Ruhrgebiet. Manche fühlen sich bedroht und bedrängt, andere absolut sicher in Bus und Bahn. Nutzer verraten uns, was man da alles erleben kann.
Dieter Schlimmer, Gelsenkirchen: „Wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, vermeide ich Einzelsitzplätze - vor allem in einer Ecke. Besser ist ein Sitzplatz in unmittelbarer Nähe zu anderen Fahrgästen und in der Nähe von Notrufsystemen. Schwieriger sind Situationen an dunklen und einsamen Haltestellen, an denen keine Überwachungssysteme eingerichtet sind . Das gilt auch für große und einsame U-Bahn-Haltestellen, die . . . häufig ein Gefühl des Unwohlseins vermitteln.
Da potenzielle Täter in der Regel Lärm und Krach meiden, habe ich immer eine Trillerpfeife und abends eine starke Taschenlampe dabei. Außerdem achte ich in Bussen und Bahnen immer auf eventuell Auffälliges anderer Fahrgäste. Das hilft mir, potenzielle Gefahren gut einschätzen zu können. Übrigens, als Trainer für Zivilcourage der Mutiger-Stiftung vermitteln wir vor allem jungen Leuten Tipps, wie man Opfern im Umfeld von öffentlichen Verkehrsmitteln helfen kann und wie man es vermeidet, selbst zum Opfer zu werden.“
Es „kam nur ein Grinsen und freche Antworten“
Heike Kensbock, Oberhausen: „Geschehen in einer Straßenbahn von Mülheim Richtung Oberhausen: Zwei junge Männer holten in der überfüllten Bahn ihre E-Zigaretten hervor und pusteten den Qualm in die Gesichter ihrer gegenüber sitzenden Mitfahrer. Auf die Bitte, dies zu unterlassen, da es nicht erlaubt sei, kam nur ein Grinsen und freche Antworten. Ein Herr wurde im Ton etwas lauter, was die Situation unangenehm bedrohlicher machte.
Mittendrin im Geschehen klopfte ich mehrmals an die verschlossene Tür des Fahrers der Bahn. Nach einigen Minuten öffnete er und fragte, was los sei. Nach Schilderung der Situation forderte er die zwei Männer auf, die Bahn zu verlassen. Das ist dann Gott sei Dank ohne Gewalt ausgegangen. Ansonsten vermeide ich das Ansprechen von Fehlverhalten einiger Fahrgäste. Die Angst vor tätlichen Angriffen ist leider immer im Hinterkopf. Es ist schön, dass man aber auch immer wieder auf nette, hilfsbereite Mitreisende trifft . . .“
„Sicher fühlt man sich da als Frau von 162 cm nicht“
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Anonym, Dortmund: „Bin als Pendlerin tagtäglich mit der U-Bahn und der Regionalbahn zu jedweder Tageszeit unterwegs. Viele ausländische Männer, leider auch junge Frauen . . . benehmen sich sehr respektlos Frauen gegenüber. Man wird gezielt angerempelt, der Weg wird einem abgeschnitten, Jugendliche rülpsen einem von hinten in die Ohren, stellen ihre Musik ohrenbetäubend laut. In den Bahnen wird man zusammengepfercht wie in einem Viehtransport. Sicher fühlt man sich da als Frau von 162 cm nicht.
Ständig wird man im Bahnhof angebettelt, die Obdachlosen campieren auf den Zugängen und Stufen, die Drogensüchtigen bedrängen einen in beängstigender Weise und bereiten sich ihren Schuss auch mal gerne auf der Treppe zur U-Bahn. Besonders unangenehm finde ich, dass für den BVB ständig Ausnahmen gemacht werden und ich mich durch Unmengen alkoholisierter Männer und Frauen quetschen muss und übelst beschimpft werde, wenn ich versuche, an der Tür stehenzubleiben, damit ich an der nächsten Haltestelle auch wirklich aussteigen kann . . .“
„Selbst im Bahnhof Oberhausen sind wir nicht sehr ängstlich“
Karin Ricken, Oberhausen: „Meine Schwester und ich sind mehrmals im Jahr spät abends mit dem Zug unterwegs, da wir viele Konzerte besuchen. Wir wundern uns immer wieder, wie voll die Züge an normalen Arbeitstagen um Mitternacht noch sind. Viele Mitfahrer geben ein bisschen Sicherheit. Trotz alledem habe ich immer etwas zum Sprühen greifbar, sei es Deo, Haarspray oder einfach nur Erfrischungswasser.
Ich würde diese Sprays auch jederzeit benutzen, wenn ich mich im Notfall schützen muss. Allerdings muss ich sagen, dass wir noch niemals in eine bedrohliche Situation gekommen sind. Selbst im Bahnhof Oberhausen sind wir da nicht sehr ängstlich. Wir versuchen zwar schon, hier schnell wegzukommen, aber ganz ohne Panik.“
„Oft Polizisten und Polizistinnen zu fünft unterwegs“
Uwe Skoczypik, Essen: „Weil ich als Integrationshelfer mit Menschen mit Handicap arbeite, bin ich in der Woche mehrmals mit dem Zug und der Ruhrbahn unterwegs . . . Wenn ich manchmal mit meiner Klientin (am Hbf Essen) auf den Zug warten muss, kann ich viel beobachten. Z. B., dass oft Polizisten und Polizistinnen zu fünft unterwegs sind. Kaum ein Tag vergeht, an dem man nicht liest, dass die Polizei einschreiten musste . . .
Angst habe ich persönlich nicht. Jedoch gehe ich sehr wachsam in den Bahnhof und überlege mir, was ich genau tun würde, wenn ich mich und meine Klientin schützen müsste. Ich habe den Kleinen Waffenschein beantragt und auch bekommen. In den Bussen und Bahnen ist es besser. Zwar ist das Trinken von Alkohol in Bussen und Bahnen scheinbar normal geworden. Angriffe habe ich jedoch noch nicht erlebt . . .“
„Respekt, keine Angst, und einfach mal miteinander reden“
Günter Gößling, Essen: „Wir wohnen seit anderthalb Jahren am Wasserturm. Verkehrskreuz mit tollen Anbindungen, mehrmals täglich genutzt. Wir werden äußerst freundlich von allen Mitfahrern, die teilweise aus dem Ausland stammen, behandelt.
Bei einigen haben wir im Gespräch erfahren, dass in ihren Heimatländern der Respekt vor älteren Menschen anerzogen ist. Respekt, keine Angst, und einfach mal miteinander reden. Glück Auf!“
„Fahren mit dem Bus ist viel interessanter als jeder Besuch in der Kneipe“
Gerhard Zelle, Gelsenkirchen: „Das Fahren in Bus, Straßenbahn ist sicher. Ich bin 68 Jahre, habe das 49-Euro-Ticket und nutze das Auto nicht mehr oft. Das Publikum ist allerdings viel internationaler und die Sprachen sind sehr vielfältig. Das ist insbesondere für Wenigfahrer gewöhnungsbedürftig, denn es ist oft laut, und es wird mit Händen und Füßen geredet. Das Fahren mit dem Bus ist aber viel interessanter als der Besuch in jeder Kneipe . . .
Da wird telefoniert, über die Probleme des Alltags geredet. Vieles bekommt man als Zuhörer mit und denkt: „Gott sei Dank, dass ich gerade weniger Probleme habe.“ Jeder Politiker, der ernsthaft wissen will, wo die Menschen der Schuh drückt, der braucht nur drei Monate Straßenbahn zu fahren. Er lernt dort das echte Leben, die echten Probleme kennen. Er fängt an, die Menschen zu verstehehen.“