Ruhrgebiet. .

Auf Essener Stadtgebiet soll die A 52 nicht weitergebaut werden. Für Gladbeck und Bottrop ist noch nichts entschieden. Ist der Ausbau – ein Milliardenprojekt -- unverzichtbar oder ein Unding?

Kupferdreh im Süden Essens könnte wirklich hübsch sein. Gelegen am Rande des Baldeney-Sees, umgeben von sanften Hügeln. Wäre da nicht diese Hochstraße. Breit und betongrau durchschneidet sie den Stadtteil, rechts und links abgeschottet durch Lärmschutzwände, hinter denen sich die Häuser ducken. Seit einem Jahr ist dies keine x-beliebige Straße mehr, sondern eine veritable Autobahn. Denn hier, mitten in Essen-Kupferdreh, endet die A 44, quasi als Sinnbild derzeitiger Verkehrspolitik. Gebaut wird in Salamitaktik, stückchenweise, immer da, wo es keinen Widerstand gibt.

Es soll, es sollte eine neue große Nord-Süd-Verbindung durch das Ruhrgebiet werden. Beginnend im Kreuz Ratingen-Ost an der A 3, als A 44 an Velbert vorbei auf den Essener Süden treffend, soll die Autobahn A 52 weiter quer durch Essener Stadtgebiet gen Norden geführt werden.

Unverzichtbar
oder ein Unding?

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Dort würde die Autobahn auf der Trasse der Bundesstraße B 224 Bottrop links liegen lassen und durch Gladbeck auf den bereits vorhandenen Torso der A 52 stoßen. Für die Industrie- und Handelskammern der Region ist sie unverzichtbar, um einen Verkehrskollaps zu verhindern. Für Kritiker schlicht ein Unding, eine „Transitautobahn durch dichtbesiedeltes Gebiet“.

Doch nun scheinen alte Fronten aufzubrechen. Wohl auch angefacht durch den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung, überdenkt die Essener Sozialdemokratie gerade ihre Haltung zu dem Projekt, das sich kaum bürgerfreundlich verwirklichen ließe. Parallel dazu erklärte nun der Staatssekretär des NRW-Verkehrsministeriums, Horst Becker (Grüne), man werde die Planungen für den nördlichen Essener Abschnitt stoppen. Die Finanzierung durch den Bund sei nicht gesichert. Im bis 2015 geltenden Bundesverkehrswegeplan sei nicht mehr als eine Anschubfinanzierung von 75 Millionen vorgesehen. Die Kosten würden sich jedoch allein für diese sieben Kilometer Autobahn nördlich der A 40 auf über 650 Millionen Euro belaufen.

Ein Milliardenprojekt tatsächlich, allein auf Essener Gebiet. Tunnel müssten sich durch Wohngebiete graben, Auf- und Abfahrten zerschnitten städtische Strukturen. Anwohner wollen vor Lärm und Emissionen geschützt werden. „Wir fordern vom Bundesverkehrsministerium eine verbindliche Zusage über die 650 Millionen Euro für den nördlichen Abschnitt“, sagt Essens SPD-Chef Dieter Hilser und gibt seine Einschätzung gleich dazu: „Die wird nicht kommen!“

Noch brodelt es freilich in der Sozialdemokratie. Hatte doch Essens OB Reinhard Paß gerade erst zusammen mit den Amtskollegen aus Bottrop und Gladbeck einen Brief an Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) geschrieben, die Bedeutung des Projektes für die Region betont und gefordert, es endlich umzusetzen.

Doch so einstimmig wie sich das anhört, meinen die drei Stadtoberhäupter das gar nicht. Gladbecks Bürgermeister Roland etwa wird schon mal damit zitiert, seine Stadt werde zum widerständigen gallischen Dorf werden, wenn man ihm die Autobahn einfach so, eben offen, durch die Stadt legen würde. Kein Wunder! Würde doch die A 52 nicht einmal hundert Meter entfernt vom Marktplatz Gladbecks Innenstadt queren. Schon jetzt teilt die B 224 die Stadt, für die Autobahn würde ihre Trassenbreite verdoppelt.

Bottrop ist vor allem am Lärmschutz interessiert

Und so fordert man vom Bund einen Tunnel und ein möglichst tief gelegtes Autobahnkreuz zur A 2. „Es ist nicht so, dass Gladbeck die Autobahn will. Es stellt sich lediglich den Interessen der Region nicht in die Weg“, sagt Stadtsprecher Peter Breßer-Barnebeck.

Und Bottrops Planungsdezernent Norbert Höving gibt ohne Umschweife zu, dass seine östlich der Trasse liegende Stadt vor allem an dem Lärmschutz interessiert ist, den es bei einer Autobahn gratis dazu gäbe. Die jetzige B 224 bietet diesen Komfort nicht.

„Eine Katastrophe!“ nennt Essens IHK-Geschäftsführer Heinz-Jürgen Hacks den sich nun anbahnenden Planungsstopp im Norden Essens. „Der Verkehrskollaps ist programmiert!“ Etwas gelassener sieht man dies dagegen bei der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr. „Wenn es einen Planungsstopp gibt, dann sollte man dies zum Anlass nehmen, im Ruhrgebiet endlich in andere Mobilitätsformen zu investieren, etwa in Car to go und den öffentlichen Personennahverkehr“, sagt Wirtschaftsförderer Thomas Westphal. Dies dürften auch die Gegner der Autobahn, die vielen Bürgerinitiativen entlang der Strecke unterschreiben. Eben erst hatte man sich anlässlich eines Symposions auf alternative Lösungen der Verkehrsprobleme verständigt. Etwa den zweispurigen Ausbau des stauträchtigen Dreiecks A 52/A 40 bei Essen-Bergerhausen oder Wechselspuren auf der B 224. Morgens drei Spuren nach Essen rein, abends drei wieder raus. Joachim Drell, Sprecher von „Stoppt A 52“: „Das ließe sich schnell und mit wenig Kosten umsetzen.“