Essen. Während Anbieter von Flusskreuzfahrten auf schwere Jahre zurück blicken, konnte sich A-Rosa mit neuen Konzepten behaupten. Jörg Eichler im Gespräch.
Die Anbieter von Flusskreuzfahrten haben harte Jahre hinter sich. Massive Überkapazitäten, rückläufige Buchungen, abgesagte Fahrten in Folge von Hochwasser und beinharte Preiskämpfe um die teilweise stark überalterte Kundschaft. Entgegen der allgemeinen Entwicklung konnte sich hingegen A-Rosa Flusskreuzfahrten dank neuer Konzepte und Investitionen in das eigene Produkt positiv entwickeln. Wir sprachen mit Geschäftsführer Jörg Eichler über das Erfolgsrezept.
Die Hauptsaison steht vor der Tür. Wie wird das Flusskreuzfahrtjahr 2016?
Jörg Eichler: Wir haben zwei überaus erfolgreiche Jahre mit einer Kabinenauslastung von über 90 Prozent hinter uns. In diesem Jahr spüren wir auch, dass es ein Spätbucher-Jahr wird. Trotzdem haben wir bereits 79 Prozent unseres Jahresziels erreicht. Ich denke, unsere Branche zählt insgesamt zu den Profiteuren der schwierigen Gesamtsituation in Europa. Viele etablierte Reiseziele sind aus dem Rennen, wir bieten eine gute und sichere Alternative.
Woran erkennen Sie das?
Eichler: Beispielsweise daran, dass die Reisen, die geografisch am nächsten liegen, auch am besten gebucht sind. Die Abfahrten ab Köln auf dem Rhein sind im Prinzip ausverkauft. Und wir können erkennen, dass das Gesamtkonzept Flusskreuzfahrt als eine sichere Reiseform wahrgenommen wird. Denn selbst im Fahrtgebiet Frankreich liegen wir auf der Rhone bei den Buchungen im Plus.
Ihr Unternehmen hat, wie die gesamte Branche, schwierige Zeiten hinter sich. Vor drei Jahren haben Sie einen Neuanfang eingeleitet, der sich auszuzahlen scheint. Ist es von Vorteil, dass ihre Wettbewerber rund um das Thema Innovation und Produktqualität bislang einen großen Bogen gemacht haben?
Eichler: Klar macht es das in Summe einfacher. Gleichwohl müssen wir uns intern schon immer wieder neu motivieren, weil der Druck von außen fehlt. Aber wir haben einen klaren Fahrplan und wir können erkennen, dass der Plan aufgeht. Daher sind wir sehr zufrieden.
Was genau machen Sie anders?
Eichler: Eine ganze Menge. Wir verramschen beispielsweise keine Restkabinen mehr. Stattdessen investieren wir lieber in unsere Marke, etwa durch die sehr enge Zusammenarbeit mit unserer Botschafterin Yvonne Catterfeld. Die Grundkosten für eine Flusskreuzfahrt sind sehr hoch. Daher kann es keine Strategie sein, den Preis so weit abzusenken, bis die Schiffe voll sind. Bei Preisen von 699 Euro für eine Woche Flusskreuzfahrt verdienen Sie kein Geld mehr.
Inzwischen haben ja viele Anbieter entnervt das Feld geräumt. Diese Marktbereinigung spielt Ihnen doch sicher in die Karten?
Eichler: Keine Frage. Aber die negativen Nachrichten, die damit verbunden waren, haben unserer Branche trotzdem nicht gut getan. Da wurden in wenigen Jahren einfach zu viele schlechte Schlagzeilen produziert. Deilmann pleite, Trans-ocean insolvent, die Tui zieht sich ebenso wie Viking aus dem Markt zurück. Und dann noch die zeitweise Insolvenz von Nicko Cruises im vergangenen Jahr. Ich hoffe inständig, dass dies nun endgültig der Schlusspunkt war.
Als einziger Anbieter setzt A-Rosa konsequent auf eine Verjüngung der Zielgruppe. Wie weit sind Sie schon gekommen?
Eichler: Wir bieten inzwischen eigene Familien-Kabinen und sogar einen eigenen Kids-Club während der Ferien. Dieses Angebot wird extrem gut angenommen. Natürlich ist der prozentuale Anteil immer noch gering, schließlich sprechen wir über lediglich sechs bis acht Familien pro Abfahrt. Aber immerhin haben wir es auf einer Reise schon geschafft, eine Beschwerde über die zu vielen Kinder an Bord zu erhalten (lacht).
Auch beim Gastronomie-Konzept gehen Sie neue Wege. Ihre Reisen werden im Prinzip nur noch als All Inclusive-Reisen verkauft. Warum dieser Schritt?
Eichler: Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden. Wir haben gesehen, dass Tui Cruises mit diesem Konzept sehr erfolgreich ist und es auf unsere Bedürfnisse übertragen. Und es kommt sehr gut an. Daher wird es künftig nur noch diese Verpflegungsvariante geben. Lediglich an bestimmten Terminen und auf ausgewählten Routen bieten wir für Kurzfristbucher „A-Rosa Basic“ an. Dieser Tarif umfasst dann nur Übernachtung und Frühstück, alle weiteren Leistungen können dann flexibel an Bord dazu gebucht werden.
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Welche weiteren Ideen lassen sich denn perspektivisch noch von der Hochseekreuzfahrt übertragen?
Eichler: Im Bereich Themen- und Event-Reisen sehe ich noch gute Ansätze, außerdem wünsche ich mir noch mehr Entertainment-Zonen an Bord. Gleichwohl sind wir bei der „Hardware“ baulich natürlich limitiert. Dafür sind wir bei der „Software“ klar im Vorteil. Schon am zweiten Tag einer Reise werden unsere Gäste üblicherweise vom Personal mit Namen angesprochen. So etwas gibt es auf den Kreuzfahrtschiffen schon lange nicht mehr.
Wo Sie das Thema Hardware ansprechen: Wenn es bei Ihnen so gut läuft, warum gibt es dann eigentlich immer noch keine Bestellungen für neue Schiffe?
Eichler: Wir hatten dieses Thema in der Tat zurückgestellt. Aber Sie haben Recht, die Zeit dafür ist nun reif. Wir sprechen schon bald dazu mit unseren Eigentümern und Banken. Wenn wir grünes Licht erhalten, kann es sehr schnell gehen. Würden wir ein Schiff aus unserer bestehenden Flotte neu in Auftrag geben, würde es theoretisch binnen sechs Monaten ab Bestellung ausgeliefert. Eine Neuentwicklung, die ebenfalls reizvoll wäre, würde zwei bis drei Jahre dauern. Lassen Sie sich überraschen.