugerüste vor dem Eingang des Schlosses Neuschwanstein. © dpa
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Luxus automische Toilettenspülung

Dort wolle er einen Bau „im echten Styl der alten deutschen Ritterburgen“ entstehen lassen, schrieb er in einem Brief an Richard Wagner und kündigte an, in drei Jahren einziehen zu wollen. Die Bühnenbilder von Wagners Opern und die Wartburg nahe der thüringischen Stadt Eisenach waren Inspiration für das romantische Schloss. Mit Dynamit wurde die Bergspitze zu einem schmalen Plateau gesprengt. Am 5. September 1869 erfolgte die Grundsteinlegung.

Die beliebteste Aussicht auf eines der meistfotografierten Bauwerke der Republik: Von der Marienbrücke aus lässt sich das Schloss Neuschwanstein besonders gut fotografieren. Sie kann im Winter aber gesperrt sein.
Die beliebteste Aussicht auf eines der meistfotografierten Bauwerke der Republik: Von der Marienbrücke aus lässt sich das Schloss Neuschwanstein besonders gut fotografieren. Sie kann im Winter aber gesperrt sein. © dpa

Vom Sockel bis zur Turmspitze war das Schloss auf dem modernsten Stand der Technik des späten 19. Jahrhunderts. Geheizt wurde durch ein Rohrsystem, das im Winter warme Luft in die Räume blies. Essen wurde mit einem Speiseaufzug von der Küche direkt in den Speisesaal transportiert. Weitere Highlights waren fließendes, zum Teil warmes Wasser und eine automatische Toilettenspülung.

Bauboom und Geldnot

In den Prunkräumen funkeln Edelsteine, Gold und Glas. Wände sind mit Szenen aus Lohengrin und Parzival bemalt, mit Rittern und Heiligen. Durch die Außenfassade im weißen Kalkstein glich Ludwigs Kunstwerk immer mehr einem hübschen Schwan, der sich langsam in die Höhe reckt. Das romantische Gebäude wurde ein Kontrast zur industriellen Revolution – und vermutlich zu Ludwigs Verhängnis.

Vom Torbau des Schlosses, wo Ludwig zeitweilig wohnte, konnte er die Bauarbeiten beobachten und, er soll ständig neue Änderungswünsche gehabt haben. Mehr als das Doppelte der angedachten Summe kostete der Schlossbau, umgerechnet mehr als 100 Millionen Euro. Ein Ratgeber Ludwigs,

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Das Kronentor ist ein beliebtes Fotomotiv im Dresdner Zwinger. Doch es lohnt sich auch, eine der zahlreichen, filigranen Fassadenverzierungen zu fotografieren.
Das Kronentor ist ein beliebtes Fotomotiv im Dresdner Zwinger. Doch es lohnt sich auch, eine der zahlreichen, filigranen Fassadenverzierungen zu fotografieren. © dpa
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Nicht von ungefähr heißt die Nordschleife des Nürburgrings "grüne Hölle". Die Rennstrecke schlängelt sich auf mehr als 20 Kilometer Länge durch die Wälder der Eifel. © dpa
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Markus Müller-Tenckhoff arbeitet als Stadtführer in Berlin. © dpa
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Neben der Nordschleife gibt es am Nürburgring auch die gut fünf Kilometer lange Grand-Prix-Strecke, auf der bis 2013 Formel-1-Rennen stiegen. Auf Rundgängen können Besucher unter anderem die Boxenanlagen sehen und vom Dach auf die Strecke blicken. © dpa
Hängt gemütlich ab im Schloss Heidelberg und ist dank seiner strahlend weißen Farbe gut zu erkennen: Vater Rhein.
Hängt gemütlich ab im Schloss Heidelberg und ist dank seiner strahlend weißen Farbe gut zu erkennen: Vater Rhein. © dpa
Verstecktes Relikt: In der Nähe des Anhalter Bahnhofs in Berlin findet sich dieser rekonstruierte Teil der früheren Stadtmauer auf dem Mittelstreifen einer Straße.
Verstecktes Relikt: In der Nähe des Anhalter Bahnhofs in Berlin findet sich dieser rekonstruierte Teil der früheren Stadtmauer auf dem Mittelstreifen einer Straße. © dpa
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Das Schanzenviertel ist Hamburgs hippe Alternative zur Partymeile Reeperbahn. © dpa
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Da hängt doch der Papst? Wer am Haupteingang des Kölner Doms genau hinschaut, erkennt das Konterfei des Pontifex. © dpa
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Am nördlichen Ende der Düsseldorfer Königsallee verspricht der Hofgarten eine Ruhepause vom Shopping-Trubel. © dpa
Die beliebteste Aussicht auf eines der meistfotografierten Bauwerke der Republik: Von der Marienbrücke aus lässt sich das Schloss Neuschwanstein besonders gut fotografieren. Sie kann im Winter aber gesperrt sein.
Die beliebteste Aussicht auf eines der meistfotografierten Bauwerke der Republik: Von der Marienbrücke aus lässt sich das Schloss Neuschwanstein besonders gut fotografieren. Sie kann im Winter aber gesperrt sein. © dpa
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Alternative zum bekannten Schlossblick in Sanssouci: Im Sizilianischen Garten herrscht südländisches Flair. © dpa
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Italienische Einwanderer haben Wolfsburg geprägt. Diese Bronze-Plastik namens L'Emigrante am Hauptbahnhof erinnert daran. © dpa
Der Maltesergraben im Schloss Heidelberg birgt eine geologische Rarität. Hunderte Millionen Jahre alte Gesteinsschichten treffen hier aufeinander. 
Der Maltesergraben im Schloss Heidelberg birgt eine geologische Rarität. Hunderte Millionen Jahre alte Gesteinsschichten treffen hier aufeinander.  © dpa
Die Höfe in Wolfsburg sind ein Quartier, die in den Anfangsjahren der 1938 gegründeten Stadt gebaut wurden. Sie gehören zu den ältesten Wohnanlagen Wolfsburgs.
Die Höfe in Wolfsburg sind ein Quartier, die in den Anfangsjahren der 1938 gegründeten Stadt gebaut wurden. Sie gehören zu den ältesten Wohnanlagen Wolfsburgs. © dpa
Vor dem Kö-Bogen in Düsseldorf ragt ein riesiger Nagel aus dem Boden. Das Kunstwerk ist auch ein spannendes Fotomotiv.
Vor dem Kö-Bogen in Düsseldorf ragt ein riesiger Nagel aus dem Boden. Das Kunstwerk ist auch ein spannendes Fotomotiv. © dpa
Selfie-Hotspot in Berlin: Auf dem Pariser Platz lichten sich jeden Tag unzählige Touristen vor dem Brandenburger Tor ab.
Selfie-Hotspot in Berlin: Auf dem Pariser Platz lichten sich jeden Tag unzählige Touristen vor dem Brandenburger Tor ab. © dpa
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Graf Holnstein, telegrafierte an Bismarck schon ein Jahr nach Baubeginn: „Ganz geheim. Der König von Bayern ist durch Bauten und Theater in große Geldverlegenheit geraten. Sechs Millionen Gulden würden ihm sehr angenehm sein, vorausgesetzt, dass die Minister nichts erfahren. Für diese Summe würde er sich auch zur Kaiserproklamation [...] entschließen.“ Für Bismarck war diese Bitte eine Chance, die deutsche Einheit und den Beitritt Bayerns zum Reich auszuhandeln.

