Ruhrgebiet. Feuerwerk: Die einen können es kaum erwarten, wieder Böller und Raketen zu kaufen, andere fordern ein Ende der Tradition - mit deutlichen Worten.
- Feuerwerk in NRW: Zwei Jahre lange durften keine Raketen und Böller verkauft werden.
- Nun läuft der Feuerwerksverkauf in NRW wieder an: Doch es gibt auch reichlich Kritik.
- Die Umwelthilfe fordert ein Ende der Feuerwerkstradition. "Die Hexenverbrennung fand man ja auch mal gut", sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, im WDR.
Kaum ist es wieder erlaubt, sorgt das Silvesterfeuerwerk erneut für Diskussionen in NRW. Während Umweltschützer und Polizeigewerkschaft ein Verbot, zumindest aber örtliche Beschränkungen fordern, spricht die Branche von einer Geisterdiskussion.
„Die Hexenverbrennung fand man ja auch mal gut, und die war auch eine Tradition“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, im WDR zum Hinweis, dass das Böllern eine Tradition sei: Zudem: Es gebe ja bereits Städte, die mit Laser- und Drohnenshows zeigten, dass man keine Böllerei brauche, um ein stimmungsvolles Silvester hinzubekommen.
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Natürlich gibt es Umfragen. Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) weist derzeit gerne auf eine von RTL-SternTV hin. Danach freuen sich 85 Prozent aller Befragten auf ein Silvester mit Feuerwerk. „Das deckt sich mit den Eindrücken aus vielen Gesprächen, die ich geführt habe“, sagt der VPI-Vorstandsvorsitzende Thomas Schreiber, der gleichzeitig Geschäftsführer der Firma Weco ist, dem größten Hersteller von Feuerwerkskörpern in Deutschland. Ingo Schubert, Vorsitzender des Bundesverbands für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk (BVPK) spricht sogar davon, dass sich die Menschen nach der „feurigen Silvestertradition sehnen“.
Tierschützer erwarten „Horrornacht“ für Katzen und Hunde
Das schätzen Umwelt- und Tierschützer erwartungsgemäß anders ein und verweisen auf eine Umfrage der Verbraucherzentrale Brandenburg, in der sich 53 Prozent der Befragten für ein Verbot der Knallerei ausgesprochen haben. Ein Aktionsbündnis rund um die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Tierschutzorganisationen sieht nun die Zeit für ein endgültiges Böllerverbot im Privatbereich gekommen. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten warnt: „Jetzt droht unzähligen Hunden, Katzen, Rehen wieder eine Horrornacht.“
Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) spricht sich ebenfalls für ein generelles Verbot des privaten Abbrennens von Silvesterfeuerwerk aus. Dies gelte vor allem mit Blick auf das hohe Unfallrisiko – speziell unter Alkoholeinfluss – „und die inakzeptablen Böller- und Raketenangriffe auf Polizei, Feuerwehr und Rettungssanitäter“. „Feuerwerk gehört nicht in unkontrollierbare Hände“, findet der GdP-Landesvorsitzende in NRW, Michael Mertens.
Hersteller begrüßen lokale Verbotszonen
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Natürlich, sagt Mertens, würde ein Komplettverbot das Problem am einfachsten lösen. „Dann weiß jeder, wo er dran ist.“ Helfen allerdings würden bereits einzelne Feuerwerks-Verbotszonen an neuralgischen Punkten, wie auf der Kölner Domplatte oder in der Düsseldorfer Altstadt. „Der Vater, der mit seinen Kindern im Garten Raketen in die Luft schießt, ist kein Problem.“ Das müsse die Polizei nicht unterbinden. „Wir sind ja keine Spaßbremse.“
Mit der Forderung nach einzelnen Verbotszonen rennt die Polizei beim VPI angeblich offene Türen ein. „Wir machen uns seit Jahren stark dafür, besonders sensible Zonen komplett feuerwerksfrei zu halten“, bestätigt Thomas Schreiber. „Niemand muss vor Krankenhäusern, Seniorenresidenzen oder besonders brandempfindlichen Gebäuden ballern.“ Auch Bereiche mit besonders hohem Menschenaufkommen seien als feuerwerksfreie Zonen zu begrüßen. „Aber für all das braucht es keine neuen Gesetze. „Das lässt sich auch mit den geltenden Vorschriften regeln.“
Viele Baumärkte sind aus dem Verkauf ausgestiegen
Auch sonst fühlt die Pyrotechnik-Branche sich oft zu Unrecht an den Pranger gestellt. Viele Vorwürfe seien längst widerlegt, sagen Schubert und Schreiber übereinstimmend. Zumindest sind manche relativiert. War man, um mal ein Beispiel zu nennen, lange Zeit davon ausgegangen, dass das Silvesterfeuerwerk für 4500 Tonnen Feinstaubausstoß rund um Mitternacht sorgt, haben neue Berechnungen gezeigt: Es sind 2050 Tonnen und damit knapp einem Prozent der in Deutschland freigesetzten Feinstaubmenge pro Jahr. Grundsätzlich schädlich allerdings ist natürlich auch diese Menge, wie es in einer Broschüre des Umweltbundesamtes heißt.
„Der Ruf des Feuerwerks“, sagt Schubert, „ist schlechter, als es ist.“ Jedenfalls ist er so schlecht, dass einige große Unternehmen es nicht mehr verkaufen. Die Drogeriekette Rossmann etwa hat es „aus Nachhaltigkeitsgründen“ ebenso aus dem Programm genommen wie die Baumärkte von Obi oder Hornbach es gemacht haben. Aldi äußert sich auf Anfrage nicht, bei Lidl kann man online bereits vorbestellen.
Kracher noch einmal zu alten Preisen?
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Wie das Geschäft vom 29. bis 31. Dezember wird, vermag niemand zu sagen. Schubert sieht zwar nach zwei Jahren Corona-Bedarf „Nachholbedarf“, weiß aber natürlich auch um Inflation und Preissteigerungen, die die Kauflust dämpfen könnten. Immerhin: Viel teurer dürften Knallfrosch und Raketen zumindest bei den großen Anbietern eigentlich nicht werden. „Das ist“, erklärt Weco-Chef Schreiber, „ja die Ware, die wir bereits vor zwei Jahren noch zu alten Preisen an den Handel verkauft haben