Timmendorfer Strand. Jeden Tag am Meer spazieren gehen und dafür auch noch bezahlt werden - für Strandkontrolleur Heubaum ein echter Traumjob. Dafür nimmt er in Kauf, dass nicht alle Gäste begeistert sind, wenn er auftaucht.
Rainer Heubaum wirft einen prüfenden Blick zum Himmel über Timmendorfer Strand: 20 Grad, bewölkt, kein Regen. «Das wird ein entspannter Tag. Bei Hitze sind die Leute aggressiver», sagt er und rückt seine rote Schirmmütze zurecht. Heubaum ist Strandkontrolleur im schleswig-holsteinischen Ostseebad Timmendorfer Strand.
Mit zwei Kollegen überwacht er Sauberkeit und Ordnung am Strand. Und er überprüft, ob alle Strandgäste die Strandbenutzungsgebühr - im Volksmund Kurtaxe genannt - bezahlt haben. «Damit macht man sich nicht nur Freunde, aber so richtigen Ärger mit zahlungsunwilligen Gäste hatte ich noch nie», sagt der 49-Jährige.
Kurz nach 10.00 Uhr beginnt seine Tour an der Grenze zur Nachbargemeinde Scharbeutz. Sieben Kilometer lang ist «sein» Strand, den er von Mai bis September Tag für Tag abzulaufen hat. Obwohl offiziell bereits Hochsaison herrscht, ist die Zahl der Badegäste an diesem Vormittag überschaubar.
Familie Bergman aus Hude in Niedersachsen genießt die letzten Urlaubstage im Strandkorb. Ihren Sonnenschutz haben sie für drei Tage gemietet, wie Mutter Andrea berichtet, während Vater Jens die Kurkarte vorzeigt. Mathias Ernst und seine Tochter Elfie dagegen müssen passen. «Tut mir leid, die habe ich im Hotel vergessen», sagte der Vater, als Heubaum freundlich nach der Kurkarte fragt. «Ich kann sie schnell holen», bietet Mathias an, doch der Strandkontrolleur winkt ab. «Nein, ich glaube Ihnen», entgegnet er.
Drei Euro kostet die Strandbenutzung für Erwachsene, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind frei. Wer ohne gültige Kurkarte am Strand erwischt wird, zahlt das Doppelte. Doch die meisten Strandbesucher zahlten freiwillig, sagt Heubaum.
Aber er hört auch Ausflüchte wie «Das habe ich nicht gewusst» oder «Ich habe die Schilder nicht gesehen» - letzteres klingt angesichts der großformatigen Hinweistafeln an allen Strandzugängen unglaubwürdig. «Vor einigen Tagen hatte ich allerdings einen Schotten, der hatte die Hinweise zwar gesehen, aber nicht verstanden, weil es keine englischsprachigen Tafeln gibt. Nachdem ich ihm erklärt hatte, was es mit der Abgabe auf sich hat, hat er anstandslos bezahlt», erzählt der Kontrolleur schmunzelnd.
Rund 320 000 Euro hat die Gemeinde Timmendorfer Strand nach Auskunft ihres Hauptamtsleiters Martin Scheel 2012 durch die Strandbenutzungsgebühr eingenommen. «Das waren rund 30 000 Euro weniger als veranschlagt. Da hat sich der verregnete Sommer bemerkbar gemacht», sagt er. Zum Vergleich: Im Supersommer 2006 erbrachte die Gebühr 550 000 Euro.
«Die Diskussion um die Kurtaxe ist so alt wie die Kurtaxe selbst», sagt Scheel. «Ohne sie könnten wir Dinge wie die Reinigung und Überwachung des Strandes, den Unterhalt von Toiletten und Strandduschen oder die mehreren tausend kostenlosen Parkplätze nicht finanzieren, die die Gemeinde den Gästen bietet.». Dabei sei es rein rechtlich egal, ob der Gast diese Einrichtungen nutzt oder nicht. Es reiche, dass er die Möglichkeit dazu habe, erläutert Scheel.
Heuberg und seine Kollegen sind bei der Gemeinde angestellt. «Wir bekommen ein Festgehalt, auch wenn viele Gäste denken, wir arbeiteten auf Provisionsbasis», versichert er. Fragt man den 49-Jährigen, welche Voraussetzungen man für die Arbeit als Strandkontrolleur braucht, muss er nicht lange nachdenken. «Kontaktfreude, Selbstbewusstsein und eine gute Kondition - ich mache den Job seit Mai und habe schon drei Kilo abgenommen», sagt er lachend.