Hamburg. Kaum eine Branche ist so mit dem Begriff Luxus verbunden wie die Kreuzfahrtindustrie. Doch wie sieht Luxus an Bord aus?

"Luxus ist immer auch ein abgrenzender Begriff", sagt Karl J. Pojer, Geschäftsführer von Hapag-Lloyd Kreuzfahren in Hamburg. Er weiß, wovon er spricht: Für die Gesellschaft fahren die zwei Schiffe, die weltweit als einzige vom "Berlitz Cruising & Cruise Ships Guide" mit Fünf-Sterne-Plus bewertetet wurden: die "Europa" und die "Europa 2".

Begründet wurde der Mythos "Kreuzfahrt gleich Prachtentfaltung" in den Gründungsjahren der Branche. Bereits das erste reine Kreuzfahrtschiff der Welt, die 1900 gebaute "Prinzessin Victoria Luise" der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) in Hamburg, setzte Maßstäbe. Optisch eine Privatjacht, bot das 122 Meter lange Schiff luxuriös ausgestattete Kabinen, Tea Time sowie Galaabende mit Austern und Champagner in Abendgarderobe - all das blieb Standard für gut 100 Jahre.

Formelle Kleidung zum Dinner,

Gutes Essen und teure Getränke gehören heute immer noch zum Luxus an Bord. Selbst auf der "Sea Cloud", dem eher sportlichen kleinen Traditionssegler von Sea Cloud Cruises in Hamburg, wird dem Gast bei der Ankunft ein Glas Champagner gereicht. Lange gab es auf den meisten Schiffen im Luxussegment bis zu sieben Mahlzeiten am Tag. Die Tendenz ist inzwischen abnehmend.

Zu luxuriösen Kreuzfahrten gehörte lange Zeit formelle Kleidung zum Dinner, jeden zweiten oder dritten Abend auch Abendgarderobe. Heute rufen viele Reedereien das Gegenteil als Luxus aus. So lautet das Motto auf der 2013 in Dienst gestellten "Europa 2" von Hapag Lloyd Kreuzfahrten "21 Knoten und keine Krawatte". Auch auf den Schiffen der französischen Reederei Ponant wird keine formelle Kleidung benötigt. Adressiert wird damit der gestresste Geschäftsmann, der wenigstens im Urlaub den Anzug zu Hause lassen möchte.

3 Crew-Mitglieder für 4 Passagiere

Ein Indiz für Luxus ist auch das Verhältnis von Passagier zu Crew. Das erste Kreuzfahrtschiff "Prinzessin Victoria Luise" erreichte fast die Traumquote 1:1 mit 161 Mann Besatzung für 192 Passagiere. Für Kreuzfahrtschiffe im 5-Sterne-Bereich setzte sie damit für Jahrzehnte Maßstäbe. Hilfreiche Technik verringerte das Verhältnis über die Jahre auf etwa 3 zu 4. Ein Beispiel: Auf der "Seabourn Odyssey" der britisch-amerikanischen Reederei Seabourn Cruise Line und ihren beiden Schwesterschiffen "Sojourn" und "Quest" kümmern sich heute 330 Crewmitglieder um 450 Passagiere.

