Köln. .

Vertragen sich die Steinsorten des Kölner Dom nicht miteinander? Seit einigen Jahren haben Fachleute den Eindruck, dass er immer schneller verfällt. Klarheit soll eine neue Studie bringen.

Wenn Michael Jürkel bei schönem Wetter auf die Gerüste am Kölner Dom klettert, hat er meist einen kleinen Fotoapparat und einen Block dabei. Der gelernte Steintechniker arbeitet bei der Dombauhütte und ist mit dafür zuständig, die gotische Kathedrale zu erhalten. Er und seine 30 Kollegen haben viel zu tun: Denn seit einigen Jahren haben die Fachleute den Eindruck, dass der Dom immer schneller verfällt. Wissenschaftler sollen ihnen jetzt dabei helfen festzustellen, warum das so ist.

Risse in den Steinen beobachtet Jürkel an vielen Ecken des Doms. Besonders schlimm ist es an einer frühgotischen Säule, auf die die Passante direkt vom Kölner Hauptbahnhof aus zulaufen. Die tragende Steinkonstruktion ist von Gerüsten umgeben, was nicht unbedingt ein schöner Anblick für die Touristen ist. „Es geht aber nicht anders“, erläutert Jürkel. Gebaut werde am Kölner Dom eigentlich immer an mehreren Stellen: „Dass der Dom mal völlig ohne Gerüste zu sehen ist, wird wohl nie passieren.“

Bis zu 50 Sorten
Gestein verarbeitet

Der Dom mitten in der Kölner Innenstadt steht mit seiner Bau-Geschichte auch ein wenig für die Gemütlichkeit der Rheinländer. Es hat Jahrhunderte gedauert, dieses imposante Bauwerk zu errichten. Es steht in der Liste der Weltkulturerbe-Stätten und lockt auch deshalb Besucher aus allen Ländern der Erde an. Während der Bauphase sind aber offenbar unterschiedliche Gesteinsarten verwendet worden. Bis zu 50 verschiedene Sorten sind am Kölner Dom zu finden.

Im Mittelalter bevorzugten die Baumeister beispielsweise das Vulkangestein Trachyt, das vom Drachenfels aus dem Siebengebirge geholt wurde. Im 19. Jahrhundert wurde dort der Abbau von Steinen untersagt, deshalb setzte man mehr auf Oberkirchner Sandstein aus dem Wesergebirge. Genau an den Stellen, an denen diese beiden Steinsorten im Bauwerk aufeinander treffen, beobachten die Steinmetze jetzt die größten Schäden. Der Verdacht drängt sich auf, dass sich die Steine nicht miteinander „vertragen“. So gebe es Steine, die bei Nässe größer werden, erklärt Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner. Sie nähmen dann ähnlich wie ein Schwamm Wasser auf. Wenn ein solcher Stein zusammen mit einer anderen Art, die weniger Wasser aufnimmt, in einem Pfeiler verbaut wurde, könnte das zu unterschiedlich schneller Verwitterung führen.

Die Aufgabe von Michael Jürkel ist es, die Schäden genau zu dokumentieren. An Tagen mit gutem Wetter sieht man ihn auf den Gerüsten am Dom, bei Regen sitzt er in seiner Werkstatt. Auf dem Reißbrett und am Computer erstellt er Skizzen von jedem betroffenen Stein. Die Zeichnungen müssen exakt so groß sein wie der Stein, was durchaus mehrere Meter ausmachen kann. „Wir haben hier keine zwingenden zeitlichen Vorgaben“, erläutert Jürkel: „Qualität geht vor Quantität. Das muss millimetergenau passen. Die Perfektion dieses Bauwerks gibt vor, dass wir genauso gewissenhaft arbeiten müssen.“

Untersuchung mit
Röntgenstrahlen

Seine Zeichnungen dienen nun auch als Grundlage für ein Forschungsprojekt der Bundesstiftung Umwelt. Die schießt 125 000 Euro zu, um auch Erkenntnisse für andere Kirchenbauten zu bekommen. Mithilfe von Röntgenstrahlen, Simulationen und Laboranalysen will man feststellen, ob die Vermutung der Fachleute richtig ist, dass die unterschiedlichen Steinsorten miteinander negativ reagieren. In Xanten oder Altenberg hat man diese Probleme noch nicht so sehr, die Dome sind dort besser erhalten. Deshalb werden die Werte dieser Gotteshäuser bei der Untersuchung jetzt mit denen aus Köln verglichen.

„Wir warten mit Spannung auf die Ergebnisse dieser Studie“, erklärt Jürkel. Schließlich weiß niemand, ob die Schäden nur am Alter der Steine liegen oder an der Unverträglichkeit. Wenn sich heraus stellt, dass die verschiedenen Sorten tatsächlich schädlich für die Stabilität des Doms werden können, müssen sie ausgetauscht werden: „Das wäre dann ein Projekt von etlichen Jahren. Aber auch eine schöne Arbeit, die man als Steinmetz gerne macht. Die Blöcke mit ihren Verzierungen wieder in Stein zu hauen, ist eine schöne handwerkliche Herausforderung.“