Essen. Die Terroranschläge der vergangenen Monate haben viele Reisende verunsichert. Für Reisebüros hat eine umfassende Beratung daher oberste Priorität.
Die Terroranschläge von Paris und Tunesien, eine gesprengte Passagiermaschine über Ägypten, eine nicht gelöste Flüchtlingskrise in Deutschland und Europa – Ereignisse, die die 65. Jahrestagung des Deutschen Reiseverbandes (DRV) diese Woche in Lissabon prägten. „Gerade uns als Reisebranche lässt das alles nicht unberührt“, sagt Norbert Fiebig. Der Tourismus basiere schließlich „auf Offenheit, Menschlichkeit und kultureller Neugier“, erläuert der DRV-Präsident. Daher ist sich der 56-jährige auch sicher, dass derlei Anschläge auf „unsere freiheitlichen Werte“ zwar eine Veränderung der Reiseströme, sprich der künftig nachgefragten Zielgebiete haben wird, nicht aber werde sich der Deutsche die Lust am Reisen vermiesen lassen.
Eine Schlüsselrolle komme, so Fiebig, gerade jetzt den Reisebüros zu. Für ihn ist es daher kein Zufall, dass deren Zahl zuletzt wieder gestiegen ist. Eröffneten vergangenes Jahr bereits 100 neue Agenturen, so waren es in diesem Jahr 65. Deutschlandweit können sich Urlauber nun in 9900 Reisebüros beraten lassen. Der Trend zum Onlinebuchen habe sich stattdessen „drastisch abgeschwächt“, so Fiebig. Statt zweistelliger Zuwachsraten legte das Internetgeschäft nur noch um drei Prozent zu – genauso stark wie das Reisebüro. Die meisten Kunden kämen zwar bereits informiert in die Agentur, aber den Wust aus Informationen, vielleicht wichtige geografische Besonderheiten, sicherheitsrelevante Zusatzinformationen direkt aus den Zielgebieten, „das jetzt verständlich rüber zu bringen, all das zeichnet einen guten Berater aus“. Und Fiebig weiter: „Das gibt den Urlaubern ein Stück Sicherheit.“
Erreichbarkeit rund um die Uhr
Diesem steigenden Sicherheitsbedürfnis entgegen steht, was das Bundesverwaltungsgericht in Sachen Arbeitsverbot für Call-Center am Sonntag entschieden hat: „Reisende sind sieben Tage die Woche rund um die Uhr an ihrem Urlaubsort, also muss es auch immer eine professionelle telefonische Erreichbarkeit beim Veranstalter geben“, wettert Fiebig. Notfälle, Anschläge und Naturkatastrophen nähmen schließlich auf den Kalender keine Rücksicht. „Wenn das Verbot wirklich kommt, bleibt gar nichts anderes übrig, als diese Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern.“
Ebenfalls hat der DRV in Portugal einige wichtige Trendzahlen bekannt gegeben: Wie erwartet wächst die Nachfrage nach Kreuzfahrten weiter im zweistelligen Bereich, 80 Prozent aller Schiffsreisen werden dabei im Reisebüro gebucht. Gerade für Neukunden in diesem Segment sei „eine gute Beratung unverzichtbar“, so Fiebig. Dass dies scheinbar gelingt, zeige die 80-prozentige Wiederholerquote bei den Kreuzfahrern. Weil die Reedereien in den nächsten Jahren immer mehr Kabinen auf den Meeren anbieten, geht der DRV davon aus, dass der klassische Badeurlaub an Land unter Druck geraten könnte. „Strandhotels und manche Regionen werden also wegen dieses Trends künftig verlieren“, meint Fiebig.
Mehr als 2500 Euro pro Person
Wahrscheinlich aber nicht die Fernreise: Dieses Segment wächst weiterhin stark, die USA gewannen im abgelaufenen Reisejahr etwa elf Prozent neue Gäste, auch Thailand und die Emirate legen zu. Auch der Trend zu mehr Luxus ist weiter deutlich erkennbar: So gaben acht Prozent mehr Gäste mehr als 2500 Euro pro Person für eine Reise aus.
Auf der Mittelstrecke ist Portugal sehr gefragt, ebenso Griechenland, das spanische Festland, die Balearen und die Kanarischen Inseln. Größter Verlierer ist erwartungsgemäß Tunesien mit einem Minus von 40 Prozent.