Cáceres. Cáceres wurde zu Spaniens gastronomischer Hauptstadt 2015 gewählt. Wir haben uns auf kulinarische Reise durch diesen Teil der Extremadura begeben.

Über den Stadtmauern von Cáceres sind reichlich Flugbewegungen zu beobachten. Dabei gibt es in der westspanischen Provinz gar keinen Airport, dafür aber die größte Weißstorch-Kolonie Europas. Auf nahezu jedem mittelalterlichen Turm der seit 1986 zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Altstadt hat Meister Adebar Nester gebaut.

Die etwas mühsame Anreise von Madrid in die 300 Kilometer entfernte Provinzhauptstadt der Extremadura ist allerdings auch für Feinschmecker lohnend. Aufgrund seiner kulinarischen Vielfalt wurde Cáceres zu Spaniens gastronomischer Hauptstadt 2015 gewählt. Bisher hielt sich der Ansturm der Touristen allerdings in Grenzen. Lediglich 600.000 Besucher zählte die Universitätsstadt im vergangenen Jahr. „Sogar viele Spanier wissen nicht, dass Cáceres eine der drei am besten erhaltenen Altstädte Europas besitzt“, bedauert Fremdenführer Marco Mangut. Eine Altstadt mit viel Leben – mehr als 10.000 Studenten genießen es in Cáceres.

Auf den Spuren des legendären Jamón

Gleich um die Ecke befindet sich das gastronomische Aushängeschild der Stadt: das Zwei-Sterne-Restaurant Atrio. Allabendlich verwandelt Chefkoch Tono Pérez Traditionsgerichte der Extremadura in moderne Geschmacksexplosionen. Zumindest als sterneverdächtig gilt Javier Martín, der im neueren Teil von Cáceres ein schickes Bistro-Restaurant betreibt und die gastronomische Hauptstadt mit seinen Kreationen beleben will. Ob Carpaccio vom Ibéricoschwein mit Foie, Getrüffelte Eiercrème mit Blutwurst aus Guadalupe oder Stockfisch à la Cacereña – Martín versteht es meisterhaft, aus regionalen Produkten Gaumenfreuden zu zaubern. Erstaunlich, dass er lediglich 45 Euro für ein Sieben-Gang-Menü berechnet. „Mehr kann man in dieser Region und angesichts der Krise im Land nicht verlangen“, sagt Marco Mangut.

Am nächsten Morgen begeben wir uns auf die Spuren des legendären Jamón. So nennen die Spanier ihren weltberühmten Schinken vom Ibéricoschwein.

Auf Schinken-Safari mit einem Geographen

An der Autobahnausfahrt warten Luis Mariano Cordero und seine Mitarbeiter mit geländetauglichen Autos. Vor ein paar Jahren hat der gelernte Geograph umgesattelt und bietet seitdem Schinken-Safaris an. Zunächst geht’s hinauf ins Bergdorf Montanchez, wo der aromatische Jamón Ibérico produziert wird. Im Reifekeller der Casa Bautista baumeln 4000 Schinken an Seilen. „Von Oktober bis Januar fressen die Schweine in den Wäldern bis zu zehn Kilo Eicheln am Tag, wenn sie im Februar geschlachtet werden, wiegen sie über 100 Kilo und sind etwa 20 Monate alt“, erklärt Betriebsleiter José Luis Moreno. Nachdem die Vorder- und Hinterbeine gesalzen und von einer Maschine geformt werden, beginnt die Lagerung. „Ein Vorderstück bleibt etwa zwei, ein Hinterstück etwa drei Jahre im Keller.“

Es gibt eine Kostprobe: Metzgermeister Juan Mateo Valiente schneidet mit scharfer Klinge hauchzarte Stücke vom Knochen. Der Schinken zergeht auf der Zunge, der Fettrand sorgt für ein echtes Aroma. Die Qualität dieses Jamón Ibérico de Bellota hat natürlich ihren Preis: Für knapp 100 Gramm muss man mindestens zehn Euro hinblättern.

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Luis Mariano Cordero bittet zu den Autos: Nun geht’s wirklich auf die Spuren der Pata Negra, der Schweine mit den schwarzen Klauen. Über holperige Schotterpisten fährt der Jeep tief hinein in die Dehesa. Eine wilde, menschenleere Landschaft mit Millionen von Kork- und Steineichen. Hier ernähren sich die Schweine ausschließlich von frischen Gräsern, Wurzeln, Kräutern – und im Herbst von Eicheln. „In der Extremadura leben mehr Schweine als Menschen“, schmunzelt Cordero.

Römer, Mauren und Kelten

Hirsche, Merinoschafe und Wildpferde säumen den Weg, als plötzlich die Finca El Gamo auftaucht. Vicente Collado wartet dort mit einer deftigen Brotzeit. Es gibt nicht nur luftgetrockneten Jamón, sondern auch Ibérico vom Grill, dazu Käse, Salami, Tomaten, Brot und Wein. Dass der aufgeschnittene Schinken in der Sonne schwitzt, ist kein Problem. „Wenn das Fett schmilzt, ist die Qualität super”, sagt unser Gastgeber.

Ganz in der Nähe wird eine weitere Delikatesse produziert: die Torta del Casar. So heißt ein flüssiger Weichkäse, der aus roher Schafsmilch und mit pflanzlichem Lab von der wilden Artischocke hergestellt wird.

Ein Markenzeichen der Extremadura könnte auch Benjamin Caballero werden. In mehreren Sterne-Restaurants hat er gelernt, nun kocht er in seinem Restaurant Botein in Cáceres selbst auf hohem Niveau und hofft, dass seine Interpretationen traditioneller Gerichte von den Testern des Michelin goutiert werden. Nach einer vor Frucht strotzenden Tomatensuppe als Entrée serviert er ein Ragout vom Zicklein. „Die Extremadura ist kulinarisch wichtiger, als viele glauben. Die Römer, die Mauren und die Kelten waren hier und Napoleon hat sogar Rezepte aus einem Kloster in der Extremadura nach Frankreich mitgenommen“, erzählt uns der ambitionierte Küchenchef.