Ruhrgebiet/Düsseldorf. Viele Menschen im Ruhrgebiet sind in Sorge um ihre Verwandten, Freunde, Gastfamilien in Israel. Jugendgruppen erleben dort Kriegsausbruch.

Vor den Synagogen im Lande stehen mehr Polizisten als üblich, und die israelische Flagge weht vor der Düsseldorfer Staatskanzlei. Damit will Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ein Zeichen gegen den Terror setzen. „Wir verurteilen den verbrecherischen Angriffskrieg der Hamas aufs Schärfste“, schreibt er auf X (vormals Twitter). „Der Terror darf niemals siegen ... Unsere Gedanken sind bei unseren Freunden, bei den Opfern & ihren Angehörigen.“

Beliebtes Land für Jugendreisen

Das trifft auf viele Menschen zu, die Verbindungen zu Israel haben. Allen voran die Mitglieder der jüdischen Gemeinden. „Wir alle haben Familie dort und sind unglaublich betroffen, das ist wirklich eine Katastrophe!“, erklärt Judith Neuwald-Tasbach, ehemalige Vorsitzende in Gelsenkirchen.

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Israel ist aber auch ein beliebtes Land für Jugendreisen. In Essens Partnerstadt Tel Aviv ist eine Gruppe von sechs Jugendlichen und drei Betreuern vom Kriegsausbruch überrascht worden. Am Samstagmorgen um 6.32 ertönte der Raketenalarm. „Aber wir sind sicher. Uns geht es gut“, betont Gordon Wenzek, Teamleiter des Stadtverbandes der Essener Kinder- und Jugendverbände. Im Hotel gibt es einen gepanzerten Raum für den Fall eines neuen Alarms.

Aber die Gruppe versucht natürlich, so schnell wie möglich die Ausreise zu organisieren. „Wir sehen von unserem Appartementhaus die Transport- und Kampfhubschrauber aufsteigen“, sagt Wenzek. Der Widerschein der Explosionen habe den Nachthimmel immer wieder erhellt. Ein hundert Meter entfernt stehendes Haus sei getroffen worden. Die Jugendlichen sollen nach der Rückkehr auch psychologisch betreut werden.

Die Gastgeber sind nun im Krieg

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Wolfgang Heitzer hat erst Anfang der Sommerferien eine Jugendgruppe aus Oberhausen nach Jerusalem begleitet im Rahmen des „Multi“-Austauschs. „Wir sind alle geschockt“, sagt Heitzer. „Die Jugendlichen sind in Kontakt mit ihren Familien vor Ort.“ Einige ihrer Gastgeber sind bei der Armee – und plötzlich im Krieg. Eine israelische Jugendliche hat zurückgeschrieben, sie helfe nun im Krankenhaus. Einige Familienmitglieder seien „Reservesoldaten. „Hoffentlich ist alles schnell vorbei.“

Mit mehreren Solidaritätskundgebungen in Köln, Münster und in Düsseldorf haben hunderte ihre Solidarität bekundet. Auf der Wiese vor dem Landtag kamen auf Initiative der deutsch-israelischen Gesellschaft Düsseldorf nach Polizeiangaben rund 500 Menschen zusammen. Zu den Rednern zählten die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) und der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU). Es blieb friedlich. Nur als ein Mann eine Flagge Palästinas zeigte, sprach die Polizei einen Platzverweis aus.

Emil Brachthäuser, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Düsseldorf sprach von „blankem Entsetzen“, das ihn angesichts der Bilder aus dem Nahen Osten befallen habe. Gleichzeitig versicherte der Generalstaatsanwalt im Ruhestand: „Unsere Sicherheitsbehörden haben aus vergangenen Fällen gelernt.“ Es sei wichtig, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen. Tatsächlich stehen nun mehr Polizisten als üblich vor den Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen im Land.

Kritik an Jubelszenen in Berlin

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Bert Römgens, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, zeigte sich erschüttert von den Jubelszenen aus Berlin: „Es widert mich an zu sehen, wie auf deutschen Straßen der Terrorismus gefeiert wird.“ Die palästinensische Organisation Samidoun hatte den Aufmarsch laut Medienberichten zu verantworten.

„Köln ist ohne den jüdischen Glauben undenkbar“, betonte dort die Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos): „Unsere Stadt beheimatet eine der ältesten jüdischen Gemeinden Europas. Jüdisches Leben gilt es jederzeit, überall und uneingeschränkt zu schützen.“

Die Flagge Israels weht nun vor vielen Rathäusern und tatsächlich auch digital: auf einer Videoleinwand vor dem Landtag, die normalerweise Besucher informiert. Das Programm der nächsten Tage: Krieg in Israel und Gaza. (mit dpa)