Ruhrgebiet. Experten raten zur mechanischen Einbruchssicherung von Fenstern und Türen. Doch staatliche Zuschüsse dafür gibt es nicht mehr.

Die Terrassentür aufgehebelt. Das Balkonfenster zerschlagen. Der Schraubendreher durch die Dichtung. Das Schloss aufgebohrt. Die Plastikkarte im Türrahmen. Mit all diesen Einbruchmethoden hat die Polizei täglich zu tun im Ruhrgebiet. Am Dienstag vergangener Woche: drei Einbrüche in Duisburg. An einem anderen Tag fünf Einbrüche in Velbert … Das Gefühl beim Lesen solcher Meldungen trügt nicht: Die Wohnungseinbrüche nehmen wieder deutlich zu, nachdem sie lange Zeit zurückgegangen sind.

Nach Corona ist vor Corona, könnte man sagen, denn in der Tat haben vor allem Homeoffice und Distanzunterricht den Einbrechern das Geschäft schwer gemacht – es waren einfach mehr Menschen daheim. Darauf weist auch das Landeskriminalamt (LKA) hin. Und nun „normalisieren“ sich eben die „Arbeitsverhältnisse“ von Opfern und Tätern im Gleichschritt.

In Zahlen: Um 30 Prozent nahmen die Wohnungseinbrüche in den ersten zehn Monaten 2022 zu, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. 18.840 Einbrüche und Einbruchsversuche zählte das LKA. Das sind über 50 Taten pro Tag. Vor Corona kamen im Gesamtjahr 2019 in NRW noch 26.857 Fälle zusammen. In anderen Bundesländern sieht es ganz ähnlich aus, das zeichnete sich schon im Sommer ab, zum Halbjahr lag der Anstieg in NRW sogar bei 36 Prozent. Man könnte hier also einen Funken Gutes in die Statistik interpretieren: Die Dynamik des unguten Trends hat sich zuletzt etwas abgeschwächt. Aber es waren ja auch die hellen Monate. Möglicherweise wird also im Winter doch noch das Vor-Corona-Niveau erreicht.

Professionelle Banden auf der Balkanroute

Doch der langfristige Trend zeigt nach unten. Die Einbruchszahlen sinken seit 2015 kontinuierlich. Damals hatte es noch 62.362 Wohnungseinbrüche gegeben, etwa das Dreifache des aktuellen Werts. Innenminister Herbert Reul (CDU) begründet dies gerne mit der Arbeit der Polizei, etwa den Schwerpunktkontrollen gegen reisende Diebesbanden.

Viele Experten zweifeln jedoch an der Effektivität dieser Maßnahme. „Wenn man die dafür aufgewendeten Mannstunden nutzen würde, um Telefone abzuhören, wäre mehr gewonnen“, sagt Oliver Huth, Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Die Ermittlungen zu hochmobilen Banden seien aufwendig. „Wir brauchen einfach mehr Ressourcen.“ Huth sieht auch stärkere Grenzkontrollen auf der Balkanroute als einen wichtigen Grund für den Rückgang – wobei nicht die Asylbewerber im Fokus stünden. „Die professionellen Banden nutzen nur die gleiche Reiseroute.“

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Aber auch die bessere Sicherheitstechnik (in Verbindung mit der Beratungsarbeit der Polizei) hat einen größeren Einfluss. Mittlerweile scheitert jeder zweite Einbruch, weil die Täter nicht schnell genug hinein kommen. „Jede vergangene Minute spielt Hausbesitzern in die Karten“, sagt Caroline Schlachzig von der Polizei Duisburg. Sie rät zu Investitionen in den Einbruchsschutz. „Dabei geht Mechanik vor Elektronik. Mit einer App verbundene Kameras können eine sinnvolle Ergänzung sein, am wichtigsten ist es aber, bei Fenstern und Türen nachzurüsten.“ Wer zur Miete lebt, sollte das Gespräch mit dem Vermieter suchen.

Förderung ist ausgelaufen

Bis zum Sommer konnte man eine Förderung für besonders gesicherte Türen, Fenster und Alarmanlagen beantragen, bis zu 1500 Euro gab die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) dazu aus Mitteln des Bundesbauministeriums. Doch der fast 39 Millionen umfassende Etat ist erschöpft nach mehr als 60.000 Auszahlungen im vergangenen Jahr und soll auch nicht mehr erneuert werden. Der Bundestag hat andere Förderschwerpunkte beschlossen: Klimaschutz zum Beispiel.

„Das ist kein Ruhmesblatt für die innere Sicherheit“, sagt Huth als gewerkschaftlicher Vertreter der Kriminalbeamten. „Jetzt muss der Bürger wieder selber für seine Sicherheit sorgen.“ Da die Förderung an einen größeren Kredit gebunden war, sind Mieter meist nur über ihre Vermieter in den Genuss gekommen – „das war immer schon eine fragile Regelung“, sagt Huth. Auch er rät Mietern „immer mit den Vermietern zu reden und Beratungstermine mit der Polizei zu vereinbaren“. Man könne mehr Einbruchsicherheit gut mit einer energetischen Sanierung verbinden. (mit pws, dpa)