Iserlohn. Der Iserlohner fährt einen ganz besonderen Oldtimer – und er gewinnt jede Menge Rennen mit ihm. Am Nürburgring hat man ihm ein Denkmal gesetzt.
„Es ist einfach ein bildschönes Auto mit einem tollen Sound.“ Ulrich Sauer gerät schnell ins Schwärmen, wenn es um seinen geliebten Oldtimer geht. Und der ist wahrhaftig prachtvoll, und das kehlige Motorgrollen steht seiner optischen Ausstrahlung in nichts nach.
Aus dem Jahre 1938 stammt der weiße Sportwagen und ist damit vier Jahre älter als sein stolzer Besitzer. Seit mehr als einem halben Jahrhundert bilden die beiden Iserlohner Originale ein ebenso unverwechselbares wie unzertrennliches Gespann. Wie viele Kilometer sie gemeinsam auf Straßen und Rennstrecken verbracht haben, kann Ulrich Sauer nicht einmal annähernd sagen: „Der Tacho hat sich mehrfach gerundet, wurde repariert, auf Null gestellt, und weiter ging’s“, weiß er lediglich zu berichten.
„Alles nur wertloses Zeug“?
Wichtig ist ihm das ohnehin nicht. Genauso wenig wie die stattliche Pokal- und Siegerkränzesammlung, die der Motorsportbegeisterte im Laufe der vergangenen fünf Jahrzehnte Stück um Stück vergrößert hat. Es mögen wohl einige hundert Trophäen sein, die da hoch in den beiden Giebeln seiner geräumigen Garage vor sich hin stauben. „Im Grunde genommen ist das alles doch nur wertloses Zeug, und wird nach mir wohl in die Tonne gekloppt. Was will man schon damit?“, zeigt sich der gebürtige Sauerländer nicht sonderlich nostalgisch.
Anders sieht das schon mit den immateriellen Erinnerungen aus. Die zaubern Ulrich Sauer binnen weniger Augenblicke sofort ein dankbares Strahlen in die Augen: Vier Mal hat er mit seinem BMW 328 an der legendären Mille Miglia in Italien teilgenommen. Zwei Mal beim Oldtimer-Rennen in Monte Carlo die schnellste Zeit hingelegt und von der Ostsee bis in die Niederlande ungezählte weitere Rallyes und Rennen erfolgreich und nicht selten überaus erfolgreich bestritten. Ulrich Sauers größter Triumph ist aber wohl doch mit dem Nürburgring in der Eifel verbunden. Hier hat der Iserlohner 50 Mal in lückenloser Folge hintereinander am Oldtimer-Grand-Prix teilgenommen – und zwar immer mit seinem flotten BMW 328.
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Ehrung mit Ahorn und Gedenktafel
Eine solche Treue und Zuverlässigkeit ist in der internationalen Motorsportszene einmalig, und deshalb hat man Ulrich Sauer in diesem Jahr anlässlich seines 50. Jubiläums am Nürburgring ganz feierlich am Rande der Rennstrecke einen Ahorn samt Gedenktafel gesetzt. Da gedeiht das junge Sauerbäumchen nun in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Michael-Schumacher-Ahorn und einigen anderen wahrhaft weltberühmten Auto-Prominenten. „Eigentlich war das ja der Ehre ein bisschen zu viel“, meint Uli Sauer in ehrlicher Bescheidenheit – aber über die völlig unerwartete Überraschung hat er sich natürlich doch riesig gefreut.
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Die Leidenschaft für schöne und schnelle Autos erwuchs bereits bei dem kleinen Ulrich mit gerade einmal neun Jahren. „Damals hat mir mein Vater auf dem elterlichen Hof das Autofahren beigebracht, und daraus ist eine lebenslange Freude geworden“, so der heute 81-jährige Iserlohner. In den ersten BMW 328 verliebte sich Uli Sauer zu Beginn der 60er Jahre. „Den Kaufpreis von 2000 D-Mark konnte ich bei meinem Lehrlingseinkommen als angehender Handelskaufmann von 35 Mark pro Woche natürlich nicht aufbringen“, seufzt der Oldtimerfan noch heute. Ein paar Jahre später erwarb er jedoch gemeinsam mit zwei Freunden für 1000 Mark einen Opel, Jahrgang 1943, in Dortmund, den er später allein übernahm. 1970 schlug dann endlich die Stunde des BMW 328: „Für 6000 Mark habe ich ihn in Osnabrück gekauft und nie wieder hergegeben.“
Blumen von Fürstin Gracia Patricia
Aus dem einstmals vierstelligen Betrag ist inzwischen ein Wert im deutlich sechsstelligen Segment geworden, dessen ist sich Sauer durchaus bewusst, ohne natürlich je an einen Verkauf denken zu wollen. Das hoch dekorierte Ehrenmitglied im „BMW Klassieke Autoclub Nederland“ ist ganz nebenbei auch schon 60 Jahre Mitglied im deutschen „Allgemeinen Schnauferlclub 1900“. Dass ihm anlässlich eines Sieges in Monte Carlo einmal keine Geringere als Fürstin Gracia Patricia persönlich den Pokal überreichte und dazu ein riesiges Blumenbouquet auf die Motorhaube seines BMW legte, gehört zu den ganz besonders unvergessenen Momenten in Sauers so ereignisreichem Motorsportleben: „Mit fünf Sekunden Vorsprung habe ich damals vor Mercedes und Bugatti vor den Augen der Fürstin gewonnen, denn die Konkurrenz kam nicht so geschmeidig um die engen Kurven wie ich in meinem 328“, freut sich Uli Sauer nach wie vor diebisch über seinen verdienten Erfolg. Inzwischen lässt es der Iserlohner etwas ruhiger Angehen, aber noch immer unternimmt er, gemeinsam mit seiner Frau Marianne, viele Ausfahrten zu diversen Rallye-Treffen in nah und fern. Seit 58 Jahren sind die Sauers verheiratet: „Ich wusste ja von Anfang an, worauf ich mich einlasse“, zeigt sich die begeisterte Hobbygärtnerin an Ulrichs Seite nach wie vor geduldig und auch gern mitmachbereit, wenn es wieder mal auf die Strecke geht.
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Auch die Enkelin ist infiziert
Sohn Martin Sauer hat derweil längst eine kleine eigene Oldtimer-Sammlung, u. a. ebenfalls mit einem BMW 328, und inzwischen ist die 25-jährige Enkelin Anna zudem vom Oldtimer-Virus heftig infiziert. Dass in diesem Jahr Vater und Sohn mit ihren beiden 328ern die Jubiläumsrunde auf dem Nürburgring gemeinsam gefahren sind, bedeutet vielleicht eine Art Höhepunkt aus familiärer Sicht. Aber im nächsten Jahr will es Ulrich Sauer dennoch zum 51. Mal in der Eifel wissen: „Das bin ich der Ehrung, die mir dort zuteil geworden ist, einfach schuldig“, zeigt der Iserlohner nach wie vor den vorbildlichen Charakter eines echten Sportsmanns.
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