Dortmund. Jedes Jahr ein Bahnsteig: Der Dortmunder Hauptbahnhof wird endlich saniert. Das soll 130 Millionen Euro kosten. Derzeit ist Gleis 18 ein Loch.

Von Gleis 18 fährt der ICE nach München, auch der Regionalexpress nach Hamm – aber derzeit fährt da gar nichts. Gleis 18 ist weg, gewissermaßen: entgleist. Wo der Bahnsteig war, ist jetzt ein Loch. Aus dem Neues wachsen soll: Der Dortmunder Hauptbahnhof wird renoviert.

Die Waffelbude ist nicht mehr, die Fischbude auch nicht, und die „Pommesbude mit Gleisanschluss“, als die dieser Bahnhof seit Jahren verspottet wurde, gab es gefühlt noch nie. Die Händler im Tunnel mussten den Bautrupps weichen; es ist noch düsterer geworden unter den Gleisen. Gelbe Baken warnen vor Rutschgefahr, in einem aufgebrochenen Stück rotweißer Fliesen steckt ein Bauarbeiter, zwischen Bauschildern erinnern ein paar braune Kacheln an die 70er-Jahre. Diesen Bahnhof zu verschönern, war schon länger nötig, ist aber gar nicht das vorderste Ziel: Hier wird modernisiert, barrierefrei umgebaut, und ganz nebenbei wird alles „höher, breiter, heller“, verspricht Bahnhofsmanager Jörg Seelmeyer.

Hilfen für Geh- und Sehbehinderte

Kein Zug nach nirgendwo: Gleis 18 und 20 sind für ein Jahr nicht zu gebrauchen.
Kein Zug nach nirgendwo: Gleis 18 und 20 sind für ein Jahr nicht zu gebrauchen. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Die Bahnsteige 7 und 8 sind schon fast fertig, „einmal alles neu“, sagt Seelmeyer. Neue Dächer, neuer Boden, teflonbeschichtet, damit das Kaugummi nicht klebt. „Taktile Leitstreifen“, „Noppelplatten“, neue Scheiben vor den Zuglauf-Anzeigen und Blindenschrift auf den Geländern („Personenunterführung“, „Ausgang City“) sollen sehbehinderten, doppelte Handläufe, 14 neue Fahrtreppen und sieben neue Aufzüge gehbehinderten Menschen helfen. Das ist alles immer noch grau, aber es ist neues, frisch gestrichenes Grau.

Dieser Verkehrsknoten einer der größten und wichtigsten in Deutschland, unter 150 anderen in Nordrhein-Westfalen, die bis 2023 aufgehübscht werden – nur dauert es hier bis 2024, mindestens. Das kommt, weil sie in Dortmund „unter rollendem Rad“ arbeiten, wie die Bahner sagen: Kein Tag soll vergehen ohne Zug. Und das bei 1000 Fahrten und 100.000 Fahrgästen. „Wir wollen kein Nadelöhr sein“, sagt Seelmeyer.

Umbau soll mindestens 130 Millionen Euro kosten

Noch liegt der Umbau im Plan, der Mann vom Kampfmittelräumdienst schaut zwar jeder Baggerschaufel hinterher, noch aber haben sie hier keine Weltkriegsbomben gefunden – dabei graben sie seit 2018. Wenn alles glattgeht, soll die Maßnahme auch kostenmäßig nicht noch größer werden: 130 Millionen Euro sind veranschlagt, „zunächst“, das kleine Wörtchen versteckt Bahnhofsmanager Seelmeyer vorsichtig mitten im Satz.

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Gerade stehen vier Bagger im schwarzen Schotter, wo sonst Züge fahren, einer so tief, dass er vom Nachbargleis aus nicht mehr zu sehen ist. Ganze Mauerbrocken brechen sie aus dem Boden, stapelweise lagern die Zementsäcke, an der Oberleitung weht Absperrband, es riecht angebrannt. An Gleis 21 soll ein Zug einfahren, allerdings: Er fährt nach nirgendwo, die Ansage ist nicht zu verstehen. Ein riesiger Bohrer bohrt, die Arbeiter halten sich die Ohren zu. Gleis 16 nebenan bebt.

Jörg Seelmeyer zeigt auf den noch nicht erneuerten Boden: „Flickstücke, nicht alles aus einem Guss.“ Das soll sich nun ändern, sie verbauen hier das Neueste vom Neuesten, nicht nur bei der LED-Technik, das erklärt den Preis. „Normalerweise“ kostet so ein Bahnsteig drei, vier Millionen Euro, wie teuer diese werden, bis zu 416 Meter lang, wissen sie noch gar nicht; es rechnet ja keiner pro Bahnsteigkante aus.

„Vernünftiges Ambiente“ im Fußgänger-Tunnel

Elf von 130 Weichen werden bis zum 3. August erneuert.
Elf von 130 Weichen werden bis zum 3. August erneuert. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

„Vernünftiges Ambiente“ jedenfalls soll es geben, etwas Farbe auch, wenigstens im Tunnel und dort auch mehr Raum: „Platz schaffen und Ruhe reinbringen“ will Seelmeyer. Der Tunnel wird bis zu fünf Meter breiter, stellenweise auch etwas höher. Allein, man kann die Gleise nicht anheben, die Brücken haben jenseits von 2,50 Meter keine Luft mehr nach oben. In der Mitte stehen die gläsernen Aufzüge, das kennt der Reisende längst aus Duisburg und Oberhausen, so weit ist Dortmund noch hinterher.

Nun aber wollen sie endlich voranmachen, jedes Jahr ein Bahnsteig, Gleis 18 soll im nächsten wieder stehen. Gerade erneuern sie, ganz nebenbei, auch elf von 130 Weichen, Schotter raus, neue Heizungen rein, allein das kostet 2,6 Millionen und stört 1300 Zugfahrten noch bis zum 3. August. Deshalb ist auch an Gleis 16 nicht alles wie immer: Der RE3 über Scharnhorst nach Hamm „fällt heute aus“.

INFO: GLEISÄNDERUNGEN, ABER DER FAHRPLAN BLEIBT

Der Fahrplan der Deutschen Bahn soll sich wegen der Bauarbeiten in Dortmund nicht ändern, man arbeitet „unter rollendem Rad“, also bei laufendem Betrieb.

Einzig Gleisänderungen müssen vorgenommen werden. Darüber informieren Aushänge, Durchsagen und www.bahn.de.