Düsseldorf. Seit gut einem Jahr gibt es Waffenverbotszonen in Düsseldorf und Köln. Zeigen sie Wirkung? Und gibt es bald mehr davon? Eine erste Bilanz.
Manche Städte in Deutschland wollen sie einführen, andere haben beschlossen, sie schon wieder abzuschaffen: Helfen Waffenverbotszonen überhaupt im Kampf gegen steigende Kriminalität? In NRW gibt es auf diese Frage gut ein Jahr nach Einführung der Zonen in Köln und Düsseldorf erste Antworten auf diese Frage.
Erst haben sie mehr Licht installiert in der Düsseldorfer Altstadt, dann eine Videoüberwachung. Trotzdem kam es im größten Ausgehviertel der Landeshauptstadt im Oktober 2021 zu mehreren Auseinandersetzungen, bei denen ein junger Mann schwer, ein anderer sogar tödlich verletzt wurde. Auch in Köln kam es fast zeitgleich zu ähnlichen Vorfällen. In beiden Städten wurden deshalb damals kurz vor Weihnachten dauerhafte Waffenverbotszonen eingerichtet.
Es drohen 10.000 Euro Strafe
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Dort dürfen seitdem jeden Freitag- und Samstagabend ab 18 Uhr bis jeweils zum nächsten Morgen, vor und an Feiertagen und an Karneval weder Elektroschocker noch Messer mit einer Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern, Reizgas oder Pfefferspray mitgeführt werden. Schusswaffen sind natürlich ohnehin verboten. Und selbstverständlich – nur damit man das mal gesagt hat – darf man die meisten dieser Waffen auch außerhalb einer Verbotszone nicht mit sich führen. Bei Verstößen drohen bis zu 10.000 Euro Bußgeld. In der Praxis allerdings dürften sich die Summen bei erstmals Ertappten eher im dreistelligen Bereich einpendeln, wie Streifenbeamte aus Erfahrung und vertraulich erzählen.
Der Vorteil in der Einführung solcher Zonen liegt darin, dass die Polizei dort anlasslos kontrollieren darf. Und das hat sie im vergangenen Jahr 17.191-mal auch gemacht und dabei 349 Messer und andere Waffen sichergestellt – 231 in Düsseldorf, 118 in Köln. Darunter waren, zählt Innenminister Herbert Reul (CDU) in der ersten Bilanz auf, Butterflymesser, Dolche, Einhandmesser, Springmesser, Taschenmesser, Reizstoffsprühgeräte, Schlagstöcke sowie Teleskopschlagstöcke, Totschläger, Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen.
„Kriminalitätsbekämpfung ist immer ein Marathon“
In der Altstadt wurden bis Ende November 2022 exakt 139 Ordnungswidrigkeiten aufgrund des Verstoßes gegen die Waffenverbotszonenverordnung angezeigt. Die Kölner Polizei meldete 56 angezeigte Verstöße. Die nordrhein-westfälische Polizei sprach insgesamt 5997 Platzverweise aus. 744 Personen wurden in Zusammenhang mit den Waffenverbotszonen in Gewahrsam genommen.
Insgesamt zieht der Minister eine positive Bilanz. Natürlich löse man damit nicht alle Probleme auf einen Schlag. Aber man habe schon Wirkung erzeugt und die Aufmerksamkeit für das Thema sei größer geworden ist. „Kriminalitätsbekämpfung ist immer ein Marathon“, so Reul.
Jedes eingezogene Messer zählt
Aber nur knapp 350 Funde bei mehr als 17.000 Kontrollen? „Das klingt erst einmal wenig“, räumt Michael Mertens, Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen, ein. Aber, sagt er auch, „jede Sicherstellung bedeutet eine gefährliche Waffe weniger in der Öffentlichkeit“. Das sieht Reul ganz ähnlich. „Jede Waffe, jedes Messer, das wir aus dem Verkehr ziehen, nimmt etwas kriminelle Energie von der Straße und verletzt keine Menschen mehr.“
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Und jede Kontrolle, ergänzt Mertens, sei ja auch ein Signal. „Wenn man hört, dass da jemand erwischt wird und was dann auf denjenigen zukommt, überlegt man vielleicht noch einmal, ob man sein Messer mitnimmt, wenn man los geht.“ Die Waffenverbotszonen, schlussfolgert Minister Reul jedenfalls, leisteten einen „Beitrag zur Sicherheit unserer Innenstädte“. So eine Zone alleine, schüttet Mertens dann doch etwas Wasser in den Wein, „reicht aber nicht. Es muss auch den nötigen Kontrolldruck geben. Das eine geht nicht ohne das andere.“
Interesse in anderen Städten steigt
Manchmal reicht selbst beides nicht. In Leipzig wurde beschlossen, eine bereits 2018, allerdings unter anderen Rahmenbedingungen, eingerichtete Waffenverbotszone wieder abzuschaffen und stattdessen eine neue Polizeiwache im Stadtbezirk zu eröffnen. Die Auswertung der Daten habe gezeigt, dass viele Anwohner sich durch die Waffenverbotszone nicht sicherer gefühlt hätten.
In NRW könnte die Zahl solcher Zonen dennoch steigen. Es habe „Interessenbekundungen“ gegeben, bestätigt das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste des Landes Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW). „Konkrete Anträge seitens der örtlich zuständigen Kreispolizeibehörden liegen jedoch zurzeit noch nicht vor.“
Polizei setzt auch auf Prävention
Mancher Wunsch könnte ohnehin abschlägig beschieden werden. Gerichtsfest einrichten lassen sich die Zonen nur an Orten, an denen sich in der Vergangenheit wiederholt „Straftaten unter der Verwendung von Waffen“ ereignet haben und auch in der Zukunft mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist.
Das sei kein Instrument, das man inflationär einsetzen sollte, sagte Reul bei der Einführung in Düsseldorf. Verstehen kann er ohnehin nicht, dass sich jemand zur Party ein Messer in die Tasche steckt. „Zum Feiern braucht man das nicht.“
„Wir müssen viel früher ansetzen und Prävention betreiben“, findet auch Mertens. Zum Beispiel, indem man jungen Leuten klar mache, dass ein Messer – so leicht es auch zu bekommen ist – kein Spielzeug sei. „Es ist“, warnt Mertens, „eine tödliche Waffe.“