Leipzig/Wangerland. Bislang verlangen viele Strandbäder Eintrittsgeld. Zwei Bürger haben sich durch die Instanzen geklagt. Jetzt steht ein Grundsatzurteil an.
Das Meer direkt vor der Nase, aber ein Maschendrahtzaun versperrt den Zugang zum Strand. Diese Situation ist zwei Bewohnern der Nordseeküste ein Dorn im Auge. Sie haben gegen die ostfriesische Gemeinde Wangerland geklagt. Deren Tourismus GmbH verlangt in der Badesaison von Tagesgästen Eintrittsgeld für den Strandzugang. Am Mittwoch will das Bundesverwaltungsgericht ein Grundsatzurteil fällen - mit möglicherweise weitreichenden Folgen.
Worum geht es?
Im Großen und Ganzen darum, ob an Nord- und Ostseeküste weiter von Tagesgästen Eintritt für den Strandbesuch verlangt werden kann. Kippten die Leipziger Richter die Strandbadgebühren in der Gemeinde Wangerland, dann dürften auch andere Gemeinden in Niedersachsen kein Geld mehr fordern, sagt Andreas Korbmacher, Sprecher des Bundesverwaltungsgerichts. Auch Strandbäder in anderen Bundesländern müssten dann prüfen, ob sie an ihren Gebühren festhalten können.
Im konkreten Fall wehren sich zwei Bürger aus Nachbargemeinden von Wangerland gegen die Eintrittspreise in zwei Strandbädern. Alle, die nicht direkt in Wangerland wohnen oder nicht länger dort Urlaub machen, müssen für den Strandbesuch drei Euro zahlen. An den beiden Strandbädern stellten Tagesgäste grob geschätzt etwa ein Fünftel der Besucher, sagt Friedo Gerdes, Prokurist bei der Tourismus GmbH von Wangerland. Das sei vergleichsweise viel - wegen der guten Autobahnverbindung.
Wie ist die Situation an den Küsten Deutschlands?
"An der Nordseeküste wird generell von Tagesgästen mit wenigen Ausnahmen ein Strandeintritt verlangt", sagt Sonja Janßen, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Nordsee - auch in Schleswig-Holstein. Die Kosten bewegten sich etwa im Rahmen 1,50 Euro bis 3,50 Euro pro Person. "Das ist gängige Praxis." Daher schauten auch viele gespannt auf das Urteil. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es keine umzäunten Strände, sagt Tobias Woitendorf, Sprecher des dortigen Tourismusverbands. In manchen Gemeinden müssten aber auch Tagesgäste Kurtaxe bezahlen, wenn sie ans Meer wollten. An der knapp 2000 Kilometer langen Küste gebe es jedoch viele kostenfreie Strände.
Wie argumentieren die Kläger?
"Zu meiner Jugendzeit konnte man frei an den Strand", sagt Janto Just, einer der Kläger, der seit Jahren gegen die Gebühren kämpft. In den 70er Jahren sei es losgegangen mit dem Einzäunen. Der niedersächsische Gesetzgeber habe dagegen nichts getan. "Prompt haben die Kommunen die Strände nach und nach okkupiert."
Vor Gericht stützt sich die Klägerseite vor allem auf das Bundesnaturschutzgesetz. "Das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung ist allen gestattet", heißt es darin. Der Nordseestrand unterliege dem Gemeingebrauch. Vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg waren Just und seine Mitstreiterin zuvor gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht wies ihre Berufung zurück.
Was hält die Gemeinde dagegen?
Die Gemeinde argumentiert, sie brauche das Geld für den Betrieb der Strandbäder: Dort hat sie Sanitäranlagen errichtet, Strandkörbe aufgestellt und Kinderspielgeräte gebaut. Die beiden Strände seien künstlich angelegt, sagt Friedo Gerdes, Prokurist bei der Tourismus GmbH. "Daher zieht aus meiner Sicht auch die Argumentation mit dem Naturschutzgesetz nicht." Wenn das Gericht die Gebühr kippe, müssten Tagesgäste in anderer Form einen Kostenbeitrag leisten. (dpa)