Gelsenkirchen. Skandalös sind die Zustände in einer Gelsenkirchener Wohnung. Aber Elisabeth Erzkamp findet partout keinen Ansprechpartner, der sich der Sache annimmt. Ihre Gesundheit ist vom Schimmel angegriffen.

Elisabeth Erzkamp kämpft mit den Tränen. „Mir geht es nicht gut”, sagt die 73-Jährige, als wir sie in ihrer Wohnung in der Hohenzollernstraße 124 besuchen. Dem Körper geht es nicht gut, und der Seele auch nicht – seit über einem Jahr sind sie vom Schimmel angegriffen.

Die Spuren zeichnen nicht nur Elisabeth Erzkamps Gesicht, sie klaffen auch großflächig an Wohnzimmerwänden und -decke. Das Badezimmer hat der modrige Pilz nahezu komplett übernommen. Die Decke über dem Klo ist nicht nur tief dunkel eingefärbt, sie wölbt sich auch gefährlich. „Wenn ich auf die Toilette gehe, mache ich immer ganz schnell, weil ich Angst habe, gleich kommt hier alles runter.” Die wässrigen Augen – auch eine Folge der Feuchtigkeit. „Sie tränen permanent. Und nachmittags ist mein Hals so zugeschwollen, dass ich kaum sprechen kann.”

Vier Wohnungsbaugesellschaften gaben sich die Klinke in die Hand

Seit 50 Jahren wohnt Elisabeth Erzkamp in der 75-Quadratmeter-Wohnung im Erdgeschoss – bis vor vier Jahren ohne Schwierigkeiten. Anfang 2006 wechselte das Drei-Parteien-Mietshaus den Besitzer. Damit gingen die Probleme los. Vier Wohnungsbaugesellschaften gaben sich seitdem die Klinke in die Hand – und die Besitzverhältnisse sind zurzeit kurios. Inzwischen wird das Haus verwaltet von der Treu Real mit Hauptsitz in Essen – eingesetzt wurde die Treuhändergesellschaft laut eigenen Angaben von der Griffin Rhein Ruhr (Hamburg).

Also wandte sich Elisabeth Erzkamp an die Treu Real, als sie vor rund zwei Jahren den Wasserschaden bemerkte. „Da kam dann mal ein Klempner raus, der hat in der Wohnung über mir ein paar Fugen verschmiert.” Drei mal passierte das. Das Wasser aber blieb, und der Schimmel kroch tiefer in die Wände. Wieder versuchte die Rentnerin, die Treu Real zur Behebung des Schadens zu bewegen – keine Reaktion. Schließlich nahm sie sich eine Rechtsanwältin: „Da die Schäden nicht effektiv behoben wurden, haben wir nach und nach die Miete gekürzt”, sagt Barbara Stöckmann. Seit einem Jahr zahlt Elisabeth Erzkamp jetzt gar keine Miete mehr. Dennoch – keine Reaktion, weder vom Verwalter, noch vom angeblichen Besitzer.

Reparatur auf eigene Rechnung mit der kleinen Rente nicht möglich

Elisabeth Erzkamp zeigt auf den Schimmel, der ihr Badezimmer befallen hat.
(Foto: Martin Möller)
Elisabeth Erzkamp zeigt auf den Schimmel, der ihr Badezimmer befallen hat. (Foto: Martin Möller) © WAZ FotoPool

„Natürlich haben wir darüber nachgedacht, dass meine Mandantin den Schaden zunächst auf ihre Rechnung reparieren lässt und das Geld dann von den Hausbesitzern zurückverlangt.” Das sei mit ihrer sehr kleinen Rente aber finanziell so gut wie nicht möglich. Und ausziehen? „Ich wohne hier schon so lange, und ich wohne hier gerne. Ich zahle normalerweise 380 Euro warm. Ich habe eine gut funktionierende Nachbarschaft, jeder kennt jeden. Wo hat man das noch?”, fragt die Dame.

Weil sie aber durch den Schimmel in ihrer Wohnung gesundheitlich so beeinträchtigt ist, zudem so gut wie nicht mehr aus dem Haus geht, „ich muss ja immer Angst haben, dass hier die Decke runterkommt”, erwägt sie jetzt eine Klage gegen die Hausbesitzer. Das ist aber – laut Grundbucheintrag – nicht die Griffin Rhein Ruhr, sondern eine Firma namens Vivacon Rhein Ruhr Portfolio 1 GmbH und Co KG mit Sitz am Zollhafen in Köln. „Als ich da angerufen und mit Klage gedroht habe, sagten die mir, ich solle mich an die Treu Real wenden”, erzählt Rechtsanwältin Barbara Stöckmann. Dort verwies man an die Griffin Rhein Ruhr als zuständigen Ansprechparter. Inzwischen ist die Akte Erzkamp in der Kanzlei Stöckmann über 100 Seiten dick.

Hausverwalter nicht zu erreichen

Für die WAZ waren die Hausverwalter der Treu Real in dieser Sache nicht zu sprechen. „Man werde das Anliegen weitergeben”, so eine Servicekraft am Telefon. Das war's. Auch bei Vivacon war bis Redaktionsschluss niemand zu erreichen. Einen Ansprechpartner bei der Griffin Rhein Ruhr gab es für die WAZ ebenfalls nicht.

Elisabeth Erzkamp wechselt derweil die Handtücher, die sie auf dem Badezimmerboden ausgelegt hat. Es tropft von der Decke, weil in der Wohnung über ihr wieder mal gewaschen wird. Der Boden ist nass.