Köln/Essen . Die Bahn geht beim Sturm “Friederike“ auf Nummer sicher und stellt den Zugverkehr ein. Die Reisenden nehmen es zumeist gelassen.

Die Schlange vom Taxistand am Kölner Hauptbahnhof reicht um einen ganzen Häuserblock herum. Hunderte Reisende sind hier am Donnerstagabend durch die Einstellung des Bahnverkehrs aufgrund des Sturms "Friederike" gestrandet.

Meinolf Schnier (68) steht schon seit zwei Stunden in der Reihe. Er hat den Mantelkragen hochgeklappt und seine schwarze Mütze tief ins Gesicht gezogen. Sauer ist er nicht. "Ich bin fünf, sechs Mal in Indien gewesen, und das nicht mit Neckermann", sagt er. "Wenn Sie das mal erlebt haben, dagegen ist die Situation hier gold." Er kann seiner Lage sogar etwas Positives abgewinnen: "Ich bin hier 1000 mal mit dem Auto hergefahren, ohne mich je umzusehen. Jetzt hab' ich Zeit, mir das mal in aller Ruhe anzuschauen. Und es könnte ja noch viel kälter sein. Es lässt sich aushalten."

"Als Bahnfahrer ist man ja abgehärtet"

Andere Wartende reagieren ebenfalls gelassen. Hier und dort hört man zwar Sätze wie "Als Bahnfahrer ist man ja abgehärtet", von Aggressivität ist nichts zu spüren. Die Bahn habe das eigentlich gut organisiert, lobt Thomas Schmidt, der in Köln arbeitet, aber in Neuwies wohnt: "In der Bahnhofshalle halten die Schilder mit Ortsnamen hoch, und so bilden sich dann ganz schnell Fahrgemeinschaften." Dazu teile die Bahn Gutscheine aus, die man bei den Taxifahrern einlösen kann.

Pia Meyer aus Aachen wollte um diese Zeit eigentlich schon bei ihren Freunden in Berlin sein. Aber jetzt will sie nur noch zurück: "Berlin - das gibt nix mehr dieses Wochenende!", sagt sie lachend. Der Bahn macht sie keinen Vorwurf: "Das ist höhere Gewalt." Und sich ärgern? "Hilft ja nichts!"

Ein paar Stunden früher am Hauptbahnhof Essen: Reisende sitzen geduldig auf den Treppen, stehen an Wänden und schauen auf ihre Handys. Die Stimmung ist gedämpft. Alle paar Minuten ertönt eine Durchsage, dass nichts mehr geht und es auf den Bahnsteigen sehr gefährlich ist. Ein 51-Jähriger hat Verständnis für die Zwangspause: "Da kann ja keiner was für. Es ist höhere Gewalt. Es ist besser, hier im Bahnhof zu stehen als auf freier Strecke." Nicht einverstanden ist dagegen ein 48-Jähriger aus Oberhausen: "Soll man wegen ein bisschen stärkerem Wind nicht mehr arbeiten? Sicherheit geht vor, aber trotzdem - dass gar nichts mehr geht?" Ein Lokführer kann die Maßnahme der Bahn nachvollziehen. Nur langsamer zu fahren bringe bei dem langen Bremsweg der Züge nicht viel, wenn etwa ein Baum auf die Schienen gefallen sei.

Ständig ertönen Martinshörner

In einer Unterführung schiebt eine Postbotin ihren noch gut gefüllten Handwagen vor sich her. Sie erzählt, dass sie kurz zuvor mitsamt ihres Handwagens von einer Böe regelrecht angehoben und in ein Gebüsch geschleudert wurde. Sie habe danach noch einige Firmenkunden angesteuert, dann aber beschlossen, sich besser in Sicherheit zu bringen. Verletzt? Nein, aber die linke Hand schmerze ein wenig.

Auch die Essener Innenstadt hat der Sturm knapp zwei Stunden lang fest im Griff: Nur wenige Fußgänger sind zu sehen, auch deutlich weniger Autos sind unterwegs. Ständig ertönen Martinshörner. Vor einem Hochhaus liegt ein drei Meter hoher Firmenwegweiser - umgeknickt. In einem Kaufhaus-Eingang liegt ein Haufen Glassplitter, die mal eine Glastür waren. Arbeiter bringen eine Holzplatte, um den offenen Zugang zu versperren. (dpa)