Dortmund. Zigarren, Schnurrbärte, Golduhren: Viele Tabakhändler aus der ganzen Welt sind für die Intertabac nach Dortmund gereist. Ein Besuch der Messe.

Ein süßlicher Vanilleduft strömt einem entgegen, wenn die Türen der Westfalenhalle in Dortmund aufgehen. Wohin der Blick auch schweift: Es qualmt. Fast an jedem Stand sitzen Männer gehobenen Alters in maßgeschneiderten Anzügen mit Einstecktuch und Weste. Am Arm tragen sie goldene Uhren und in der Hand halten sie dicke Zigarren. Alle paar Minuten macht es aus einer anderen Ecke „Klick“. Dann bringt die Feuerzeugflamme ihre Siegelringe kurz zum Funkeln.

Nach zwei Jahren Corona-Pause hat am Donnerstag mit der InterTabac und der InterSupply die weltweit größte Fachmesse für Tabakwaren und Raucherbedarf gestartet. Mit dabei: Mehr als 600 Aussteller aus fast 70 Ländern. Vier Tage lang präsentieren sie sämtliche Tabakwaren: Von Zigarren, Zigarillos und Zigaretten über Pfeifen, Tabak und Feinschnitt bis hin zu E-Zigaretten, Tabakerhitzer und E-Liquids. Auch Shishas und Cannabis-Produkte werden vorgestellt.

Rauchkonsum ist in der Corona-Pandemie gestiegen, aber 2022 eingebrochen

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Laut Tabakverbänden zeichnen sich in den letzten drei Jahren mehrere Trends ab. Während es 2019 noch 14,3 Milliarden Euro an Tabak-Steuereinnahmen in Deutschland gab, erreichten die beiden Folgejahre jeweils 14,7 Milliarden Euro. Mit über 80 Prozent stammte ein Großteil aus dem Verkauf von Zigaretten. Vor allem im Lockdown rauchten demnach mehr Menschen. Außerdem stieg der Verkauf von neuen Produkten wie E-Zigaretten. Zum Problem werden aktuell aber Einmal-E-Zigaretten, die oft nach 400 bis 600 Zügen im Hausmüll landen.

Seit Jahresbeginn ist die Rauchquote allerdings rückläufig. Im ersten Halbjahr 2022 ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 12,3 Prozent zurückgegangen. „Wir haben ein deutliches Defizit. Diese Entwicklung dürfte sich bis Jahresende abgeschwächt fortsetzen. Anzeichen für eine Trendumkehr gibt es keine“, sagt Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse.

Charaktere mit Wiedererkennungswert: Vom gezwirbelten Schnurrbart zum Feder-Filzhut

Das Zigarrengeschäft hält sich indes stabil und macht mit 1,5 Prozent einen kleinen Marktanteil in der EU aus. 2021 wurden europaweit 8,9 Milliarden Stück verkauft. An einem kubanischen Messestand steht ein braun gebrannter Mann mit schwarzen Locken, gezwirbeltem Schnurrbart und Goldkette. Er zieht an seiner Zigarre und pustet den weißen Rauch genüsslich aus. Preis? 120 Euro. Luxuszigarren werden in Handarbeit hergestellt, manche sogar über Jahre gelagert, um das Aroma zu kreieren, erklärt er.

Zigarrenhändler Johann Gallée ist aus Österreich angereist. Im Filzhut mit Feder und langem Rauschebart steht auch er rauchend in den Messehallen. Ob er schon mal überlegt hat aufzuhören? Er schüttelt den Kopf: „Für mich ist das Entspannungszeit und die Zigarre ein Genussmittel.“ Ähnliches antwortet Romans Justes aus Lettland. Er ist auf der Suche nach neuen klassischen Pfeifen für sein Geschäft in Riga, das er seit 20 Jahren mit seiner Frau führt. „Ich liebe den Geruch von echtem Tabak. Darauf möchte ich nicht verzichten“, sagt der 67-Jährige.

Tabakhändler: „Das Teufelszeug ist unglaublich gefährlich und tötet Menschen.“

Ein paar Schritte weiter werden abschließbare Schränke für Zigarren ausgestellt, die aussehen wie ein Safe aus dunklem Holz mit Glastür. Manche dieser sogenannten Humidore kosten mehrere Tausend Euro. Daneben stehen ausgefallene Wasserpfeifen mit einem Affenkopf als Verzierung. Es gibt auch klassische Pfeifen mit elfenbeinfarbenen Pferdeköpfen. Vor Cannabis-Ständen stehen grüne Hanfpflanzen aus Plastik. Hier gibt es „potenziell risikoreduzierte“ wie CBD-Gras mit geringem THC-Gehalt.

Einer der wenigen Messebesucher, der nicht raucht, ist ein international tätiger Händler aus Italien. Grund? „Ich hatte vor ein paar Jahren starke Herzprobleme. Da habe ich aufgehört“, sagt der Mittsechziger. Er warnt eindringlich vor den Konsequenzen des Konsums und will seinen Namen deshalb nicht in der Zeitung lesen. „Das Teufelszeug ist unglaublich gefährlich und tötet Menschen.“

Jährlich sterben in Deutschland über 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Der Anteil der Raucher ist seit den 1980er Jahren rückläufig. In Deutschland raucht fast jeder Vierte ab 18 Jahren. Ob die Politik seiner Meinung nach genug tue, um die Gesellschaft vom Suchtmittel abzuhalten? Der Italiener lacht. „Ach, die Politik… Die profitiert doch von der Tabakindustrie durch die wahnsinnig hohen Steuereinnahmen.“

Viele Raucher drehen ihre Zigaretten jetzt selbst, Händler sorgen sich

Seit diesem Jahr gibt es eine neue Tabaksteuer, die zehn Cent mehr für eine Packung mit 20 Zigaretten verlangt. Die Politik will den Preis in den kommenden Jahren sukzessiv erhöhen, um mehr Menschen vom Rauchen abzuhalten. Ob das wirkt? „Wir stellen fest, dass viele Menschen jetzt auf Feinschnitt umsteigen und sich ihre Zigaretten selbstdrehen statt eine teure Schachtel zu kaufen“, sagt Thomas Schäfer vom Handelsverband für Tabak in Nordrhein-Westfalen.

Auch die Tabakindustrie leide unter den gestiegenen Kosten, klagen die Verbände. Ihr machen unterbrochene Lieferketten, die Inflation und die Energiekrise zu schaffen. Außerdem sorgen sich Hersteller vor einer möglichen Gasknappheit. „Eventuell werden dann die Werke von Tabakproduzenten abgeschaltet“, sagt Jan Mücke vom Bundesverband der Tabakwirtschaft. „So eine Triage lehnen wir ab.“