Vetschau. Noch werden in der Lausitz Braunkohleflöze abgebaggert. Doch viele Renaturierungsprojekte kommen jetzt zum Abschluss und ziehen Touristen an.

Im klaren Wasser schwimmen Rotfedern, aber auch Raubfische wie Barsche und kleine Hechte. Friedlich liegen drei schwimmende Ferienhäuser am Ufer des Gräbendorfer Sees, mehrere Radwege führen durch scheinbar unberührte Wälder rundum. Das Idyll am Gräbendorfer See zeigt beispielhaft, wie die Natur die Gebiete der Braunkohleförderung in der Lausitz zurückerobern und dem Tourismusneue Perspektiven bringen könnte.

Zu DDR-Zeiten waren hier die Bagger unterwegs. Von 1984 bis 1992 wurden rund 36 Millionen Braunkohle gefördert und in den nahen Kraftwerken verbrannt, um Strom zu gewinnen. Umweltaspekte spielten damals kaum eine Rolle, rauchende Schlote der Kraftwerke und die Kohlewüste prägten die Lausitz. Länger als der Abbau der Braunkohle dauerte am heutigen Gräbendorfer See die Sanierung: Die Befestigung der Ufer, das Pflanzen von Bäumen am Rand und die langsame Flutung, die allein elf Jahre in Anspruch nahm.

Touristen kommen zum See

Am Mittwoch wurde der See - als erster größerer in Brandenburg seit der Wende - aus der Bergaufsicht entlassen. Jetzt ist die Kommune für die weitere Planung zuständig. Es ist zwar der formale Abschluss der Sanierung, aber noch nicht der Entwicklung. Der Bürgermeister von Vetschau, Bengt Kanzler (parteilos), setzt auf Investoren, die am Ufer Ferienhäuser bauen wollen.

«Wassertechnisch ist der See eine Perle», schwärmt der Bürgermeister von dem klaren Wasser, das teils aus der Spree eingeleitet wurde. Inzwischen kämen bereits Touristen auch aus Dresden, Cottbus oder Berlin. Der See fasse rund 92 Millionen Kubikmeter Wasser - rund 92 Millionen Badewannen, sagt er. Die vielen kleinen Badestellen seien im Sommer gut besucht, die Parkplätze reichten aber noch nicht aus.

Sanierung mehrerer Seen

Der Gräbendorfer See ist nur einer von vielen - allein in der Brandenburger Lausitz sollen aus früheren und noch aktiven Tagebauen Seen mit einer Wasserfläche von mehr als 11.500 Hektar entstehen. Das entspricht in etwa der Größe der Müritz. Bund und Land haben über die Sanierungsgesellschaft LMBV bereits 4,5 Milliarden Euro in die Beseitigung der Tagebau-Folgen investiert - und die Arbeiten dürften noch Jahrzehnte andauern.

Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD), der aus Forst an der polnischen Grenze stammt und die Lausitz dadurch gut kennt, hat die Freigabe des Sees aus der Bergaufsicht für eine Reise durch die Lausitz genutzt. «Das ist eine Lausitzer Erfolgsgeschichte», sagt er auf einem Steg des Sees. Und in einer Mitteilung meint er: «Das ist eine Perlenkette guter Entwicklungen. Und ich wünsche mir manchmal, dass die Menschen dies noch deutlicher wahrnehmen und mit Stolz auf das Erreichte blicken.»

Die Zukunft des Braunkohleabbau

Doch der Lausitz droht derzeit auch Ungemach. Sie ist weiter eine der weltweit größten Braunkohleregionen, der Braunkohleabbau sorgt auch heute noch für Tausende Arbeitsplätze. Umweltschützer fordern den raschen Ausstieg aus der klimaschädigenden Braunkohleverstromung: Denn auch wenn in der Lausitz die Natur wieder Oberhand gewinnt - die einmal verbrannte Braunkohle dürfte noch lange das Klima belasten. Eine Kommission im Auftrag der Bundesregierung soll nun einen Zeitplan erstellen und Möglichkeiten für andere Jobs finden.

Die Grünen in Brandenburg fürchten zudem, dass für die derzeit noch aktiven Tagebaue künftig kein Geld mehr für die Sanierung vorhanden sein könnte. Denn während der Steuerzahler für die DDR-Gruben aufkommt, soll der tschechische Bergbaubetreiber LEAG nach dem Ende der Abbaggerung selbst für die Rekultivierung aufkommen. Die Landesregierung müsse deshalb von dem Unternehmen Sicherheiten verlangen. «Nur so kann gewährleistet werden, dass die Rekultivierung auch in den kommenden Jahrzehnten gesichert bleibt», meinte die Abgeordnete Heide Schinowsky.

Auch Woidke, der eine Fortsetzung der Kohleförderung bis in die 2040er Jahre favorisiert, sorgt sich um das Geld für die künftige Sanierung. Die Mittel für die weitere Rekultivierung müssten durch den noch laufenden Bergbau erwirtschaftet werden - bei einem plötzlichen Kohleausstieg müsse sonst auch hier der Steuerzahler einspringen. (dpa)