Dortmund. Als Chefin eines typischen Männer-Betriebs hatte Wenke Völkmann-Gröne das Gefühl, sich beweisen zu müssen. Dann dachte sie: „Jetzt erst recht.“

Tischlerin, Ingenieurin oder Maschinenbauerin: Noch immer können sich nur wenige Frauen in NRW für männlich geprägte Berufe begeistern. Das zeigen neuste Zahlen zum Arbeitsmarkt. Wenke Völkmann-Gröne möchte das ändern. Die 56-Jährige ist Geschäftsführerin der Maschinenfabrik „Völkmann“ in Dortmund. In einem Protokoll erzählt sie, wie schwierig der Weg für Frauen an die Spitze ist.

„Dass ich einmal eine Maschinenfabrik leite, war so nicht geplant. Nach dem Abi habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht und anschließend ein Jurastudium angehängt. Einmal fragte mein Vater mich, ob ich nicht mal in seinen Betrieb reinschauen möchte. Damals waren wir ein Zulieferbetrieb für den Bergbau. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden waren von patriarchalen Strukturen geprägt. Ich habe lange überlegt, ob ich da rein gehen möchte. Und ich habe mir als Frau die Frage gestellt: Schaffe ich das überhaupt? Bin ich gut genug?

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Am Ende habe ich es gemacht – und gemerkt, dass ich total Spaß daran hatte, im Betrieb zu arbeiten, den Weg des Unternehmens mitzugestalten, etwas zu verändern. Im Jahr 2000 habe ich dann mit meinem Mann die Geschäftsführung übernommen. Wir mussten den Laden weg vom Bergbau, hin zu neuen Kunden aus der Industrie lenken.

Unternehmerin aus Dortmund: „Musste meine Mitarbeiter erst von mir überzeugen“

Mein Start war heftig: Sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden waren skeptisch, wie das Geschäft mit einer Frau an der Spitze laufen soll. Mein Vater hatte das Unternehmen zuvor autoritär und patriarchalisch geführt, alles musste zuerst über seinen Schreibtisch wandern. Ich habe eine andere Führungskultur. Mir ist bei den Mitarbeitern Kommunikation, Kooperation und Eigenverantwortung sehr wichtig. Doch wenn ich mit neuen Ideen kam, musste ich viel Überzeugungsarbeit leisten.

Auch die Kunden haben mich anfangs nicht ernst genommen. Wenn Einkäufer bei uns angerufen haben, wollten sie direkt meinen Vater oder meinen Mann sprechen. Und wenn ich mich mit der Firma bei Kunden aus der Stahlindustrie oder von Kohlekraftwerken vorgestellt habe, saßen oft zehn Männer über 50 vor mir, lehnten sich zurück und blickten mich an, ganz nach dem Motto: „Ach, Herr Völkmann hat seine Tochter geschickt. Na dann erzähl mal, Mäuschen.“ In diesen Momenten raste mein Herz und ich fragte mich, was ich da eigentlich machte.

Als Frau an der Spitze aufgeben? „Ich dachte mir: So schnell bekommt ihr mich nicht klein.“

Ich musste besser sein als meine männlichen Kollegen und nicht nur in der Sache überzeugen, sondern auch das Vorurteil ausräumen „Frauen verstehen nichts von Technik“. So habe ich mich bei Verhandlungen immer sehr genau vorbereitet. Mein Vater musste sich vor einer Verhandlung viel weniger vorbereiten. Was er sagte, wurde von vornherein ernst genommen und hatte Gewicht.

Warum ich nie aufgegeben habe? Ich dachte mir: „Jetzt erst recht. So schnell bekommt ihr mich nicht klein.“ Und ich habe es mir zum Vorteil gemacht, dass ich als Unternehmerin unterschätzt werde. Durch gute Vorbereitung habe ich bei Verhandlungen und Gesprächen mein Gegenüber überzeugt, den Preis durchbekommen, den ich wollte, und konnte neue Kunden gewinnen. So habe ich mir auch das Vertrauen und den Respekt bei der Belegschaft erarbeitet.

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Ich habe das Gefühl, dass sich durch den Generationenwechsel einiges bei der Gleichberechtigung tut. Aber wir sind noch lange nicht am Ende. Die Gesellschaft hat das Thema noch nicht verinnerlicht. Es ist immer noch nicht selbstverständlich, dass eine Frau Karriere machen kann. Viele Frauen trauen sich noch immer Berufe im Maschinenbau oder als Ingenieurin nicht zu.

Dortmunder Unternehmerin: „Wir wollen Mädchen ermutigen, mit dem Beruf in Kontakt zu kommen“

Auch unser Betrieb hat es schwer, Frauen zu finden. Das finde ich sehr schade, denn es gibt nichts, was bei uns nicht auch Frauen machen könnten. Auf unserem Firmengelände wollen wir deshalb ein Zentrum für Berufsorientierung errichten. Hier sollen junge Menschen die Möglichkeit bekommen, sich auszuprobieren. Vor allem Mädchen wollen wir ermutigen, mit dem Berufsfeld in Kontakt zu kommen.

Zudem engagiere ich mich in der MINT-Förderung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), unterstütze Frauen als Mentorin. Für Schulen habe ich gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendtechnologiezentrum Dortmund ein OGS-Projekt (Offene Ganztagsschule) ins Leben gerufen, damit Kinder so früh wie möglich einen Zugang zu den Themen bekommen – unabhängig vom Geschlecht.

Ich finde es wichtig, dass wir Frauen uns nicht nur untereinander unterstützen, sondern dass auch die Männer mit im Boot sind. Nur so kann Gleichberechtigung gelingen. Davon profitieren nicht nur wir Frauen in der Arbeitswelt, sondern auch die Männer.“

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