Essen.

Die Stadt Essen hat einiges zu bieten, Spitzenfußball gehört ganz sicher nicht dazu. Der Traditionsverein Rot-Weiß Essen hängt finanziell am Tropf der Stadt und einiger städtisch beherrschter Unternehmen, sportlich dümpelt man in der 4. Liga. Und das Georg-Melches-Stadion ist eine Ruine, für die seit Jahren ein Neubau fest geplant ist.

„FC Rathaus“ - so könnte man RWE derzeit mit mehr Berechtigung nennen, und dies wurde Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) jetzt zu bunt. Angesichts der finanziellen Lage der Stadt hat der OB am Mittwoch bei der Einbringung des Spar-Etats im Stadtrat den Stab über den Verein gebrochen, die Verantwortlichen als „selbstgefällig“ abgekanzelt, weitere Hilfen ausgeschlossen und den 30 Millionen Euro teuren Neubau des Stadions infrage gestellt.

Seiner wahlkämpfenden Partei kommt der harsche Vorstoß des nie als sonderlich fußballfreundlich bekannten OB ungelegen. Gerade im Essener Norden, wo die SPD noch immer ihre treuesten Wähler hat, bewegt das Wohl oder Wehe von RWE noch immer viele tausend Fans. Die SPD-Fraktion und die örtliche Parteiführung beeilten sich daher gestern zu versichern, sie stünden weiter fest zum Neubau - und auch Reinhard Paß ruderte dezent zurück. Er habe ja nur darauf aufmerksam machen wollen, dass der Verein sich selbst intensiver um neue private Sponsoren bemühen möge. Generell stehe auch er zum Stadion.

Mangelhaftes Konzept

Energieriese lehnt ab

Der Essener Energieversorger RWE, der in Sachen Sponsoranfragen immer ganz oben auf der Liste steht, winkt ab. Auf WAZ-Anfrage heißt es: „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren sechs bis acht Millionen Euro in den Verein gesteckt. Derzeit gibt es keine Pläne, darüber hinauszugehen.“ Dabei hatte das Unternehmen durchaus einmal im Herbst 2007 ein stärkeres Engagement prüfen lassen, wie es im Umfeld des Vereines heißt. Das aber ist nach WAZ-Informationen an einem mangelhaften Konzept und nicht darstellbaren Zahlen von Seiten der Vereinsführung gescheitert.

Beteiligt waren damals der ehemalige Schatzmeister und heutige Präsident Stefan Meutsch und der ehe­malige Geschäftsführer von Rot-Weiß, Nico Schäfer. Der Verein soll damals Otto Rehagel als Trainer wie auch Oliver Bierhoff als Manager ins Gespräch gebracht haben. So schön können große Träume sein. Das Unternehmen soll sogar eine Mehrheitsübernahme erwogen haben, hieß es aus dem Umfeld des Vereins.

Wie auch immer: Die Wahrscheinlichkeit, dass Essen ein neues Stadion erhält, ist nach wie vor groß. Der 2009 fast einstimmig gefasste Ratsbeschluss gilt weiter und kann vom OB auch nicht ausgehebelt werden. Und die Bezirksregierung ist ebenfalls machtlos. Trotz prekärer Finanzlage, kann die Stadt wieder investieren, sobald der Sparhaushalt Ende Juni beschlossen ist.