Die Spargelsaison läuft auf Hochtouren. Doch die Ernte ist harte Arbeit – bis Ende Juni schlagartig Schluss ist. Wieso eigentlich?
Der März muss es jedes Jahr bringen. Die Tage werden langsam länger, die Luft wird vorsichtig wärmer; und dazu kommen natürlich noch ein paar handgemachte Tricks, Stichwort „Folienzauber“, die Landwirte wie Johannes Miermann aus Kirchhellen anwenden, damit der Spargel wächst. Und das nicht nur für Veronika.
Wir sagen nur: weiße Folie, schwarze Folie, durchsichtige Folie, gewusst wie, mollig warm – und so können die Spargelbauern dem Jahr heutzutage vier Wochen zusätzliche Saison abgewinnen. Inzwischen steht ja fest: Der März 2019 hat geliefert, der Spargel sozusagen den Durchbruch geschafft.
2017 war zu kalt und zu nass für frühen Spargel
„Wenn ich Anfang April Geburtstag habe, haben wir fast immer frischen Spargel“, sagt Miermann (58). 2017 aber nicht. Das war zu nass und zu kalt. Von wegen Folienzauber. Was nur beweist: Auch wenn Bauern dem Spargel Beine zu machen versuchen, hängt der Erfolg letztlich am Wetter.
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Gut. Und so kommt es nun, dass am Rande eines Spargelfeldes in Raesfeld ein Ford Transit mit offenen Türen steht, darin liegen Wasserflaschen und Arbeitsklamotten, die erkennbar dreckig werden können: Sie sind es schon. Der Erntehelfer Petru Vagner ist bereits auf dem Feld, Vasile, Mihai, Bogdan und die anderen kommen erst noch.
„Inzwischen kommen mehr Rumänen und Ukrainer“
Erkennen Sie an dieser Stelle, dass sich in den Vornamen von Spargelstechern der Fortschritt in Mittel- und Osteuropa spiegelt? „Der Wohlstand in Polen ist auch gestiegen“, sagt Miermann: „Inzwischen kommen mehr Rumänen und Ukrainer.“ Gute Leute, beschreibt er sie, sprechen kaum ein Wort Deutsch, „aber wissen, wie es geht, und das sehr gut“.
25 Stunden sitzen sie im Bus aus Iasi, der Heimatstadt in der schönen Gegend Moldau. 25 Stunden auf dem Weg zu sehr anstrengender Arbeit. Dieser: Vagner geht gerade wieder zwei Schritte, beugt sich über den Spargeldamm, pult den Sandboden weg um die Spargelstange. Schneidet sie ab mit dem Spargelstechmesser, richtet sich auf, legt sie in die Kiste in der Handkarre hinter sich, beugt sich vor, stellt den Spargeldamm wieder her mit der Glättkelle, richtet sich auf, geht zwei Schritte, beugt sich vor, pult den Sandboden ...
Eine Maschine wäscht und bürstet den Spargel
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Stunden um Stunden, jeden Tag, bei Regen und Sonnenschein. Dann „müssen wir arbeiten wie Mähdrescher“, sagt Vagner. Verglichen mit rumänischen Einkommen, lohnt es sich jedoch: deutschen Mindestlohn plus Zulage bekommt er als Vorarbeiter. Der 59-jährige weiß aber auch: „Fertig Saison, nach Hause.“
Soweit sind wir aber noch lange nicht. Den frisch geernteten Spargel fahren die Männer noch am gleichen Tag zum Hof, dort kommt er kurz in kaltes Wasser, das ist so eine Art Vorwaschgang.
Eine Maschine wäscht und bürstet den Spargel dann noch richtig, bevor Helferinnen ihn sortieren – gern auch Rumäninnen. Sie schauen auf die Qualität, auf Stangenstärke, auf geschlossene oder aufgesprungene und verfärbte Köpfe. Und der Rest heißt: Hofladen.
„Drei intensive Monate,aber dann hat man auch genug“
Sieben Hektar bewirtschaften Angelika und Johannes Miermann, das ist vergleichsweise nicht viel. Schweine züchten sie noch, gewinnen Biogas, betreiben eine Scheune mit saisonaler Küche – Sie ahnen schon, was es dort im Frühjahr gibt. Und doch bringt das Saisonprodukt Spargel dem Hof 30 Prozent des gesamten Umsatzes.
„Er ist halt immer noch etwas Besonderes“, sagt der 58-Jährige: „Ein Kilo Spargel kostet vielleicht acht bis zehn Euro. Was kostet ein Kilo Blumenkohl?“ Nein, keine Frage, er freut sich auf die Saison, „das sind drei ganz intensive Monate, aber danach hat man auch genug von der Spargelsaison“.
Pflanze muss sich bis zum Frühjahr erholen
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„Fertig Saison“, um an dieser Stelle nochmals Petru Vagner zu zitieren, fertig Saison ist in jedem Jahr am 24. Juni. Johannistag, aber unter Kennern kann man auch „Spargelsilvester“ dazu sagen.
Die Landwirte könnten die unterirdischen Spargelpflanzen zwar noch etwas länger beernten lassen, aber dann kämen sie nicht mehr zu Kräften bis zum nächsten Frühjahr. Und was soll dann an Johannes Miermanns Geburtstag auf den Tisch kommen? Hm? Blumenkohl vielleicht? Scherz.