Essen. Ein Himmel, zwei Welten. Obwohl sie täglich Tausende Menschen befördern, könnten die Konzepte von Ryanair und Lufthansa nicht unterschiedlicher sein.

LUFTHANSA

Frankfurt Flughafen, Wartungshalle V. Eine der größten Hallen dieser Art weltweit. Platz für sechs Jumbos gleichzeitig. Die Gruppe Journalisten und Fotografen, die auf Hannelore Kraft und Carsten Spohr wartet, fühlt sich winzig. 30 Minuten sind der Lufthansa-Chef mit Wurzeln in Wanne-Eickel und die Ministerpräsidentin überfällig, um die neue Boeing 747-8 mit dem Namen „Nordrhein-Westfalen“ zu inspizieren. Die Namensurkunden wurden vorher schon in kleiner Runde unterzeichnet. Die Menge der gereichten Lachs- und mit Filet belegten Schnittchen hätte gereicht, um sich drei Mal satt zu essen.

Dann kommen sie. Spohr in der silbernen S-Klasse. Kraft im A-8. Alle mit Chauffeur versteht sich. Alle im feinen Zwirn. Ein echter Auftritt eben.

Dann die Pressekonferenz in der ersten Klasse des 240 Millionen Euro teuren Flugzeugs. Hannelore Kraft sagt, das Flugzeug habe „viel von dem, was für uns in NRW wichtig ist“. Sie meint damit die heimische Hightech-Branche, denn die 747-8 ist eines der modernsten Flugzeuge weltweit. Es macht Mobilität ein Stück nachhaltiger. Und so sei es „ein guter Botschafter für unser Land“, so die Politikerin.

Weniger Geschäftskunden

Die Pressekonferenz dauert knapp zehn Minuten, dann bricht Kraft in ihrer mitunter herrischen Art ab. Noch ein paar Fotos, dann fährt sie los – und die Gruppe Journalisten sitzt wenig später im Flieger zurück nach Düsseldorf.

Die Aktion steht sinnbildlich für die Welt der Lufthansa: Ein alltägliches Transportmittel muss mit einem höheren Sinn aufgeladen sein. Der Kranich ist vom Selbstverständnis her kein Wappen, sondern ein Botschafter, der Namen wie NRW mit sich in die große weite Welt trägt.

Keine Frage. Die Welt der Lufthansa ist groß: 117.000 Mitarbeiter, 30 Milliarden Euro Umsatz, 313 Millionen Euro Gewinn, 106 Millionen beförderte Passagiere 2014, 668 Flugzeuge am Himmel, 235 nationale und internationale Ziele. Durchschnittlich kostet ein Ticket etwas über 200 Euro – inklusive Kerosinzuschlag. Billiger geht’s kaum.

Doch die Welt der Lufthansa ist im 60. Jahr der Firmengeschichte im Umbruch. Nur noch 25 Prozent der Gäste sind Geschäftskunden. Der Habitus der Marke aber ist tief verwurzelt mit dem Klischee des vielfliegenden Managers. Ein Kurs, den Spohr korrigiert. Unter ihm setzt Lufthansa seit kurzem verstärkt auf touristische Ziele. Der deutsche und europäische Verkehr wurde an Germanwings übertragen. Und für die touristische Langstrecke steht eine neue Eurowings in den Startlöchern.

Fazit: Alter Anspruch und neue Wirklichkeit müssen erst noch zusammen wachsen.

RYANAIR 

Flughafen Weeze, Konferenzraum Goch. Gut ein Dutzend Journalisten und Fotografen sind zur Pressekonferenz von Ryanair gekommen. Es gibt Filterkaffee aus der Thermokanne oder Wasser. Belegte Brötchen sucht man vergeblich. Das Low-Cost-Prinzip des irischen Billigfliegers wird auch hier konsequent durchgezogen.

Michael O`Leary, Chef von Ryanair und ein Entertainer vor dem Herren, lässt nicht auf sich warten – er ist als einer der ersten da. Lässig gekleidet in Jeans, Pullover und schwarzen Schuhen mit Klettverschluss drückt er aufs Tempo. Die Pressekonferenz beginnt pünktlich auf die Minute.

Forderung nach Stehplätzen

Mit dem, was O`Leary zu sagen hat, ist er schnell fertig. Das abgelaufene Jahr sei wieder einmal ein sehr gutes gewesen. Aus nicht einmal sechs Milliarden Euro Umsatz werde die Airline mit 305 Flugzeugen bis März 770 Millionen Euro Gewinn abschöpfen – 40 Prozent mehr als im vorherigen Geschäftsjahr, mehr als doppelt so viel Gewinn wie Lufthansa. Auf Europas größte Fluglinie und deren neue Billigtarife auf der Langstrecke angesprochen, kann sich der Manager ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Wissen Sie“, sagt O`Leary, „günstig wird das nicht.“

„Kann es gar nicht“, so O`Leary weiter. „Selbst wenn es anfangs ein paar Euro billiger ist, wird das beim nächsten Tarifstreik aufgefressen.“

Keine Frage: Wenn einer weiß, wie man Passagiere günstig von A nach B bringt, dann der Ire, der in der Vergangenheit mit verrückten Ideen wie der Forderung nach Stehplätzen oder einer Toiletten-Gebühr nach vorne preschte. Dabei: „Es ist doch besser einen Euro für die Toilette zu bezahlen als 50, 100 oder noch mehr Kerosinzuschlag.“

Tatsächlich hat Ryanair, das 2015 30 Jahre alt wird, die auch von Verbraucherschützern kritisierte Gebühr noch nie erhoben. Trotzdem liegt der durchschnittliche Ticketpreis bei nur 46 Euro.

Keine Pilotengewerkschaft

Damit solche Preis zustande kommen, ist Effizienz alles. Kein Vielfliegerprogramm, keine Lounges und Flughäfen oft außerhalb der Metropolen. Keine Pilotengewerkschaft, keine langen Standzeiten, keine Sponsoring-Aktivitäten, dafür verkaufte Werbung in der Kabine. O`Leary fährt nicht mit der S-Klasse zum Anschlusstermin nach Frankfurt-Hahn, sondern mit einem Leihwagen. Ohne Chauffeur.

Ob Weeze von der Strategie profitiert, bleibt abzuwarten. Denn trotz grundsätzlichem Treuebekenntnis hat Ryanair zuletzt Strecken abgebaut. Zwei Millionen Passagiere sollen 2015 befördert werden. Es waren schon mal drei Millionen.

Fazit: Ryanair ist erwachsen geworden. Auch Geschäftskunden passen ins Konzept. Der Kurs muss nur leicht korrigiert werden.