Essen/Düsseldorf. Die „Letzte Generation“ hat neue Klebe-Attacken angekündigt. So wollen Museen im Ruhrgebiet sich schützen.

Besen, Mopp und Eimer sind stets griffbereit, aber auch nach „absorbierenden Barrikaden“ muss nicht gesucht werden. Denn all das und noch viel mehr ist drin in den „Just in Case Cases“, also den „Koffern für den Fall der Fälle“. Für den Fall nämlich, dass sich jemand festklebt an einem Kunstwerk. Auch im Ruhrgebiet haben Museen und Galerien mittlerweile ein Notfall-Bereitschaftskit für mehrere Hundert Euro angeschafft, um bei einem Angriff auf die ausgestellten Kunstwerke schnell reagieren zu können. Und Polizei und Flughäfen sind ebenfalls „sensibilisiert“.

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Nicht ohne Grund. Nach kurzer Unterbrechung haben die Aktivisten der „Letzten Generation“ ihre Protestaktionen nämlich zu Wochenbeginn wieder aufgenommen. In Berlin und München haben sie sich bereits auf Straßen festgeklebt und Behinderungen im Verkehr provoziert. Für den Rest der Woche wurden „weitere und verstärkte Störaktionen“ angekündigt.

Verschärfte Einlasskontrollen, mehr Aufsichtspersonal

Deshalb hat die Kunstsammlung in Düsseldorf einen Notfallplan entwickelt. „Dazu gehört auch der Notfallkoffer“, bestätigt Sprecherin Susanne Fernandes. Darin haben die Fachleute aus der Restaurierungsabteilung alles gepackt, was möglichst zeitnah helfen kann, falls ein Klimaaktivist an einem Bild klebt. „Wenn etwas passiert, müssen wir schnell reagieren können“, erklärt Chefrestauratorin Nina Quabeck. „Es heißt ja nicht von ungefähr Sekundenkleber.“ Je länger der Klebstoff Zeit habe, zu trocknen, desto besser halte er.

Olivenöl und Vaseline gehören zu einem „Notfall Kit
Olivenöl und Vaseline gehören zu einem „Notfall Kit", das viele Museen angeschafft haben. © dpa | David Young

Auch in anderen Museen ist man vorbereitet. Ob die Ludwiggalerie in Oberhausen, das Folkwang-Museum in Essen oder Kultureinrichtungen in Dortmund, überall gibt es „Notfallpläne“. Bei der Kunstsammlung spricht man von „einer stärkeren Kontrolle beim Einlass, Taschen, die an der Garderobe abgegeben werden müssen, mehr Aufsichtspersonal und einer erhöhten Präsenz der Restaurierungsabteilung“. Natürlich ginge theoretisch noch mehr. Aber, sagt Fernandes, „wir können und wollen ja aus den Ausstellungsräumen keinen Hochsicherheitstrakt machen.“

Auch der Landtag kontrolliert verstärkt

In Essen hält man sich weitgehend bedeckt. „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aufgrund der derzeitigen Situation öffentlich weder zu den bereits getroffenen Sicherheitsvorkehrungen und Einsatzplänen noch zu den als besonders gefährdet eingestuften Kunstwerken aus unserer Sammlung äußern“, sagt Pressesprecherin Anna Rutten. Mit einigen Gruppen wie beispielsweise „Fridays for Future“, ergänzt Museumsdirektor Peter Gorschlüter dann aber doch, sei das Museum in Kontakt, um solche Vorfälle zu verhindern. Teilweise habe es Zusagen von Aktivisten gegeben, dass Kunst im Folkwang kein Ziel von Attacken werde.

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Klar ist aber, dass überall das Motto gilt: Vorbeugen ist besser als Kleber lösen. Aus diesem Grund sind auch im NRW-Landtag, der eine eigene Kunstsammlung mit Werken von Otto Piene, Günther Uecker oder Jörg Immendorff besitzt, die Taschenkontrollen bei Besuchern verschärft worden. Gepäckstücke und Mäntel werden per Hand auf Klebstoffe und weitere auffällige Flüssigkeiten durchsucht, wie Landtagssprecher Stephan Malessa bestätigt. Küchen- oder Cutter-, Spring- und Einhandmesser habe man in der Vergangenheit dabei bereits gefunden. Klebstoff-Funde habe es aktuell aber nicht gegeben.

Sorge auch an den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen

Dennoch hat man im Landtag Erfahrung mit Klebstoffattacken. Vor gut eineinhalb Jahren hatten sich vier Klimaaktivisten der Gruppe „Extinction Rebellion“ an einer Scheibe festgepappt. Angereist war das Quartett unter dem Namen „Tanzgruppe Ruhrgebiet“.

Nicht nur in Museen, sondern auch an den Flughäfen im Land ist man „sensibilisiert“ in Sachen Klima-Kleber, seit Aktivisten vor einigen Wochen das Rollfeld des Berliner Flughafens blockierten. „Wir verfolgen die Entwicklungen sehr genau und sind im engen Austausch mit allen Sicherheitsbehörden“, sagt ein Sprecher des Düsseldorfer Flughafens. Weitere Einzelheiten verraten die deutschen Flughafenbetreiber nicht. In Polizeikreisen ist allerdings von einer „Verdichtung der Streifengänge“ rund um Start- und Landebahnen zu hören.

Mit Speiseöl gegen den Klebstoff

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Doch selbst das nützt wenig, wenn die „Letzte Generation“ ihre Klebeattacken in das Flughafengebäude verlagern. Denkbar, heißt es aus Sicherheitskreisen, seien das Blockieren von Sicherheitsschleusen oder der Gangways von den Terminals zu den Flugzeugen.

Auch auf den Straßen von München kleben sich die Aktivisten wieder fest.
Auch auf den Straßen von München kleben sich die Aktivisten wieder fest. © dpa | Matthias Balk

Bleiben noch die Proteste auf den Straßen. Bisher gab es sie im Revier noch nicht. „Aber natürlich stehen wir in Kontakt mit den Behörden in Berlin oder München“, sagt etwa Gunnar Wortmann, Sprecher der Dortmunder Polizei. Dort haben die Einsatzkräfte inzwischen Gebrauchsanweisungen erhalten, wie sie vorgehen müssen. Das Mittel der Wahl ist dabei Speiseöl, wie ein Berliner Polizeisprecher erklärt. Man habe festgestellt, dass es mit den unterschiedlichsten Klebstoffen fertig werde.

Nein, sagt Wortmann, bisher gehöre Speiseöl noch nicht zur Standardausrüstung der Streifenwagen. „Aber wenn wir es brauchen“, ist er optimistisch, „dürfte es kein Problem sehr, sehr schnell etwas zu besorgen.“