Rund 69 Millionen Besucher

Ludwig II. erlebte die Fertigstellung von Schloss Neuschwanstein nie mit. Im Juni 1886 starb der König auf mysteriöse Weise, wohl ertrunken im Starnberger See. Kurz zuvor hatte ihn die bayerische Regierung für unmündig erklärt. Er wurde aus Schloss Neuschwanstein abgeführt, wegen angeblicher Geisteskrankheit.

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Nur sechs Wochen nach dem Tod des Märchenkönigs durften Besucher Schloss Neuschwanstein besichtigen. Die Bürger sollten sehen, wofür ihr König Unmengen an Geld verprasst hatte. Aber: Sie waren begeistert. Schloss Neuschwanstein wurde im Jahr 1892 in vereinfachter Form fertiggestellt.

Was einst Rückzugsort eines menschenscheuen Königs werden sollte, ist nun Reiseziel von Millionen Touristen aus der ganzen Welt. Durchschnittlich werden 7000 Gäste am Tag durch die Säle getrieben – alle fünf Minuten eine neue Besuchergruppe. Rund 69 Millionen Menschen haben bis dato Ludwigs pittoreske Räume betreten.

Schönheitskur bis 2020

Zum 150. Jahrestag verkündete Bayerns Heimatminister Albert Füracker (CSU) einen besonderen Fund: Der Grundstein von Schloss Neuschwanstein wurde gefunden. Aus Bauplänen war ersichtlich, dass sich dieser im Ritterbad befindet und dahinter eine Metallkapsel liegt, in der die Grundsteinlegungsurkunde, Porträts von Ludwig II., Bauentwürfe und eine Figur der Heiligen Maria zu finden sind.

Hoch zu Ross am Fuße von Schloss Neuschwanstein.
Hoch zu Ross am Fuße von Schloss Neuschwanstein. © dpa

Ein Sprengkommando des Bayerischen Landeskriminalamts suchte die Wände mehrere Stunden mit einem Minensuchgerät ab, bis der Ziegelstein gefunden werden konnte. Den Stein aus dem Gemäuer rausnehmen, um an die Kapsel zu kommen, möchte die Bayerische Schlösserverwaltung aus Denkmalschutzgründen nicht.

Derzeit wird Schloss Neuschwanstein für rund 20 Millionen Euro saniert. Trotz Baugerüsten können Besucher das Schloss besichtigen. Noch bis 2020 sollen Schönheitsmakel wie Risse in den Außenmauern, instabile Buntglasfenster, verblasste Wandfarben, beschädigter Parkettboden, behoben werden. Abgesehen davon scheint es, als stünde alles noch genauso da, als wäre König Ludwig II. nur mal eben fortgegangen. (dpa)