Zagreb. Das “Museum of Broken Relationship“ hat es sich zur Aufgabe gemacht Relikte zerbrochener Beziehungen zu sammeln. Von der Axt bis zum Intimshampoo.
Im zweiten Raum hängt SIE hoch an der Wand. Ganz am Ende, hinter neun anderen Exponaten. Doch die lässt man links stehen, denn SIE hat besondere Anziehungskraft. Wie magnetisiert strömen die Besucher zu IHR – der sogenannten „EX-AXT“. Kein handliches Hackebeil, sondern ein brachiales Attacke-Teil – mit robustem, langem Holzschaft und scharfer, klotziger Klinge. Daneben, an der Wand, die Geschichte dazu – von einem lesbischen Paar in Berlin: Kaum eingezogen in die gemeinsame Wohnung, sich ewige Treue schwörend, bricht Frau Nummer 1 zur Auslandsreise auf. Wieder zurück, beichtet ihr Frau Nummer 2, sie liebe doch eine andere. Spricht’s und verreist mit dieser neuen Flamme – für 14 Tage. Die sitzen gelassene Frau Nummer 1 kauft sich die Axt und zerlegt täglich ein Möbelstück ihrer Ex, schichtet die Trümmer fein säuberlich auf und schickt die Axt später ans „Museum of Broken Relationships“ – mit dem Hinweis, das Werkzeug habe sich in ihren Händen während der zwei Wochen Gebrauch zum Therapie-Instrument gewandelt.
Dies ist die extremste Geschichte im „Museum of Broken Relationship“, einem unscheinbaren Eckhaus in Zagrebs Altstadt – umstellt von der mit riesigem Landeswappen im Dach verzierten Markus-Kirche, ferner einigen schmucken Regierungsgebäuden und mittags einem Regiment historischer Soldaten, das hier seinen Wachwechsel zelebriert. Drinnen im Museum sind alle Wände weiß, der Epoxidharz-Fußboden ist schmuddelgrau. Mal stehen die Ausstellungsstücke auf ebenfalls weißen Quadern im Funzellicht, mal hängen sie an der Wand oder liegen in Mauernischen. Die Botschaft dieser Farbgebung: Nichts ist mehr übrig von der Liebe, Ehe oder Beziehung.
Mal schräg – mal schmutzig
Weiße Leere – bis auf die Relikte: Bunte Socken, die ein Mann seiner Liebsten mitbrachte und die sie an dem Tag trug, als er Schluss machte. Oder der verheißungsvolle Liebesbrief eines Italieners mit aufgemalter Silhouette seines Heimatlandes und allen Städten, die er ihr zeigen wollte und diese Chance dann doch nicht bekam. Schließlich zwei Teddybären, einziger sichtbarer Liebesbeweis eines chinesischen Paares, das seine Beziehung vor Eltern und Behörden geheim halten musste.
Es gibt wohl kein Museum weltweit, in dem nahezu jeder Besucher alle Beschreibungen der Exponate so aufmerksam liest wie hier. Denn jeder dieser kleinen, an den weißen Wänden aufgeklebten Texte ist eine Einladung an den Voyeur in uns allen, die Chance, wie durch einen offenen Türspalt in eine Beziehung hinein zu linsen. Und es ist immer eine Love-Story – mal schräg, mal schmutzig, tragisch oder tränenrührig. Wie bei dem Jungen, der sich auf der Flucht im jugoslawischen Bürgerkrieg inmitten einer tagelang stehenden Autokolonne in ein Mädchen im Nachbarauto verguckt, ihr seine Lieblings-Musikkassette rüberschiebt, die Angebetete dann aber aus den Augen verliert, weil der Flüchtlingstreck sich plötzlich weiterbewegt.
Wohin mit den Trümmerneiner Beziehung?
Die Idee zum „Museum of Broken Relationships“ hatten Olinka Visitca und Drazen Grubisc, ein kroatisches Künstlerpaar, das sich 2004 trennte und nicht so recht wusste, wohin mit den Trümmern ihrer Beziehung. Zunächst sammelten die beiden noch weitere von Freunden und tourten mit den Exponaten als Ausstellung weltweit durch 20 Städte. In denen dann viele weitere Ehe-Scherben und Liebes-Überbleibsel dazukamen. Nach wie vor bittet das Museum um solche Spenden. „Etwa sechs neue kommen pro Monat aus der ganzen Welt“, erzählt Alen, der heute an der Kasse sitzt. Neben dem Ticketverkauf katalogisiert er gerade ein Hippo-Stofftier, das heute in der Post war.
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Wenn Hippo in der – ständig wechselnden – Ausstellung landet, wird es aber wohl sicherlich nicht so viele neugierige Blicke auf sich ziehen, wie die Stücke in der durch einen geheimnisvoll klimpernden Kristallvorhang abgetrennten Ecke mit dem vielversprechenden Titel „Launen der Lust“. Da sind die riesigen Latex-Brüste zum Umbinden, die ein Mann aus Belgrad seiner Frau mitbrachte, damit sie diese beim Sex trüge um ihn mehr anzutörnen. Immerhin drei Jahre lang tat die Frau das, dann verließ sie ihn – mitsamt Kunstbusen. Da war die Frau aus dem schweizerischen Winterthur mit einem ähnlichen Geschenk ihres Mannes schon konsequenter. Den Mini-Slip aus Bonbons (zum Anknabbern...) trug sie nie.
Besonders schön aber ist es, wenn Relikte einer zerbrochenen Beziehung hinterher kreativ weiterverwendet werden. So wie das vom Ex-Lover stets benutzte Intim-Shampoo. Die Einsenderin schreibt dazu: „Meine Mutter benutzt es jetzt als Glas-Politur – und ist begeistert!“