Long Beach. Einst war die “Queen Mary“ das modernste Passagierschiff der Welt. Heute beherbergt der Dampfer Hotelgäste. Besonders beliebt: die Kabine der Königin.

Die Betten sind noch nicht gemacht an diesem Morgen in der Kabine der Königin. Trotzdem ist der Besuch willkommen: „Honey“ muss sich eben etwas anziehen, dann zeigt die kräftige Dame mit einer Begeisterung die holzvertäfelte Koje, als wäre es ihre. „In einer normalen Kabine bist du irgendjemand“, flüstert sie. „Aber wenn du eine Erinnerung fürs Leben willst, dann musst du hier schlafen!“ In der Queen’s Suite auf der „Queen Mary“, diesem Ozeandampfer, der einmal der größte, modernste und schnellste der Welt war.

Acht Jahrzehnte liegt die majestätische Jungfernfahrt in diesem Jahr zurück. Und die allerletzte Fahrt schon fünf: So lange liegt der stolze alte Kahn an einem Kai in Kalifornien, einmal Liverpool - Long Beach. Ausgemustert und der 200.000-PS-Maschinen beraubt, weil die Menschen in den 60ern lieber flogen über den großen Teich, weil Schiffsreisen nicht mehr in waren und Kreuzfahrten noch nicht erfunden. Die „Queen Mary“ ist jetzt ein Hotel, mit Kabinen, Kojen und Kombüse sowie drei Schornsteinen auf Deck, die nur noch Attrappen sind – durch sie atmet sie ihre eigene Geschichte.

Die Kennedys und Churchill an Bord

Gern erzählt ist etwa die, wie der Dampfer zu seinem Namen kam. Eine „Victoria“ sollte er eigentlich werden. Doch als die Reederei ihr Ansinnen an den damaligen britischen König George V. herantrug, er möge das Schiff nach „Britanniens größter Königin“ benennen, dankte der höflich im Namen seiner Gattin: Mary. Und wer dann nicht alles an Größen auf ihr fuhr: Clark Gable, Greta Garbo, Audrey Hepburn stehen auf der Passagierliste, Fred Astaire, Liz Taylor, Walt Disney und die Beach Boys. Die Kennedys gingen an Bord, Winston Churchill und Ronald Reagan, in neuerer Zeit Johnny Depp oder Leonardo DiCaprio.

Dabei ist der Ozeanriese selbst ein ganz großer Star: „Wann immer Hollywood ein Schiff braucht“, sagt stolz der Commodore Everette Hoard, der heute in Uniform über sein „Baby“ führt, „hier ist es“. In „Überfall auf die Queen Mary“ spielte es sich selbst, da war es noch in Dienst. In „S.O.S Titanic“ war es zu sehen, in „Pearl Harbor“, oder auch in „Homo Faber“. Mit solchem Glanz schmückt sich der Dampfer gern und nimmt immer noch Anleihen auch bei der königlichen Familie: Derzeit läuft beispielsweise eine Ausstellung über Prinzessin Diana, in der unter anderem die berühmtesten und schönsten Kleider der Verstorbenen gezeigt werden.

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Tatsächlich ist der Dampfer auch ohne solchen Glamour eine Erscheinung: überall seltene Hölzer, Mahagoni, Zeder, Ebenholz mit kunstvollen Intarsien. Auch in den Kabinen ist der Schick der 1920er-Jahre geblieben, die alten Lüftungen tun es nicht mehr, aber ihr Messing glänzt frisch poliert. Nur dunkel ist es hier unten, die schweren Teppiche, die engen Gänge, man muss das mögen.

Grauer Truppentransporter im Zweiten Weltkrieg

Und besser nicht denken an die Teile der Geschichte, die ebenfalls dunkel sind: die von der „Queen Mary“ als grau gestrichener Truppen-Transporter des Zweiten Weltkriegs, als sie Hunderttausende Soldaten an die Fronten brachte und später wieder heim, bis zu 14 in der Zweier-Kabine. Als sie auf einer heiklen Zickzack-Fahrt, angeordnet, weil Hitler persönlich eine Belohnung für ihren Untergang ausgeschrieben hatte, ihr eigenes Beiboot rammte, in zwei Teile teilte und versenkte – über 300 Mann Besatzung kamen uns Leben.

Es heißt, ein wenig dieser Düsternis sei dem alten Schiff geblieben: Es spukt im Schiffsbauch, die Rede geht von einem Seemann und einem Mädchen, nicht einmal echte Geister-Experten konnten der „Queen Mary“ den Spuk austreiben. Wie die Amerikaner aber so sind, haben sie aus der Not ängstlicher Gäste eine Tugend gemacht: Es gibt auf dem Schiff jetzt Führungen im Dämmerlicht. Es geht, pssst!, um die „paranormalen Aktivitäten“ an Bord.