Die 48-jährige Christiane Völling klagt in einem Präzedenzfall vor dem Kölner Landgericht auf Schmerzensgeld

Es gibt den Mann. Und es gibt die Frau. So eindeutig sieht es die Bibel, denn "Gott schuf den Menschen als Mann und Frau". So zweigeteilt ist es eigentlich verankert.

Dass es jedoch so eindeutig zweiseitig gar nicht ist, zeigt der Prozess, der am Mittwoch vor dem Kölner Landgericht begonnen hat. Die Klägerin Christiane Völling (48) verlangt von einem ehemaligen Arzt einer Kölner Klinik 100 000 Euro Schmerzensgeld, weil der ihr vor 30 Jahren ohne vorherige Aufklärung intakte Eierstöcke und die Gebärmutter entfernt habe.

Bei der Geburt war Völling wegen einer vergrößerten Klitoris für einen Jungen gehalten worden, und so wurde auf dem Standesamt das Kästchen für "männlich" angekreuzt.

Auch mittels Operationen und Hormontherapie sei aus dem Menschen, der sich "eher weiblich" fühle, aber auch männliche Hormone entwickele, ein Thomas gemacht worden - obwohl bei ihr im Alter von 17 Jahren weibliche Chromosomen nachgewiesen wurden.

Schon die erste Frage des Richters deutete das grundlegende Problem dieses Aufsehen erregenden, weil bundesweit einzigartigen Falles an: "Soll ich Sie als Herr oder Frau anreden?" Für die Klägerin sowie für die schätzungsweise zwischen 80 000 und 100 000 in Deutschland lebenden Intersexuellen geht es jedoch darum, dass nicht andere, wie etwa Hebammen, Ärzte oder Eltern, die Entscheidung zwischen A und B fällen. Sondern dass Selbstbestimmtheit möglich wird, sofern es die gesundheitliche Situation zulässt; dass der Mensch selbst entscheidet, ob er Mann, Frau oder Zwitter sein möchte.

Intersexualität ist indes nicht neu, sie kommt schon in der griechischen Mythologie als Hermaphrodite vor. Das preußische Landrecht von 1794 erkannte Zwitter an, nur ist diese liberale Grundhaltung abgelöst worden. In Deutschland müssen Neugeborene eine Woche nach der Geburt ein Geschlecht zugewiesen bekommen.

In seiner ersten Einschätzung bezeichnete der Richter die Erfolgsaussichten der Klage als gering, zu viele wichtige Dokumente des 30 Jahre zurückliegenden Vorfalls würden fehlen. Das Urteil soll am 6. Februar verkündet werden.