Essen. . Als Großaktionär von Thyssen-Krupp ist die Stiftung bislang ein Bollwerk gegen feindliche Übernahmen. Nun scheidet mit Gerhard Cromme (70) der potenzielle Nachfolger von Stiftungschef Berthold Beitz (99) aus. Das sorgt für Verunsicherung in der Belegschaft.
Hält das Bollwerk Krupp-Stiftung? „Diese Sorge treibt mich auch um“, sagt Wilhelm Segerath, der Konzernbetriebsratschef von Thyssen-Krupp. Die gemeinnützige Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ist das Vermächtnis des letzten persönlichen Inhabers der Firma Krupp. Mit seinem Tod am 30. Juli 1967 und dank des Erbverzichts seines Sohnes Arndt von Bohlen und Halbach ging das Vermögen von Alfried Krupp auf die Stiftung über. Heute hält sie 25,3 Prozent der Anteile des Essener Industriekonzerns Thyssen-Krupp und ist damit größter Einzelaktionär.
Neben dem Auftrag, die Einheit des Unternehmens zu wahren, hat sich die Stiftung zum Ziel gesetzt, Projekte aus Kultur, Wissenschaft, Sport und Gesundheitswesen zu fördern. Im Laufe der Jahre hat die Krupp-Stiftung dafür mehr als 615 Millionen Euro aufgewendet. Gerade das Ruhrgebiet profitiert davon. Ihren Sitz hat die Stiftung an historischer Stelle in Essen: Im Park gegenüber der Villa Hügel, die bis 1945 Wohnsitz der Krupp-Familie war.
An der Spitze der Stiftung steht der 99-jährige Berthold Beitz, der den scheidenden Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme bislang als seinen Nachfolger aufgebaut hatte. Beitz stärkte Cromme lange den Rücken. Doch nun scheidet der 70-jährige Cromme auch als stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Krupp-Stiftung aus. Der Wechsel sorgt für Verunsicherung in der Belegschaft. Die Frage lautet: Wie viel Kraft hat die Krupp-Stiftung?
Druck des Kapitalmarkts
„Die soziale Verantwortung darf nicht auf dem Altar der Kapitalmärkte geopfert werden“, fordert Konzernbetriebsratschef Segerath. „Dafür war die Stiftung ein Garant. Und ich hoffe, das wird auch in Zukunft so sein.“ Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, Erhalt von Arbeitnehmer-Mitbestimmung und Standorten – das sind Segeraths zentrale Anliegen.
Mit ihrer Sperrminorität ist die Stiftung auch ein Bollwerk gegen feindliche Übernahmen. Seit 2007 nutzt die Stiftung mit Billigung einer Hauptversammlungsmehrheit die Möglichkeit, drei Vertreter direkt in den Aufsichtsrat zu entsenden. Einer von ihnen war bisher Cromme. Mit den Aufsichtsratsposten verfügt die Stiftung über erheblichen Einfluss im Unternehmen. Der Dax-Konzern wird fast wie eine Familienfirma geführt. Unter den Milliardenverlusten des Konzerns leidet auch die Stiftung. Erstmals seit der Fusion von Thyssen und Krupp im Jahr 1999 erhalten die Eigentümer und damit auch die Stiftung, die auf diese Mittel angewiesen ist, keine Dividende.