Düsseldorf. Frauen gehen ins Büro. Männer unters Auto. Vorurteil oder Fakt? Der neue Bildungsreport des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik liefert Zahlen. Wir haben die wichtigsten.
Im Laden begegnen sich die Geschlechter noch: Sowohl junge Männer als auch Frauen zog es im vergangenen Ausbildungsjahr in den Einzelhandel. In zweiter Wahl jedenfalls. Die meisten jungen Männer sehen ihre Zukunft eher mit dem Schraubenschlüssel unter der Motorhaube. Der größte Teil der weiblichen Azubis strebt eine Zukunft zwischen Tastatur und Telefonhörer an: als Bürokauffrau.
"Frauenjobs" mit geringerer Bandbreite
Klischees? Nein, Ergebnisse des jüngsten „Bildungsreportes Nordrhein-Westfalen“ des Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik. Zwei Trennlinien pflügen ein Raster in den Datenberg. Da ist zum einen die Linie zwischen den Geschlechtern und zum anderen die unterschiedlichen Entwicklungen zwischen Stadt und Land. So zieht es junge Männer in den handwerklichen Bereich, Spitzenreiter ist hier der Beruf des Kraftfahrzeugmechatronikers. Die Frauen ergreifen entweder einen Bürojob, gehen in den Einzelhandel oder widmen sich der Schönheit oder Gesundheit ihrer Mitmenschen als Friseurin beziehungsweise medizinische Fachangestellte. Dabei ist die Bandbreite männlicher Berufswahl größer: die zehn beliebtesten Berufe machten 34,1 Prozent aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2007 aus. Dagegen konzentrieren sich 56,7 Prozent aller weiblichen Neu-Azubis in den gleichen zehn Berufen. Insgesamt findet sich eine Mehrheit von 60 Prozent aller „frischen“ Auszubildenden in 25 der rund 360 staatlich anerkannten Ausbildungsberufe wieder. Mehr junge Frauen (28,3 Prozent) als Männer (24 Prozent) bleiben ohne beruflichen Bildungsabschluss.
Der akademische Nachwuchs beiderlei Geschlechts läuft sich vor allem in den Vorlesungen für Wirtschaftswissenschaften und in der Betriebswirtschaftslehre über den Weg. Die Fächer sind Spitzenreiter. Danach teilt sich das Feld in Germanistinnen und Maschinenbauer, zumindest bei jenen, die im verstrichenen Jahr ein Studium aufnahmen. Insgesamt war ein leichter Zuwachs bei den Studienanfängern festzustellen. Das schulische Bildungsniveau ist nahezu ausgeglichen, obwohl ein größerer Anteil der Schülerinnen die Realschulbank drückt als ihre männlichen Altersgenossen.
Immer weniger Hauptschüler
Eine wachsende Zahl von Eltern entscheidet sich gegen die Hauptschule. Die Anzahl der Neuanmeldungen bei einer Hauptschule stagniert mit 15,1 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit Einführung der Schulform in den 60er Jahren. Bei den aktuellen Schulabgängern liegt der Anteil der Hauptschüler noch bei 21,5 Prozent. Dennoch ist der Hauptschulabschluss in der Gesamtbevölkerung nach wie vor am häufigsten, sein Anteil beträgt 38,3 Prozent. Der größte Teil der heutigen Abgänger verlässt die Schule mit einem Realschulabschluss in der Tasche. Insgesamt stellt das Landesamt eine Tendenz zu höherwertigen Abschlüssen fest, unter heutigen Schulabgängern gibt es weit mehr Abiturienten als in vorigen Generationen. Die Gymnasien verzeichnen auch die meisten Neuanmeldungen mit 28,5 Prozent.
Bildungsbiographien auf dem Land sind tendenziell sowohl bodenständiger als auch solider als in der Stadt. Es gibt mehr Anmeldungen zur Hauptschule (im Kreis Olpe mehr als 30 Prozent) als in der Stadt (im Kreis Herford 5,5 Prozent, in Bottrop und Mülheim je 7,2 Prozent). Aber gleichzeitig erreicht ein höherer Teil der Schulabgänger mindestens den Hauptschulabschluss: während beim ländlichen Spitzenreiter Warendorf nur 3,7 Prozent ohne die Bescheinigung blieben, waren es beim urbanen Schlusslicht Gelsenkirchen gut 10 Prozent.
Mehr Kitaplätze in Unistädten
Schon heute gehen auf dem Land weniger Kleinkinder in eine Tagesstätte (in Olpe 3,2 Prozent der unter 3-Jährigen) als in der Stadt, insbesondere in Universitätsstädten ist der Anteil frühkindlicher Betreuung höher. In Münster sind es mehr als 14 Prozent. Längerfristig leeren sich aufgrund des demografischen Wandels die Schulzimmer auf dem Land: 2029 soll ein knappes Viertel weniger Schüler die Bänke im ländlichen Raum drücken. In Köln, Bonn oder Düsseldorf liegt der prognostizierte Rückgang dagegen unter 5 Prozent.
Beim Bologna-Prozess, der Neuorganisation der Studiengänge, kann inzwischen Vollzug gemeldet werden. Die Mehrzahl der Uni-Kurse sind auf das neue Studiensystem umgestellt: das Landesamt konstatiert erstmals mehr Neuanmeldungen für Bachelor- und Masterkurse als für traditionelle Studienabschlüsse.
Doppelter Abijahrgang 2013 bringt Probleme
Eine Belastungsprobe für alle Beteiligten wird das Jahr 2013 bringen: in fünf Jahren treffen die letzen Absolventen des neunjährigen Gymnasiums auf die ersten Schüler mit achtjähriger Gymnasialzeit. Mehr als doppelt so viele junge Männer und Frauen wie 2007 werden in jenem Jahr mit dem Abitur auf den Ausbildungsmarkt strömen. Mit Auswirkungen übrigens nicht nur für das Hochschulsystem: sekundär wird auch der Ausbildungsmarkt betroffen sein. Für mehrere Jahre soll die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen ansteigen. Die Leidtragenden sind die Nicht-Abiturienten, sie müssen sich in den dann folgenden Jahren einer noch stärkeren Konkurrenz durch Abiturienten stellen.