Luxus auf der Kreuzfahrt

Wegrationalisiert: Auf der
Wegrationalisiert: Auf der "Quantum of the Seas" mixt Roboter N1-C die Drinks. © Royal Caribbean Cruise Line/Roy Riley
Windjammer und Schampus: Auch auf der eher sportlich orientierten
Windjammer und Schampus: Auch auf der eher sportlich orientierten "Sea Cloud II" gehört Champagner zum Begrüßungsritual. © Sea Cloud Cruises
Gutes Essen gehört heute immer noch zum Luxus an Bord. Hochpreisige Schiffe bieten zum Beispiel Sushi-Bars oder auch vegane Gerichte.
Gutes Essen gehört heute immer noch zum Luxus an Bord. Hochpreisige Schiffe bieten zum Beispiel Sushi-Bars oder auch vegane Gerichte. © Hapag-Lloyd-Kreuzfahrten
Luxusziel Antarktis: Auf Fortuna Bay können Kreuzfahrer der
Luxusziel Antarktis: Auf Fortuna Bay können Kreuzfahrer der "MS Fram" Königspinguine aus der Nähe beobachten. © Hurtigruten/Hilde Foss
Luxus für die kleinen Gäste: Auf den vier Dreamlinern der Disney Cruise Line empfängt Goofy die Kinder an Bord.
Luxus für die kleinen Gäste: Auf den vier Dreamlinern der Disney Cruise Line empfängt Goofy die Kinder an Bord. © Disney Cruise Line/Matt Stroshane
Länger Entspannen: Auch auf einem sportlichen Segler wie der
Länger Entspannen: Auch auf einem sportlichen Segler wie der "Sea Cloud" liegt Luxus darin, sich Zeit für den Törn zu nehmen. © Sea Cloud Cruises
Formelle Garderobe oder Abendkleid waren früher ein Muss - heute sehen das viele Reedereien lockerer.
Formelle Garderobe oder Abendkleid waren früher ein Muss - heute sehen das viele Reedereien lockerer. © Cunard
Früher waren die Kabinen klein, heute sind sie für einen 24-Stunden-Aufenthalt geeignet. Die Owner Suite auf der
Früher waren die Kabinen klein, heute sind sie für einen 24-Stunden-Aufenthalt geeignet. Die Owner Suite auf der "Europa 2" bietet beispielsweise Platz auf 99qm, die Veranda ist 15qm groß. © Hapag-Llyod-Kreuzfahrten
21 Knoten und keine Krawatte: Auf der
21 Knoten und keine Krawatte: Auf der "Europa 2" wird Luxus etwas moderner interpretiert. © Hapag-Lloyd Kreuzfahrten
Auf See im Windkanal: Auf der
Auf See im Windkanal: Auf der "Anthem of the Seas" von Royal Caribbean versteht man Luxus vor allem als ungewöhnliche Aktivitäten. © Royal Caribbean Cruise Line/Simon Brooke-Webb
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Zeit zu haben, ist ein weiterer Statusfaktor. Und so wurde die Weltreise auf einem Kreuzfahrtschiff zum Inbegriff von Luxus. Im Durchschnitt dauert eine Weltumrundung per Schiff rund 120 Tage. Der Gast kann aber auch für ein ganzes Jahr an Bord gehen, etwa 2016 bei Hapag-Lloyd für eine Weltumrundung in 337 Tagen. Auch das Reiseziel kann Luxus sein: Die Antarktis ist ein Beispiel. Die "Fram" von Hurtigruten ist mit vier Sternen kategorisiert, bietet aber alles, was ein Naturliebhaber sich wünscht.

Ungewöhnliche Unterhaltung an Bord

Ein Trend zeichnet sich deutlich ab: Für viele Passagiere ist mittlerweile ungewöhnliche Unterhaltung an Bord das Größte. Hier ist die amerikanische Reederei Royal Caribbean Cruise Line mit Sitz in Miami ganz vorne. Auf der "Oasis of the Seas" etwa gibt es den mit 5,4 Metern tiefsten Pool auf See für Tauchlehrgänge und mit 692 Metern die längste Joggingbahn. Wer möchte, kann an Bord der "Anthem of the Seas" im Windkanal Fallschirm springen.

Im vergangenen Jahr buchten nach einer Studie des Deutschen Reiseverbandes (DRV) 1,77 Millionen Deutsche eine Kreuzfahrt. Im Schnitt gaben sie dafür 1530 Euro aus. Im Luxussegment bezahlt man diese Summe nicht selten für einen Tag an Bord. "Der Preis kann ein Indiz für Luxus sein", sagt Pojer. "Aber er allein reicht nicht aus." Das sehen die Passagiere offenbar ähnlich. (dpa)