Markt Ebrach. Der höchste, der längste, der neueste, der wackeligste: Es gibt mehr als ein Dutzend Baumwipfelpfade in Deutschland. Ihnen allen gemein ist, dass man sich als Spaziergänger auf ungewohnter Höhe befindet - und eine ganz neue Perspektive auf den Wald bekommt.
Eine ganze Weile geht es auf einem ebenen Wanderweg durch den oberfränkischen Mischwald. Dann zwei kleine Häuschen: der Eintritt zum Baumwipfelpfad Steigerwald. Noch hat man nicht das Gefühl, in großen Höhen zu spazieren - doch der Pfad steigt langsam an. So minimal, dass auch Rollstuhlfahrer, Familien mit Kinderwagen oder Menschen mit Rollator auf dem 1150 Meter langen Pfad gut vorwärts kommen. Höhepunkt ist ein 42 Meter hoher Aussichtsturm.
Der Baumwipfelpfad im Steigerwald ist einer der jüngsten einer ganzen Reihe solcher Wipfelwege, die es in Deutschland gibt. Ein besonders langer Pfad steht in Neuschönau im Bayerischen Wald: Insgesamt 1300 Meter misst der Steg, der auf der Plattform eines Baumturms endet. Aus 44 Metern Höhe kann man dort in Richtung Lusen schauen.
Sich mit den Waldgeistern anfreunden
Ebenfalls im Bayerischen Wald liegt der Waldwipfelweg in St. Englmar, auf dem Kinder und Erwachsene die heimischen Waldgeister ebenso kennenlernen können wie die Vögel, die in Niederbayern beheimatet sind. Von der Aussichtsplattform sieht man über die Höhenzüge des Bayerischen Waldes und die Ebenen des Gäubodens bis zu den Alpen.
Auch im Allgäu gibt es zwei Pfade hoch über dem Waldboden: den Skywalk in Scheidegg und den Baumkronenweg Ziegelwies. Der 540 Meter lange Skywalk ist eine Hängebrückenkonstruktion, die Stahlmasten stehen darin wie die Bäume im umliegenden Wald. Der Baumkronenweg in Ziegelwies überschreitet auf seinen 480 Metern Länge sogar eine Grenze - man geht von Bayern nach Tirol in Österreich.
Urwald mitten in Deutschland
Im waldreichen Hessen spazieren Besucher am Hoherodskopf im Vogelsberg-Mittelgebirge auf Hängebrücken durch den Wald. Am Baumkronenpfad im Nationalpark Kellerwald-Edersee gibt es geführte Touren auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten, etwa am frühen Morgen oder am späten Abend, wenn die Tiere besonders aktiv sind. Der Baumwipfelpfad Schwarzwald in Bad Wildbad ist erreichbar über Wanderwege oder die Sommerbergbahn. Vom 40 Meter hohen Aussichtsturm kann man hier bis in die Schweizer Alpen hinein schauen - und in einer 55 Meter langen Tunnelrutsche zurück auf den Boden gelangen.
"Panarbora" heißt ein Naturerlebnispark rund 50 Kilometer östlich von Köln am Rande des Naturparks Bergisches Land. Hier kann man per App Tiergeräusche hören, außerdem gibt es Geschichten rund um das Waldleben. Den 520 Meter langen Pfad mit 40 Meter hohem Aussichtsturm bietet außerdem die Möglichkeit, in fünf Baumhäusern zu übernachten.
In einem "Urwald mitten in Deutschland" befindet sich, wer über den 546 Meter langen Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich in Thüringen geht, der zum Unesco-Weltnaturerbe gehört. Der Pfad führt in einen Teil des Waldes, der sonst unzugänglich ist. In den Urwaldbaumkronen leben rund 500 verschiedene Käfer- und 560 Großschmetterlingsarten.
Die Mythen im Harz
Auf dem Baumwipfelpfad Harz in Bad Harzburg (Niedersachsen) kann man mit der Hexe Tula nicht nur über den Pfad spazieren, sondern auch Geschichten über die Mythen im Harz erfahren. "Baum und Zeit" wiederum heißt ein Pfad in Beelitz in Brandenburg. Auf einem Gelände, auf dem sich früher Lungenkranke auskurierten, wandern Besucher heute auf der Höhe der Baumkronen und erfahren dabei mehr über die Geschichte des Areals, das etwa 50 Kilometer südlich Berlins liegt.
Deutschlands nördlichster Baumwipfelpfad liegt auf der Insel Rügen - der Aussichtsturm ist einem Adlerhorst nachempfunden. Aus 82 Metern über Seehöhe kann man heimische Seeadler bei ihren Flügen beobachten. Der Pfad hat die Besonderheit, dass man von seiner Lage zwischen dem Kleinen Jasmunder Bodden und der Prorer Wiek drei verschiedene Ökosysteme sehen kann: Wald, Offenland und Feuchtgebiete. (dpa)