Düsseldorf. . Sicherheitsleute am Flughafen Düsseldorf verschwiegen ihren Streik bis zuletzt. 147 Flüge werden am Düsseldorfer Flughafen bis zum Mittag gestrichen. Die Wartenden stauten sich bis in die hintersten Winkel.

Diesmal war niemand vorgewarnt. Keiner konnte umbuchen, umplanen, wenigstens umdenken. So unerwartet beginnt dieser Streik, dass die frühen Fluggäste ihn hören, bevor sie ihn sehen und fühlen. In der Dunkelheit des Donnerstagmorgens künden die Trillerpfeifen Hunderter Sicherheitsleute von dem, was passieren wird: nicht mehr viel. 147 Flüge werden am Düsseldorfer Flughafen bis zum Mittag gestrichen, der Wartenden sind so viele, dass der Blick nicht mehr für alle reicht.

„So eine lange Schlange habe ich noch nie gesehen“, ruft ein Mann ins Telefon, ein anderer via Twitter hinaus in die Welt, und wer noch Nerven hat, macht ein erstes Urlaubsfoto vom Lindwurm. Der zieht sich von Ausgang A durch die ganze Abfertigungshalle bis ins hinterste Eck; „ab hier“, sagt ein Flughafen-Mitarbeiter, „stehen Sie noch mindestens zwei Stunden“. Und dieser Stau ist nicht der einzige. Es schlängeln sich weitere vor Terminal B und C, es wachsen die Warteschlangen vor den Schaltern der Airlines.

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Familie Peters steht darin aus Bottrop, Vater Dirk wird 40, wollte feiern in Rom. Nun findet der Geburtstag in Düsseldorf statt, man harrt der Dinge, die noch nicht kommen: Ein Zug nach Frankfurt, von dort ein Flieger nach Italien, wer weiß, vielleicht reicht es noch zum Abendessen in der Ewigen Stadt. „Wir verstehen ja, dass jeder für sein Recht kämpft“, sagt Daniela Peters und lacht noch. Gerda Boon aus den Niederlanden nicht mehr. Die hat die Reise nach Innsbruck mit einem Trupp Freundinnen sofort storniert, sie wird jetzt ein „busje“ organisieren, „ich bin ja nicht umsonst Sekretärin“. Frau Boon findet, in Düsseldorf sei „dauernd so ein Theater“, ein schöner Flughafen, „aber diese Leute von Verdi. . .“

Kurzstrecken fallen alle aus

Wie sie trifft der Streik viele, die ihr Wochenende verlängern wollten, das nun zusammengestaucht wird auf 24 Stunden: „Der nächste Flieger geht frühestens am Samstag.“ Die innereuropäischen Kurzstrecken fallen beinahe alle aus, kein Rom mehr, kein London, kein Moskau oder Wien; es ist, als gäbe es keine Hauptstädte mehr. Damenkränzchen sitzen enttäuscht auf ihren Koffern, Geschäftsreisende versuchen hektisch, ihren Smartphones Auswege zu entlocken, Gestrandete rücken zusammen auf den Hockern eines Schuhgeschäfts. An der Wand hinter ein paar unter ihren Jacken kauernden Jugendlichen hängt ein Werbeschild: „Erlebnisflughafen“.

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Dabei gibt der sich wirklich Mühe. Getränke werden herangekarrt, Stühle aus dem hauseigenen Versammlungsraum. Auch noch das letzte Megafon für Durchsagen wird aus dem Schrank geklaubt, die Klimaanlage heruntergedreht, es wird immer wärmer. Mit Edding schreiben Mitarbeiterinnen auf kleine Plakate, was überhaupt noch geht: Fort Myers. Miami. Die Langstrecken. Wo sonst auf den Anzeigetafeln in Rot die „erwartete Ankunftszeit“ steht, werden nun Uhrzeiten notiert, die bloß die „nächste Information“ meinen. „Wegen eines Streiks kommt es zu Verzögerungen bei der Abfertigung.“

In die falsche Richtung

Wenn es nur das wäre. Viele Passagiere warten noch vor der Sicherheitsschleuse, während draußen ihr Flugzeug schon abhebt. Und Gisela Weining aus Mülheim kommt erst gar nicht so weit. Sie wollte nach Westerland. „Blöd gelaufen. Aber man kann auch die Streikenden verstehen. Die wollen was bewirken.“ Allerdings hätten sie das vorher sagen können, seufzt Airport-Sprecher Thomas Kötter.

Der trägt die Situation mit Fassung und nur zufällig denselben Namen wie die Sicherheitsfirma, deren Leute hier unter anderen im Ausstand sind. Aber eine Ankündigung des Streiks hätte er doch freundlich gefunden: „Dann hätten wir nicht so viele Passagiere in die falsche Richtung geschickt.“

Wie die unglücklichen Italiener mit ihrem Auto am Flughafen von Florenz, die nun einen Tag später über Stuttgart nach Pisa gelangen wollen, vielleicht. Denn in Italien streikt heute – das Flugpersonal.