Ruhrgebiet. . Raucher und Wirte sind sauer: Ab Mai 2013 darf in NRWs Kneipen nicht mehr geraucht werden. Auch Neben- oder Hinterzimmer sind fürs Qualmen künftig tabu. Das neue Nichtraucherschutz-Gesetz erlaubt nur eine Ausnahme: die private Feier.

Weihnachten kann sehr anstrengend sein, wenn schon 33 Tage zuvor die Glöckchen klingen und die Flöckchen rieseln, zumindest aus Lautsprechern. Vom Weihnachtsmarkt auf der Centro-Promenade sind die 14 fröhlichen Damen aus Holland gerade abgebogen mit dem spontanen Freudenruf „Ja, rauchen!“, nun sitzen sie bei 6 Grad vor der Gaststätte „Zum Apotheker“. Und rauchen. Bis sie das unmissverständliche Einladungsschild an der Tür des Lokals entdecken: eine qualmende, große Zigarette, eigentlich fast schon eine Zigarre. „Warum sitzen wir eigentlich draußen, wenn man drinnen rauchen kann?“, fragt eine.

Recht auf Selbstbestimmung und Rauchverbot

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    Weil sie aus Holland seit 2010 nichts anderes kennen als: Wir müssen leider draußen bleiben. „Meistens ist es draußen gemütlicher als drinnen, sogar die Nichtraucher gehen mit raus“: So beschreibt Willian Lichteveld aus Arcen ihre Erfahrungen. Und so kommt das jetzt auch in NRW. Zum 1. Mai, das ist nach fünfjährigem Hin- und Her nun endlich, also fast, entschieden, wird in Gaststätten nicht mehr geraucht. Nicht in Eckkneipen, nicht in Raucherzimmern. Nicht in mehr oder weniger abgetrennten Kemenaten oder sogenannten „Clubs“. Nicht hinter spanischen, gläsernen oder sonstigen Trenn-Wänden. Kein Nikotin, nirgends.

    Gastwirte lehnen das Rauchverbot ab

    Und was ist jetzt mit den Bierdeckeln? Über eine Million wollte der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), der Verband der Brauereien und der des Deutschen Getränkefachgroßhandels unter die Leute im Land bringen, Motto: „Mensch.Kultur.Kneipe“. Für einen Nichtraucherschutz sollte am Tresen abgestimmt werden, „der die Kneipe im Dorf lässt und den Rauchern ihren Raum“. Zu spät? „Abgestimmt wird erst im Landtag“, sagt Dehoga-Sprecher Thorsten Hellwig fast ein wenig trotzig, „bis zum Schwur“ werde man, nein, er sagt nicht „kämpfen“. Aber wird es wohl meinen. Jedenfalls laufe die Aktion weiter.

    „Draußen rauchen kann ich auch zu Hause“ 

    Die vereinigten Gastwirte nämlich lehnen den Vorstoß der Regierungsfraktionen in Düsseldorf „nicht ganz überraschend“ ab: Der Gesetzentwurf schieße über das Ziel hinaus, die Politik zeige „ihre wahre Gesinnung“, formuliert Hellwig hörbar engagiert. Es gehe gar nicht um Nichtraucherschutz, sondern um ein Rauchverbot. „Eine Kneipe ist keine Behörde, und eine Bar ist keine Schule.“

    Zigaretten, Zigarillos, Zigarren werden nun aber hier wie dort verbannt, einzige Ausnahme: private Familienfeiern. Kein Betriebsfest, keine Party mit offener Gästeliste, nur der runde Geburtstag der alten Tante soll möglich bleiben, die dazu das Hinterzimmer eines Restaurants bucht. Oder als „Geschlossene Gesellschaft“ den ganzen Laden. Dass Wirte spontan allabendlich ein Geburtstagskind vom Dienst ausrufen, um Rauchen zuzulassen, soll durch eine Anmeldepflicht für derlei Veranstaltungen verhindert werden. Vorab einzureichende Namenslisten der Gäste sind indes nur ein Gerücht.

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    Natürlich geht nun wieder das Droh-Wort vom Kneipensterben um, tatsächlich war es ja nie verstummt. Und wird verstärkt von Unkenrufen wie diesen aus dem Internet: „Draußen rauchen kann ich auch zu Hause!“ Derzeit gilt noch der junge Leitspruch erfahrener Ausgänger: „Je mehr Speisen, desto weniger Rauchen.“

    Von einem Viertel reiner Raucherkneipen geht der Dachverband aus, im Netz beschäftigen sich eigene Seiten wie „smoke-spots“ mit der Auswahl: Rauchen erlaubt oder verboten? In der Tat bieten danach in Dortmund, Bochum, Duisburg, Essen, Oberhausen die meisten Gastro-Betriebe den Nikotin-Genuss drinnen noch an. Die große Mehrheit in abgetrennten Bereichen; von Schadenersatz für die damaligen Investitionen ist indes nirgendwo die Rede. Und falls Gastro-Betriebe den „gesamten Bereich“ ausweisen für Raucher, dann heißen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit hinten „Stube“, „Schänke“, „Krug“ oder „Eck“. Oder vorne „Zum“ – die klassische Einraum-Pinte.

    Mindestens in Dortmund allerdings gibt es auch den Gegenbeweis: eine Speise-Gaststätte mit wechselndem Mittagstisch, durchaus ansehnlicher Abendkarte – und atemberaubend rauchenden Gästen. Ein geselliger Ort, für den der Wirt persönlich mit seinem Foto wirbt: mit der qualmenden Kippe zwischen den Lippen.

    Kommentar: Keine Schlupflöcher für Raucher