Essen. Zur Ruhr.2010 erwarten die Veranstalter fast acht Millionen Gäste. Der Verein „pro Ruhrgebiet“ befürchtet nun Chaos im Nahverkehr und dadurch einen Imageschaden für das Großprojekt. Die Organisatoren der Kulturhauptstadt wünschen sich besonders für die Abendstunden ein besseres Angebot.

10-10-60 – das sind nach Ansicht des Vereins „pro Ruhrgebiet“ die Traummaße für den Nahverkehr in der Region. „In 10 Minuten muss eine Haltestelle erreichbar sein, in weiteren 10 Minuten muss ich weg sein, nach 60 Minuten muss ich am Ziel sein“, konkretisiert Geschäftsführer Dr. Roland Kirchhof seine Vorstellungen. Die Realität sieht momentan allerdings anders aus.

Keine optimale Vernetzung

„Es fehlt ein ausreichendes Angebot, vor allen Dingen spätabends und nachts. Das erwarte ich einfach von einer Metropole“, kritisiert der „pro Ruhrgebiet“-Geschäftsführer. Zudem habe jede Stadt einen eigenen Nahverkehrs-Plan. Eine optimale Vernetzung sei damit nicht möglich. Kirchhof ist sich sicher: „Das Verkehrskonzept behindert momentan ein Zusammenwachsen der Städte.“

Fatale Folgen sieht er dabei für die Kulturhauptstadt. Im kommenden Jahr werden fast acht Millionen Gäste in der Region erwartet. „Insbesondere bei Großveranstaltungen wird es Chaos geben“, befürchtet er. Aber auch die mangelhafte Vernetzung und Erreichbarkeit einiger Veranstaltungsorte beeinträchtige das Großprojekt Ruhr.2010. „Besonders die alten Industriestätten sind nicht gut an den Nahverkehr angebunden. Und wenn die Besucher abends nicht reibungslos nach Hause kommen, ist das ein Imageschaden für die Kulturhauptstadt.“

Auch die Organisatoren der Ruhr.2010 wünschen sich für ihre Gäste einen besseren Service. „Wir rechnen mit mindestens 1500 Veranstaltungen. Davon werden einige natürlich abends sein. Und wir wollen gewährleisten können, dass die Besucher nach den späten Events wieder gut nach Hause kommen“, betont Marc Oliver Hänig, Sprecher der Kulturhauptstadt. „In diesem Bereich wünschen wir uns Verbesserungen und werden mit den Verkehrsbetrieben weiter im Gespräch bleiben.“

Das 10-10-60-Konzept wäre für den Verein „pro Ruhrgebiet“ die Idealvorstellung des Nahverkehrs in der Region. Aber Geschäftsführer Kirchhof sieht bis zur Ruhr.2010 kaum Chancen für eine Realisierung. „Dafür benötigt man Geld, Zeit und Personal.“ Beim nächsten Verkehrsgipfel Ruhr möchte der Verein das Konzept allerdings als längerfristiges Projekt für das Ruhrgebiet vorstellen und hofft auf baldige Realisierung. „Fest steht: Wir müssen den ÖPNV in der Region stärken und längerfristig investieren“, so Kirchhof.

VRR: Aufstockung nur bei Massenveranstaltungen

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) stellt im Vorfeld der Ruhr.2010 klar, dass das Nahverkehrsangebot für die Kulturhauptstadt nicht grundlegend verbessert wird. „Bei Massenveranstaltungen werden wir zwar Shuttleverkehr oder zusätzliche Züge einsetzen“, erklärt Sprecherin Sabine Tkatzik. Aber mit Blick auf die knappen Kassen werde das Angebot insgesamt nicht aufgestockt.

Fest steht allerdings, dass der VRR Kulturhauptstadt-Tickets anbieten wird. Eine Variante kostet 48 Euro und ist NRW-weit für zwei Personen 48 Stunden lang gültig. Die andere Variante kostet 19 Euro, gilt 48 Stunden lang für eine Person und kann für verschiedene Geltungsbereiche gekauft werden. Die Nutzer können damit alle Busse und Bahnen im Nahverkehr der zweiten Klasse nutzen. Zudem soll es für Großveranstaltungen Kombi-Tickets geben, bei denen die Hin- und Rückfahrt mit Bus und Bahn im Preis der Eintrittskarte inklusive ist.

Straßen.NRW: Andrang wird sich entzerren

Der Landesbetrieb Straßen.NRW befürchtet während der Ruhr.2010 auf den Autobahnen im Ruhrgebiet keinen außergewöhnlichen Verkehrsandrang. „Ich denke, das wird sich ähnlich wie bei der WM entzerren“, mutmaßt Sprecher Bernd A. Löchter. Auch wenn der Landesbetrieb mit Hinblick auf die Kulturhauptstadt geplant hat, sollen die Großbaustellen nicht unterbrochen werden. Löchter nennt als Beispiel den A40-Ausbau bei Wattenscheid oder den Ausbau der A59 bei Duisburg. Zumindest sollen die Gäste in der Region aber „komfortabel“ fahren können.

Für Dr. Roland Kirchhof steht jetzt schon fest, dass das Thema Nahverkehr zur Kulturhauptstadt einen festen Platz auf der Agenda des nächsten Verkehrsgipfels Ruhr einnehmen muss. Bereits beim Gipfel 2008 hatte der Verein festgesetzt: „Besucher müssen jederzeit zu jedem Spiel- oder Veranstaltungsort kommen können. Und das zu einem überschaubaren Preis und in einer akzeptablen Zeit.“

Das Ziel ist noch nicht erreicht.

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