An Rhein und Ruhr. Die Unruhen im arabischen Raum lassen Urlauber auf Altbewährtes setzen: Spanien steht noch höher im Kurs als sonst. Tunesien-Buchungen brechen weg.
„24 Prozent der Deutschen wollen in diesem Jahr mehr Reisen unternehmen“ – die Prognose der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) ließ die Branche frohlocken. Doch der erhoffte Ansturm bleibt offenbar aus. Eigentlich ist der Januar einer der buchungsstärksten Monate des Jahres. 2016 ist einiges anders. Die Unruhen in der arabischen Welt mit Terror und Bürgerkrieg, die Flüchtlingskrise und die Unruhen in der Türkei lassen die deutschen Urlauber zögern.
Zu spüren bekommen das vor allem die Länder im östlichen Mittelmeerraum. Die Sorgenkinder der Reisebranche heißen 2016 Ägypten und Tunesien. Vor allem der Tourismus im Ursprungsland des Arabischen Frühlings – Tunesien – bricht dramatisch ein. So groß die Hoffnungen auf eine Vorzeigedemokratie nach westlichem Vorbild und mit ihr florierendem Tourismus und blühender Wirtschaft waren, so niedergeschmettert sind die rosigen Prognosen heute. 39 Touristen starben Ende Juni 2015 bei einem Anschlag am Strand von Sousse – einem der beliebtesten Badeorte der Region. Das wirkt nach. Zahlen gibt es so früh im Jahr noch nicht, dass der Rückgang der Buchungen aber deutlich über 50 Prozent liegen wird, scheint sicher. Die Reiseveranstalter haben reagiert und ihre Kapazitäten im Land deutlich verringert. Leidtragende sind die Menschen vor Ort, viele sind von den Einnahmen durch den Tourismus abhängig.
Hotels auf Mallorca meldeten im Sommer 2015 fast „Vollauslastung“
„Wir erleben eine Verschiebung vom östlichen in den westlichen Mittelmeerraum. Spanien und Portugal sind derzeit beliebte Ziele“, sagt Stefan Suska, Sprecher von Alltours. Der Reisveranstalter aus Düsseldorf hat reagiert und beginnt die Saison auf der Balearen-Insel in diesem Jahr schon im März. „Mallorca hat sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einem Ganzjahresziel entwickelt, die ohnehin schon gute Nachfrage hat weiter angezogen.“
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Gut möglich, dass die Mallorquiner irgendwann die Notbremse ziehen müssen. „Im August 2015 hatten die Hotels dort eine Auslastung von 94 Prozent. Das ist Wahnsinn“, sagt Uwe Wenglikowski, Geschäftsführer von Kozica-Reisen in Essen. An einem verregneten Tag in den Herbstferien wurde die Inselhauptstadt Palma wegen Überfüllung schon am Vormittag geschlossen. Seit 30 Jahren ist Wenglikowski im Geschäft, Krisen habe es immer wieder mal gegeben und einzelne Länder wurden von Reisenden gemieden. Diesmal scheint es aber zudem eine allgemeine Zurückhaltung bei Buchungen zu geben, hat er festgestellt. Dabei hofft die Branche auf gute Zahlen dank der wirtschaftlich stabilen Lage. In Zeiten der Unsicherheit reist der Deutsche eben weniger. Oder aber anders. „Kreuzfahrten gehen im Moment gut. Da scheint das Sicherheitsempfinden der Menschen besonders groß zu sein“, sagt Wenglikowski. Außerdem entscheiden sich viele Urlauber mit schmalem Geldbeutel für eine Reise nach Bulgarien.
Auch die seit Jahren beliebte Türkei zählt jetzt zu den Verlierern
Wo es Gewinner gibt, sind die Verlierer nicht weit. Und zu denen gehört auch die Türkei. Jahrelang wuchsen die Zahlen beständig. Frühbucher-Rabatte waren Ringeltauben. Jetzt gibt es sie wieder – doch ihr Erfolg schlägt nicht durch. „Familien buchen die Türkei im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verhaltener. Aber es gibt viele Stammgäste, die dem Ziel die Treue halten“, sagt Wenglikowski. Bei allen Reiseveranstaltern spricht der Blick in die Zahlen eine eindeutige Sprache. Sie liegen deutlich hinter den Zahlen des Vorjahres. Aber die Zurückhaltung der Kunden gibt es schon seit den Wahlen im November.
Eine wahre Renaissance erlebt dagegen weiterhin der Urlaub „zu Hause“. Kurztrips in der Region, ein paar Tage in Holland oder der Weg an die deutschen Küsten sind bei den Deutschen beliebt – weil Sicherheit an erster Stelle steht.