Brühl. . 1998 erwarb die Kelly-Familie Schloss Gymnich bei Bonn. Könige und Präsidenten hatten hier zuvor übernachtet. Jetzt wollen die Musiker das Gebäude aus dem 14. Jahrhundert wieder loswerden. Längst ist es ihnen zur Last geworden. Sie boten es zur Versteigerung an. Doch verkauft wurde es (noch) nicht.

So viel Show muss wohl sein: In der Montur eines Marathon-Mannes, mit roter Kappe, kniekurzer Sporthose über nackten, kräftigen Waden tritt er an den Richtertisch, entfaltet ein Papier und überreicht es Rechtspflegerin Andrea Zavelberg. „Herr Joseph Maria Kelly hat 1,7 Millionen Euro geboten!“, verkündet Zavelberg daraufhin in Saal 8 des Brühler Amtsgerichts hinein. Per Zwangsversteigerung hatte 1998 die damals weltbekannte Kelly-Familie Schloss Gymnich bei Bonn erworben. Per Zwangsversteigerung will sie die Last nun loswerden.

Der Saal ist so voller Menschen, dass die Türen zum Foyer des Amtsgerichts weit geöffnet sind. Die Kellys verkaufen ihr Schloss, das wollen sich viele nicht entgehen lassen. Zumal Joey Kelly, der auch als Marathon-Läufer bekannt ist, sich ihnen jetzt, nach Abgabe seines Gebotes, noch im schwarzen Nadelstreifenanzug präsentiert. Wie ein Geschäftsmann bei seinem großen Deal.

Der große Deal, das ist Schloss Gymnich. Im 14. Jahrhundert als Sitz des gleichnamigen Rittergeschlechts begründet, wurde es in den 70er- und 80er-Jahren als Gästehaus der Bundesregierung bekannt. Hier übernachteten Könige und Präsidenten. Queen Elizabeth etwa, Richard Nixon, Ronald Reagan oder Königin Silvia von Schweden. 1989 traf sich auf Gymnich ganz im Geheimen Kanzler Kohl mit Ungarns Staatspräsidenten. Kurz darauf wurde die österreichisch-ungarische Grenze für die Botschaftsflüchtlinge geöffnet.

Als Gästehaus bald aufgegeben, erstand die Musikerfamilie Kelly 1998 das Schloss für umgerechnet 6,7 Millionen Euro. Das Glück im Schloss währte jedoch nur kurz für die Familie, die ihre Karriere mit Tingeln durch Deutschlands Fußgängerzonen gestartet hatte. Nach und nach zogen die neun Geschwister aus, gründeten eigene Familien. 2002 starb Dan Kelly, das Familienoberhaupt.

Und das unter Denkmalschutz stehende Schloss kostet: 100 000 Euro jährlich an Unterhalt, die sich inzwischen zu beachtlichen Schulden summiert haben sollen. Doch ein Verkauf gestaltet sich bei neun Geschwistern und drei Halbgeschwistern schwierig, weshalb Joey Kelly nun den Weg der Zwangsversteigerung forciert hat.

Gestern dann also im Saal 8 des Brühler Amtsgerichts: Joey, der Marathon-Mann. Joey in Nadelstreifen und am Ende applaudierend, als Rechtspflegerin Zavelberg verkündet, dass Kelly keinen Zuschlag für sein Gebot erhält, obwohl es keinen weiteren Bieter gibt. Mit 1,7 Millionen Euro und damit nicht einmal der Hälfte des Verkehrswertes ist Kellys Gebot zu niedrig.

Auf ein nächstes Mal also! Joey Kelly scheint zufrieden, hat offenbar erreicht, was er wollte. Beim nächsten Termin in einigen Monaten darf das Gebot deutlich niedriger liegen, was angesichts des Renovierungsstaus auf Schloss Gymnich einerseits und den Auflagen des Denkmalschutzes realistischer sein dürfte. Der 39-Jährige will offenbar mit seinem Gebot absichern, dass das Schloss nicht für läppische Hunderttausende unter den Hammer kommt.

Ein Kellysperrte sich

Ein Wort zu seinem Gebot? fragen sie ihn und halten ihm die Mikrofone vor das Nadelstreifen-Jackett. „Nein, heute nicht. Sonst sage ich ja immer gerne etwas. Aber heute nicht“, sagt Kelly und wendet sich wieder dem Mann mit dem violetten Schal zu.

Ahmet Pekkip heißt der, ist türkischer Herkunft und besitzt in Frankfurt Senioren-Apartments. Bereits seit zwei Jahren verhandele er nun schon mit Joey Kelly, und wäre längst handelseinig geworden, wenn sich nicht ein in Belgien lebender Kelly-Bruder gesperrt hätte.

„Service-Apartments für Senioren“ schweben Pekkip vor, umgeben von einem Schlosspark, der wieder öffentlich zugänglich ist. „Ich hab’ Zeit!“, sagt Pekkip lächelnd und meint den nächsten Termin vor Gericht.