Rüttenscheid. .

Fast zärtlich berührt Marcus Strelow jede einzelne Kaffeebohne mit der Hand, prüft sie auf ihre Konsistenz und sortiert aus, was nicht perfekt ist: „Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“, sagt er und lacht. Hinter ihm, in der 50 Jahre alten Röstmaschine, werden gerade Bohnen aus Guatemala bei schonenden 220 Grad mittels Heißluft geröstet. Knapp 20 Minuten dauert das Bohnenballett in der Maschine, dann lässt sie Strelow mit einer Handbewegung auf ein rundes Lochsieb rauschen – und sofort durchströmt das herrliche Aroma von frisch geröstetem Kaffee das kleine Ladenlokal der Rösterei Rubens in der Emmastraße. Dort widmet sich der studierte Geograph seit 1998 der hohen Kunst des Kaffeeröstens.

Die hat er Laufe der vergangenen 18 Jahren fast perfektioniert. Denn, so Strelow: „Kaffee richtig zu rösten, ist eine Frage des Gefühls und der Erfahrung.“ Die Bohne muss während des Röstvorgangs richtig beurteilt werden – und zwar nach ihrer Farbe. Sie darf nicht zu dunkelbraun sein, aber auch nicht zu hell. Entscheidend ist auch, aus welchem Anbaugebiet sie kommt: Espressobohnen aus Costa Rica brauchen eine andere Zeit als wild wachsende Bohnen aus dem äthiopischen Regenwald. „Die Sorten sind so unverwechselbar wie die Anbaugebiete. Und jedes Jahr, jede Ernte bringt eine andere Geschmacksrichtung“, erklärt Strelow.

Doch wie kommt ein Geograph überhaupt dazu, Kaffee zu rösten? „Ich wollte unbedingt was Eigenes machen, das mit Genuss zu tun hat und nicht so beliebig ist wie Wein oder Pralinen. So bin ich auf den Kaffee gekommen“, erzählt er. Gemeinsam mit seiner Frau Nicole fand er das kleine Ladenlokal in Rüttenscheid und wusste sofort: Das ist ein perfekter Ort. Zusammen erstellten sie einen Plan, und Marcus Strelow ging für zwei Tage in Frankfurt bei einem versierten Kaffeeröster in die Schule.

Die klassische Röstmaschine fand er im Internet – und fertig war das Business, das in seiner Art damals in Essen einmalig war, aber inzwischen Nachahmer gefunden hat. „Der Anfang war schwer. Ich habe unglaublich viel Kaffee weggeworfen“, erinnert sich Strelow. Erst nach zwei Jahren wurde er routinierter, konnte die Maschine besser bedienen, die Sorten besser einschätzen und wusste, was bei den Kunden gut ankommt.

Nicht nur die Rüttenscheider finden den Weg in die kleine Rösterei: Aus ganz Essen kommen die Kaffeeexperten, die für ein Pfund gerne mal tiefer in die Tasche greifen. Und dafür eine andere Qualität und Frische erhalten als bei den Großröstereien. „Ich lasse meinen Bohnen mehr Zeit zum Rösten“, erklärt Strelow sein Prinzip. Dabei wird dem Kaffee Hitze zugeführt und Feuchtigkeit entzogen. So werden aus acht Kilo nach dem Röstvorgang 6,5 Kilo.

Nach Rüttenscheid kommen die Bohnen in kiloschweren Säcken aus Costa Rica, Panama, Kolumbien oder Guatemala. „Ich kaufe nur reine Sorten, und ich lege Wert darauf, bei Händlern zu kaufen, die von kleinen Plantagen ihren Kaffee beziehen.“ Aus Thailand und der Dominikanischen Republik wird der Rohkaffee sogar direkt vom Erzeuger in die Emmastraße geliefert.

Obwohl Marcus Strelow als Geograph schon viel gereist ist, hat er selbst noch nie eine Kaffeeplantage besucht. „Das ist einer meiner Träume“, sagt er. Doch als Familienvater und selbstständiger Unternehmer fehlt ihm bislang die Zeit dazu.