Essen. .
Von der Kloake zum sauberen Fluss - der Emscher-Umbau macht Fortschritte. Die Hälfte der Abwasserkanäle ist bereits verlegt. Die Bauarbeiten für das gigantische Rückhaltebecken beginnen leicht verspätet im Sommer. Bürgerinitiativen kritisieren die Belastungen der Anwohner.
Trennen, was nicht zusammen gehört: Stark vereinfacht könnte so das Prinzip des Emscher-Umbaus beschrieben werden. Denn ist das Mammutprojekt einmal fertig, soll in der Emscher nur noch sauberes Wasser fließen, während das schmutzige durch Kanäle transportiert wird. Aus der ehemaligen „Köttelbecke“, die sich in ihrem Betonbett stinkend den Weg von Holzwickede nach Dinslaken bahnte, soll so bis 2020 ein sauberer, sich natürlich windender Fluss werden.
Seit 1990 verfolgt die Emschergenossenschaft das 4,4 Milliarden-Projekt, das sich über drei Jahrzehnte und unzählige Baustellen hinzieht. Trotz der ein oder anderen Verzögerung zieht die Genossenschaft eine positive Zwischenbilanz: Bereits fertig gestellt sind 200 von geplanten 400 Kanalkilometern sowie 55 von insgesamt 350 Kilometern Gewässerlandschaft. „Zwischen der Quelle in Holzwickede und der Kläranlage in Dortmund-Deusen ist die Emscher fast abwasserfrei“, verkündet Ilias Abawi, der Pressesprecher der Emschergenossenschaft.
Anwohner kritisieren unnötigen Baustellen-Verkehr
Was sich von Seiten der Emschergenossenschaft wie ein rundum gelungenes Projekt anhört, ist jedoch mit Baulärm, Schmutz und LKW-Verkehr auch eine Geduldsprobe für die Anwohner. So machten etwa die Bewohner von Dortmund-Schönau durchwachsene Erfahrungen mit dem Emscher-Umbau. „Es gab eine kolossale Fehlplanung, bei der rund 400 LKW-Ladungen Erde erst in das Dorf reingefahren wurden und dann direkt wieder raus. Das war wirklich der größte Quatsch aller Zeiten“, schimpft Dieter Güttmann von der Bürgerinitiative Schönau über den unnötigen Lastwagen-Verkehr durch die schmalen Straßen.
Die Initiative sei allerdings nicht gegen das Projekt Emscher-Umbau an sich, sondern wolle nur die Belastung für die Anwohner so gering wie möglich halten. In diesem Bemühen habe er die Emschergenossenschaft allerdings „wenig kooperativ“ erlebt, sagt Güttmann. Wenn 2011 in Dortmund-Schönau der nächste Bauabschnitt beginnt, werde die Bürgerinitiative deshalb genau darauf achten, dass die Emschergenossenschaft den Planfeststellungsbeschluss einhält. Denn in diesen konnte die Initiative auch einige Vorschläge einbringen, die den Verkehr mindern sollen.
Offenlegung der Emscher in Dortmund-Aplerbeck
Während mancherorts noch schweres Gerät am Werk ist, sind an anderen Stellen schon die ersten Ergebnisse der Fluss-Renaturierung sichtbar. So etwa am Borbecker Mühlenbach im Bereich der Wickenburger Brücke in Essen. Wo das Wasser früher von Betonwänden in einen schnurgeraden Verlauf gepresst wurde, schlängelt es sich nun kurvenreich unter den Füßen des Betrachters hindurch. Ein ähnliches Resultat soll in diesem Jahr noch an weiteren Stellen erreicht werden: In Dortmund-Aplerbeck lassen die Umbauarbeiten einen Teil der Emscher wieder ans Tageslicht kommen. Dass der Fluss in diesem Bereich bisher unterirdisch verlief, hatte einen einfachen Grund - den unerträglichen Gestank der ehemaligen Kloake. Mit einer neuerlichen Geruchsbelästigung müssen die Aplerbecker jetzt nicht mehr rechnen, schließlich ist die Emscher hier inzwischen sauber. Ähnliche Maßnahmen stehen für dieses Jahr auch in Dortmund-Hörde, Castrop-Rauxel und Gladbeck an
In zehn Jahren sollen dann alle Kanäle verlegt und alle Wasserläufe ökologisch verbessert sein, verspricht Ilias Abawi. „Wir bemühen uns, die Bauzeit und die Belästigung so gering wie möglich zu halten.“ Trotzdem seien gewisse Einschränkungen bei Baustellen in Innenstädten, wie etwa vor dem Aplerbecker Rathaus unumgänglich, so Abawi. In Aplerbeck überwiege bei den Bürgern aber die Vorfreude auf den neugestalteten Stadtkern, versichert Ulrich Krüger von der Bezirksverwaltung Aplerbeck. „Die Zeiten mit enormer Belastung durch Straßensperrungen, Schmutz und Lärm sind zum Glück inzwischen vorbei. Im Gegensatz dazu werden die Bürger von den anstehenden Bauarbeiten nur gering tangiert.“.
Verzögerung beim Rückhaltebecken
Das größte Bauvorhaben wird sich allerdings noch bis Mitte des Jahres verzögern: Eigentlich sollten schon im Frühjahr die Arbeiten für das Hochwasserrückhaltebecken beginnen. Mit einem Fassungsvermögen wie 1,1 Millionen Badewannen wird das Becken einmal die Emscher-Städte for Überflutungen schützen. Auf der Fläche zwischen Dortmund und Castrop-Rauxel prägen zur Zeit aber noch keine riesigen Baggerlöcher, sondern archäologische Ausgrabungen das Bild.
Auch bei einem weiteren Herzstück des Emscher-Umbaus geht es in diesem Jahr weiter: der Abwasserkanal Emscher, der ab 2017 das Schmutzwasser aus den kleineren Kanälen in die Kläranlage Emschermündung in Dinslaken abführen soll. Von dort fließt es dann gesäubert in den Rhein. Nach dem ersten Spatenstich im vergangenen September beginnen in den nächsten Monaten die Arbeiten. Dann müssen sich die großen Bohrer noch über 51 Kilometer durch die Erde wühlen um die letzten 35 000 Stahlbetonrohre zu verlegen, die aus der ehemaligen Kloake endgültig einen sauberen Fluss machen sollen.