Essen. OB Thomas Kufen bewegt sich juristisch auf dünnem Eis. Politisch jedoch macht er alles richtig. Jetzt fehlt noch ein letzter Schritt.

Der Knall der zufallenden Tür war bis nach Berlin zu hören und ist als klares Signal zu verstehen: Die Stadt Essen und die allermeisten ihrer Bürgerinnen und Bürger heißen die Rechtsaußen von der AfD nicht willkommen. Die Messe hat den Hallenvertrag mit der Partei gekündigt.

Dabei ist offen, ob der für in drei Wochen geplante Bundesparteitag mit allen unangenehmen Folgen für die Menschen in Essen nicht dennoch abgehalten werden kann. Denn juristisch steht die Entscheidung auf wackeligen Füßen.

Viel wichtiger aber ist die politische Wirkung. Die Demokratie, bestens vertreten durch den mutigen Oberbürgermeister Thomas Kufen, zeigt Zähne. Endlich, möchte man hinzufügen. Dass und wie Kufen nun durch die AfD angefeindet wird, dass man ihn gar anzeigt und so tut, als habe er eine Straftat begangen, weil er die AfD draußen halten will, dürfte der erfahrene Christdemokrat mit einem souveränen Achselzucken quittieren.

AfD radikalisiert sich immer weiter

Natürlich gibt es auch ernstzunehmende kritische Stimmen. Ist es nicht falsch, eine zugelassene Partei, die bundesweit nicht wenig Zustimmung erhält, daran zu hindern, was jede Partei tut und tun muss: Parteitage abzuhalten? Und was eigentlich hat sich geändert, nachdem der Hallenvertrag zunächst abgeschlossen worden war? Gilt nicht auch im Umgang mit der AfD der einfache Rechtsgrundsatz, dass Verträge einzuhalten sind?

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) zeigt Zähne.
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) zeigt Zähne. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Tatsächlich hat sich in der Zwischenzeit eine Menge getan. An dem Geheimtreffen in Potsdam im November, als Extremisten die durch und durch kranken Deportationspläne im Nazi-Stil formuliert haben, waren AfD-Leute maßgeblich beteiligt. Thüringens Landesparteichef Björn Höcke, für viele der (un-) heimliche Strippenzieher auf allen Bundesparteitagen, wurde jüngst wegen des Verwendens der Nazi-Parole „Alles für Deutschland“ verurteilt.

Extremisten ist die AfD zu radikal

Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist: Die Befürchtung stand und steht im Raum, dass sich die AfD vor dem Hintergrund ihrer fortschreitenden Radikalisierung auch in Essen nicht benehmen kann und es während des Parteitags zu strafbaren Äußerungen kommt, die nicht zu dulden sind. Es spricht doch Bände, dass die AfD der Aufforderung Essens, rechtsverbindlich auf solche strafbaren Äußerungen zu verzichten, nicht nachkommen will.

Selbst der Rechtsaußen-Fraktion im jetzt zur Wahl stehenden Europaparlament, die sich „Identität und Demokratie“ nennt und in der Bewegungen wie der europafeindliche und von Rassisten durchsetzte französische Rassemblement National den Ton angeben, steht die AfD inzwischen zu weit rechts. Daher wurde sie auch dort vor die Tür gesetzt.

Hendrik Wüst steht hinter Kufen

Nein, Kufen und Messechef Oliver P. Kuhrt machen alles richtig. Kufen folgt hier der konsequenten Linie der NRW-CDU und weiß daher, dass nicht nur die Bezirksregierung, sondern auch die Staatskanzlei in Düsseldorf klar hinter ihm stehen. Schließlich ist es der NRW-Ministerpräsident selbst, der mit Blick auf die AfD in beispielloser Klarheit von einer „Nazi-Partei“ spricht.

Die Schlussfolgerung daraus muss sein, nun auch konsequent weitere Schritte zu gehen. Es reicht nicht, Bundesparteitage verhindern zu wollen. Die AfD mit ihrer verfassungsfeindlichen Gesinnung gehört als Ganzes verboten – ganz gleich, wie viele Stimmen sie am Sonntag auch bekommen mag. Es wäre schön, wenn eine Initiative hierzu aus NRW käme.

Und noch ein „Übrigens“ zum Schluss: Die Hetze der Rechtsradikalen eindämmen zu wollen, bedeutet nicht, die Augen vor den Problemen mit Migration gerade in einer Stadt wie Essen zu verschließen. Parallelgesellschaftliche Strukturen wie die kriminellen Clans müssen mit aller Härte bekämpft werden. Flüchtlinge, die zu Straftätern werden, verwirken ihr Gastrecht, auch wenn das leichter gesagt als umgesetzt ist. Überlassen wir es den Demokraten, das seriös zu lösen.