Ruhrgebiet.. Eine alte Frau liegt stundenlang in Blut und Exkrementen. Eine MRSA-Infizierte verlässt fluchtartig die Klinik, als sie in ein verdrecktes Isolierzimmer soll. Hygienemängel wie diese bringen Kliniken der Helios-Gruppe landesweit in die Kritik. Der Konzern räumt Defizite ein.

Zahlreiche Kliniken der Helios-Gruppe stehen landesweit in der Kritik. Patienten beklagen zum Teil krasse Hygienemängel. Einige räumt der Konzern ein.

In der Helios Klinik St. Elisabeth Oberhausen soll Brigitte Mertzen von MRSA befreit werden. Doch das „angeblich keimfreie Isolierzimmer, das ich zwei Wochen nicht verlassen sollte“, habe sich als „Schweinestall“ entpuppt: „Bett, Fenster, Heizung, Schrank und Fernseher total verdreckt, freiliegende Kabel über dem Waschbecken, verkommene Toilette, dicker Schimmel in der Dusche, vertrocknete Haare im Abflusssieb – einfach ekelhaft.“

„Ich bekam fast einen hysterischen Anfall“

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Die Patientin sagt: „In dem Zimmer bleibe ich keine Minute.“ Die Schwester erwidert, „dass eben noch ein Patient darin gelegen hätte“. Brigitte Mertzen verlässt fluchtartig das Haus. „Ich bekam fast einen hysterischen Anfall.“ Auf Anfrage bestätigt Helios den Vorgang. Es sei „ein Einzelfall“, ein „Versehen von Seiten des Pflegepersonals“, das „mit dem Gesundheitsamt besprochen und geklärt“ worden sei.

Ihre frisch operierte Mutter weint, als sie aus der Helios Marien Klinik Duisburg anruft „und sagt, dass sie seit einer Stunde in ihrem eigenen Urin und Blut liegt“. 30 Minuten später ist die Tochter dort. Ein Türschild warnt vor einer Infektion – MRSA, wie sich später herausstellt. Die 67-jährige Patientin liegt immer noch in ihren Exkrementen, „obwohl da mittlerweile anderthalb Stunden vergangen waren“.

„Eine Schwester für 36 Personen“

Der Arzt habe sich entschuldigt: „Er hätte Notfälle und es herrsche Personalmangel.“ Derzeit sei „eine Schwester für 36 Personen“ zuständig, die Belegung solle „auf dieser Station sogar auf 40 aufgestockt“ werden. Extremen Personalmangel bei den Pflegekräften gebe es nicht, sagt Helios. „Aktuell ist der Krankenstand erhöht.“ Der Personalschlüssel sehe „auch nachts eine doppelte Besetzung vor“.

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Helios Klinikum St. Johannes Duisburg , Station 34, Zimmer 10: „Müll auf dem Boden, alter Käse unter den Betten und ein blutverschmierter Verband unter der Heizung“ empören den Vater einer 14-Jährigen, die am Blinddarm operiert werden soll. Eine Krankenschwester sagt, dafür sei „die Reinigungsfirma zuständig“. Und die komme erst in vier Tagen wieder.

„Nicht mehr zeitgemäße Lösungen“

Im Sanitärbereich der Station sieht der Vater „zwei Duschen für 35 Patienten und deren Eltern, die dort übernachten“. Auf seine Beschwerde hin habe die Schwester „den Duschraum kurzerhand abgeschlossen“. Daraufhin habe er sich schriftlich beschwert, „aber bis heute hat sich von denen keiner bei uns gemeldet“. Helios bestätigt sanitäre Mängel und spricht von „nicht mehr zeitgemäßen Lösungen“ vor Ort. Man investiere 175 Millionen Euro in zwei neue Klinikstandorte.

OP-Medikamente mit abgelaufenem Datum

Medikamente und Wundversorgungsmaterial mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum fallen im August im OP-Bereich der Helios Klinik Krefeld auf. Das bestätigt das Haus. Dass „die Infektionszahlen steigen“ und „MRSA-Patienten schon lange nicht mehr isoliert werden“, wie ein Pfleger aus der Chirurgie berichtet, dementiert die Klinik. Auf die Frage nach einer internen Anweisung, „Handschuhe aus Kostengründen extrem sparsam einzusetzen“, antwortet Helios: „Es gab keine Anweisung durch die Geschäftsführung an die Mitarbeiter.“

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