Lennestadt. Mammuts und Elefanten in der Manege - die Ausstellung in Lennestadt ist ein Geheimtipp für Familien. Warum sie auch zum Denken anregt.
Die Kinder rennen natürlich als erstes zum Mammut. Dass ein Lebewesen so groß sein kann? Und dann die langen Hörner! An die vier Meter hoch ist die Nachbildung eines eiszeitlichen Rüsseltieres, das in der neuen Jahresausstellung im Galileo-Park in Lennestadt-Meggen zu sehen ist. „Elefanten: Wildtiere und Naturikonen“ beleuchtet nicht nur 60 Millionen Jahre Geschichte der größten Landsäugetiere, das Mammut ist ein Vorfahr, sondern vor allem die Beziehung zwischen Menschen und Elefanten. Die Ausstellung wurde vom Naturkundemuseum Ottoneum in Kassel konzipiert, wo sie vor einem Jahr mit großem Erfolg gelaufen ist.
„Kein Tier tut so etwas freiwillig“, kommentiert Georg Maag empört beim Blick auf die Zirkusmanege. Dort versucht eine Elefantenreplik, sich auf den Kopf zu stellen. Maag ist der technische Leiter des Galileo-Parks, er musste ein Schild mit der Aufschrift „Quälerei“ in die Manege stellen, da es Besucher gibt, die solche Kunststückchen sogar bewundern. Das Ausstellungsteam um Prof. Dr. Kai Füldner, der Direktor des Ottoneums, legt viel Wert auf die Vermittlung des Widerspruchs im menschlichen Umgang mit den faszinierenden Dickhäutern. Einerseits werden sie bis heute im Sinne des Wortes vergöttert, Ganesha, der Gott mit dem Elefantenkopf, ist in Indien allgegenwärtig; in Filmen, in der Populärkultur und im Tourismus spielen die Geschöpfe eine große Rolle. Andererseits werden sie gequält und gebrochen, damit sie als Arbeits- oder Tempel- oder Zirkuselefant ausgebeutet werden können. Die Jagd nach ihren Stoßzähnen, dem Elfenbein, führt neben dem Klimawandel dazu, dass sie akut vom Aussterben bedroht sind.
Diese Kapitel und weitere, wie Hannibals Kriegszug über die Alpen, beleuchtet das Museum in ansprechend gestalteten Rauminstallationen. Darunter ist unter anderem das Arbeitszimmer eines Mannes, den nur Eingeweihte mit Elefanten in Verbindung bringen. Johann Wolfgang von Goethe, Dichter und Naturforscher. Zu den bedeutenden Sammlungsobjekten des Ottoneums gehört der sogenannte Goethe-Elefant, ein indischer Elefant, der seit 1773 in der Menagerie des Landgrafen Friedrichs II. in Kassel lebte und dort 1780 bei einem Unfall starb. Das über 200 Jahre alte Knochengerüst gehört zu den ersten Skeletten von Großsäugern, die präpariert wurden. Goethe lieh sich den Schädel aus und betrieb daran Studien zum Zwischenkieferknochen.
Die Ausstellung präsentiert nicht nur eine Replik des kleinen Elefanten, sondern eine Nachbildung des Schädels aus dem 3-D-Drucker. „Das Skelett des Goethe-Elefanten ist eines der wichtigen Exponate im Naturkundemuseum Kassel“, sagt Prof. Füldner. „Das war einer der Aufhänger, um das Thema Elefanten aufzugreifen. Wir wollten ja auch lokale Bezüge haben.“ Zumal sich am Beispiel des Goethe-Elefanten ebenfalls das Thema Mensch und Elefant gut untersuchen lässt. Exotische Tiere waren bei den Fürsten der damaligen Zeit hoch begehrt für die sogenannten Kuriositätenkabinette. Artgerechte Haltung kannte man nicht. Die Kasseler wollten den kleinen Jungelefanten unbedingt in der Oper einsetzen, das scheint Zeitzeugenberichten zufolge nicht gut funktioniert zu haben. Folglich wurde er als Arbeitstier im Auepark verwendet, wo er 1780 starb, als er bei einem Unfall den Abhang der Karlsaue hinabstürzte.
An jedem Stück Elfenbein klebt Blut
„An jedem noch so kleinen Stück Elfenbein klebt Blut“, mahnt die Ausstellung eindringlich. Während in Europa die Stoßzähne angeblich nicht mehr für Instrumentenbau, Schachspiele, Klaviertasten oder Kunstschnitzereien verwendet werden, besteht in Asien weiterhin eine riesige Nachfrage nach Artefakten aus Elfenbein. 20.000 bis 30.00 Elefanten werden demnach jährlich nur wegen ihrer Stoßzähne getötet. Erst 2020 wurden in Deutschland 1,2 Tonnen frisch gewildertes Elfenbein beschlagnahmt; der Kilopreis beträgt bis zu 1000 Euro. Aber auch der Klimawandel bedroht das Überleben der Elefanten, dazu kommt die zunehmende Zersiedlung und Umwandlung von Wildnisflächen für den Ackerbau. Diese Faktoren werden dazu führen, dass Elefanten in wenigen Jahrzehnten ausgestorben sind, sofern keine Trendwende kommt, so die Ausstellungsmacher.
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Doch der Klimawandel ist nicht nur eine Gefahr. Umgekehrt können die Rüsseltiere vielleicht sogar dem Menschen dabei helfen, die Veränderungen durch die Erderwärmung zu meistern. Unter dem Titel Mammuts for Future weist die Ausstellung auf neueste Forschungen hin. Ein US-amerikanisches Wissenschaftlerteam will das seit Jahrtausenden ausgestorbene Mammut klonen und mithilfe der Eiszeittiere das Auftauen der Permafrostböden verhindern.
Ausstellung: Elefanten: Wildtiere und Naturikonen. Bis 17. November im Galileopark in Lennestadt-Meggen. Begleitend ist die Schau „Animal Actors“ über tierische Stars in Film und TV mit digitalen Mitmachangeboten zu sehen. Für Kinder gibt es eine Malstation, und sie können bei einer Rallye einen Forscherpass erwerben. Der Galileo-Park erarbeitet derzeit auch einen Podcast mit Prof. Dr. Kai Füldner zu den Themen der Ausstellung. www.galileo-park.de