Gelsenkirchen. .

Nach vier Jahren hat die Arbeitsgemeinschaft zum Grundwasserschutz in der Emscherzone erste Ergebnisse vorgelegt. Die bereiten Grund zur Sorge: Im Norden des Ruhrgebiets bedroht das Grundwasser in den nächsten Jahren ganze Wohnviertel.

Vielen Bürgern entlang der Emscher in Gelsenkirchen, Bottrop, Gladbeck, Essen oder Recklinghausen drohen bald die Keller vollzulaufen. Nach einer Studie, die der WAZ vorliegt, können in absehbarer Zeit bis zu 46.000 Häuser betroffen sein.

Grund dafür ist Grundwasser, das durch Boden­platten und Außenmauern ein­dringt. Seit Jahren kommen sich Erdoberfläche und Grundwasserspiegel im Ruhrgebiet immer näher. Geologen haben ermittelt, dass die Re­gion in den letzten 100 Jahren um bis zu 15 Meter abgesackt ist. „Das Problem betrifft vor allem den Emscherbruch. Im Prinzip ist das eine Folge des Bergbaus“, sagt ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums.

Zugleich wird seit Jahren das über 100 Jahre alte Abwassersystem in der Emscherzone erneuert. Durch die jetzt dichten Rohre kann kein Grundwasser mehr ins Abwassersystem sickern. Das ist günstiger für die Klärwerke, die weniger Wasser reinigen müssen. Un­erwarteter Nebeneffekt der neuen Leitungen: Das Grundwasser im Untergrund steigt.

Seit 2006 befasst sich eine Arbeitsgruppe mit dem Problem, beteiligt sind Emschergenossenschaft, NRW-Umweltministerium, Regierungspräsidium Münster und betroffene Kommunen. Jetzt liegen erste Arbeitsergebnisse vor: Um die gefährdeten Gebiete vor dem „Absaufen“ zu bewahren, müssen rund 800 Millionen Euro investiert werden, heißt es in der gemeinsamen Studie.

12.000 Euro Kosten pro Einfamilienhaus?

Ein grobes Konzept zur Lö­sung der Misere liegt bei der Emschergenossenschaft be­reits in der Schublade. Demnach müssten rund 400 Kilometer Drainage-Rohre und 160 Kilometer Ableitungen im feuchten Grund verlegt werden. Zusätzlich, so heißt es, sollen die Kommunen Konzepte entwickeln, die auf ihre jeweilige geologische Situation zugeschnitten sind.

Beteiligen sollen sich außerdem die Hausbesitzer. Neben einer neuen Abwasserleitung sollen sie auch für die Entwässerung des Grundstücks sorgen. In einer Modellrechnung kämen pro Einfamilienhaus Kosten in Höhe von rund 12.000 Euro zusammen.

Als Sofortmaßnahme bleibt den Städten deshalb nur eine Lösung: Zeit gewinnen. Die Ratsausschüsse in Essen und Gelsenkirchen haben etwa die Frist, in der ­private Hauseigentümer ihre Anschlüsse an das städtische Abwassernetz überprüfen und sanieren müssen, auf das Jahr 2023 verlängert. Ursprünglich sollte die Frist laut Landeswassergesetz schon am 31. Dezember 2015 enden.

Diese Fristverlängerung führt dazu, dass zumindest ­viele Hausanschlüsse an das öffentliche Kanalnetz vorerst nicht erneuert werden. Über diese undichten Anschlüsse kann dann weiterhin Grund­wasser wie in einer Drainage ins Kanalsystem abgeleitet werden und so nicht weiter ansteigen.

Für Neubau-Projekte in der Emscherregion haben die Ex­perten der Emschergenossenschaft einfachere Lösungen parat. Empfohlen wird, neue Häuser in einer so genannten „weißen Wanne“ aus Beton zu errichten. Oder – ganz einfach – gleich auf einen Keller zu verzichten.