Ruhrgebiet. Trickbetrüger erfinden immer neue Vorwände, um in fremde Wohnungen zu gelangen. Und mitunter bringen sie sogar noch etwas mit.

Ich bin nicht Kevin. Schade. Ich habe nämlich eine Whatsapp bekommen von einer Unbekannten, deren Profilbild ihr offenbar irrtümlich verrutscht ist. Es betont den Oberkörper. Im Text fragt sie, ob ich Kevin sei oder sie eine falsche Nummer habe. Ich habe das auf sich beruhen lassen. Man weiß ja nie . . .

Ulrich Neuhaus aus Bochum kennt alle Tricks, die neuen und die alten. Als Polizeihauptkommissar hält er drei, vier öffentliche Vorträge zum Thema - wöchentlich, versteht sich. „Schockanrufe sind das, was momentan am meisten läuft“, sagt er: „Es kommt aber auch alles immer wieder.“ Und zwar auch persönlich.

„Unser Hund ist in Ihrem Garten“

Der Drang von Trickbetrügern ist ungebrochen, in Ihre Wohnung zu kommen. Falsche Handwerker, schon klar. Es gibt jetzt aber auch die „Unser Hund ist in Ihrem Garten“-Variante: Geht man dann mit einem von den beiden in den Garten, um den Hund zu holen, „bleibt der andere in der Wohnung und guckt, was er mitnehmen kann“, sagt Neuhaus.

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Falsche Baustellenarbeiter parken 200 Meter entfernt von einer wirklichen Baustelle in der Straße, ziehen sich diese orangefarbene Arbeitskleidung an und schellen am Haus hinter der Baustelle. „Wir kommen von der Baustelle und müssen mal kurz das Wasser abdrehen.“ Der Rest ist wie gehabt.

Was ein Gartenzwerg über die Bewohner verrät

Trickbetrüger durchforsten auch gern Kleinanzeigen nach Möbelverkäufen und verschaffen sich unter diesem Vorwand Zugang zu Privatwohnungen, aus denen dann Schmuck und andere Wertgegenstände gestohlen werden.
Trickbetrüger durchforsten auch gern Kleinanzeigen nach Möbelverkäufen und verschaffen sich unter diesem Vorwand Zugang zu Privatwohnungen, aus denen dann Schmuck und andere Wertgegenstände gestohlen werden. © FUNKE Foto Services | Sebastian Konopka

Den Trick mit dem „trojanischen Sofa“ erwähnt die deutsche Versicherungswirtschaft. Möbelpacker nähern sich mit Sofa einem leer stehenden Einfamilienhaus und klingeln den gutmütigen Nachbarn heraus, der nebenan immer die Blumen gießt. Man müsse nur eben das Sofa reinbringen und verschwinde sofort wieder. Eine zweite Anfahrt bedeute ja auch höhere Kosten. Und schon sind sie drin.

Aber wie kriegen sie heraus, dass ein Haus leersteht? Überquellende Briefkästen zu suchen oder Rollläden, die sich nicht bewegen: ist sowas von gestern. In Berlin haben Einbrecher fast unsichtbare Klebefäden zwischen Türblatt und Türrahmen geklebt, und sind die nach ein paar Tagen nicht zerrissen, ist wohl niemand da. Andernorts haben sie Gartenzwerge in Vorgärten gestellt: Wenn die nach mehreren Tagen noch immer nicht abgeräumt sind, ist mit einiger Sicherheit auch hier niemand im Haus.

Falsche Mitarbeiter des Gesundheitsamtes fragen am Telefon Daten ab

In Dortmund haben sich in der letzten Woche Anrufer als Mitarbeiter des Gesundheitsamtes ausgegeben und persönliche Daten abgefragt, darunter den Namen des Hausarztes und die Personalausweis-Nummer der Angerufenen. Es gehe um Corona-Impfstoffbestellungen. Das war natürlich nicht das Gesundheitsamt. „Solche Daten“, so die Polizei Dortmund, „könnten eventuell dazu genutzt werden, sich im Internet zu legitimieren und Transaktionen durchzuführen“ - eventuell über ein illegales Ebay-Konto, siehe oben.

Doch zurück zu Ulrich Neuhaus und Kevin. „Ich tippe darauf, das läuft auf eine Anbahnung hinaus. Irgendwann kommt man sich näher, bekommt Nacktbilder und wird aufgefordert, selbst welche zu schicken. Wer sich darauf einlässt, wird dann damit erpresst, man schicke die Bilder an alle seine Kontakte.“ Beim pflichtgemäßen Nachrecherchieren stelle ich fest: Bild und Nachricht an Kevin sind inzwischen ersetzt. Nun sitzt da einen Frau an einem Tisch hinter Kuchen und Eis und will wissen: „Hello, are you Mr. Louis from Berlin?“ Kein Anschluss für diese Nummer.